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So nicht. Zwischen parkenden Autos sollten Kinder die Straße nicht überqueren.

© Holger Hollemann/dpa

Kinder im Straßenverkehr: Rücksichtslos gegen die Schwächsten

Kinder sind auf Berlins Straßen besonders gefährdet. Die Dekra fordert höhere Bußgelder und mehr Kontrollen – und rät dringend vom „Elterntaxi“ ab.

Die schwächsten Verkehrsteilnehmer sind nach wie vor am stärksten gefährdet: Kinder unter 15 Jahren. Im vergangenen Jahr gab es 768 Unfälle mit Kindern in Berlin, zwei davon mit Todesfolge, 161 mit schweren Verletzungen. 16 Unfälle mehr als im Jahr 2017 – dabei hatte der Senat eigentlich auf rückläufige Zahlen gehofft. 2016 waren es 691. Die Zahl der Verkehrstoten in Berlin insgesamt stieg von 36 im Jahr 2017 auf 45 im letzten Jahr.

„Wir dürfen das nicht einfach so hinnehmen“, sagt Mario Schwarz, Leiter der Dekra-Niederlassung in Berlin. Die Prüfgesellschaft stellte am Donnerstag den Verkehrssicherheitsreport 2019 vor. Schwarz meint, die Stadt unternehme bereits sehr viel, um die Situation zu verbessern. Das Sozialverhalten aller Verkehrsteilnehmer habe sich jedoch verschlechtert. Es werde immer aggressiver und hektischer auf den Straßen Berlins. Radwege, Ampeln und Verbote würden nichts bringen, wenn viele die Regeln missachteten. Deswegen fordert der Dekra-Experte härtere Strafen. „Eine Vorschrift ohne hohes Bußgeld ist quasi sinnlos.“

Allerdings, auch das betonte der Dekra-Experte: Die Einhaltung der Vorschriften müsse auch überwacht werden. Auch für die Sicherheit von Kindern könne mehr getan werden: In Frankreich etwa ist es seit 2017 auch für unter Zwölfjährige verpflichtend, auf dem Fahrrad einen Helm zu tragen – in Deutschland noch nicht. Nur 75 Prozent der Kinder in Deutschland tragen Helme, lediglich 17 Prozent der Erwachsenen. Dabei sei die Vorbildfunktion für die Kinder von entscheidender Bedeutung. Erwachsene und besonders die Eltern sollten sich immer so verhalten, dass Kinder das Verhalten adaptieren können, ohne im Verkehr in Gefahr zu geraten.

Die Hälfte aller Unfälle sind fremdverschuldet

Bei 14-Jährigen seien noch nicht alle Kompetenzen vollständig entwickelt – zum Beispiel die Wahrnehmung von Geschwindigkeit. Bei den Fünf- bis 14-Jährigen in Deutschland sind Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache. Laut dem Dekra-Bericht bewegen sich Kinder zu riskant im Verkehr, oft überschätzen sie ihre Radfahrkompetenz. Aber: Die Hälfte aller Unfälle sind fremdverschuldet.

Es müssten mehr 30-Zonen eingeführt werden, fordert Schwarz. Tests zeigten: Der Unterschied beim Aufprall mit 50 km/h und 30 km/h sei gravierend. Der Bremsweg sei erheblich kürzer.

Vor Schulen, Kindergärten und Spielplätzen sollte grundsätzlich höchstens Tempo 30 erlaubt sein. Die Polizei gibt als Hauptursachen für Verkehrsunfälle, bei denen Kinder beteiligt sind, an: Nichtbeachtung des Fahrzeugverkehrs und Fehler beim Einbiegen in den Fließverkehr. Schwarz zieht daraus die Schlussfolgerung: „Die anderen Verkehrsteilnehmer müssen mehr Rücksicht auf die Kleinen nehmen.“

Elterntaxi sollte vermieden werden

Der Experte sprach sich deutlich gegen „Elterntaxis“ aus. Laut einer Forsa-Umfrage bringen 23 Prozent der Eltern ihre Kinder regelmäßig mit dem Auto zur Schule. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Aufgebot von Autos in der unmittelbaren Schulumgebung. „Vor manchen Schulen spielen sich Szenen ab, bei denen man angesichts der Rücksichtslosigkeit nur noch den Kopf schütteln kann“, meint Schwarz. Die Gefährdung vor Schulen habe ein absolut inakzeptables Maß erreicht. „Das Elterntaxi muss, wenn es sich nicht vermeiden lässt, zumindest so organisiert werden, dass niemand im schulischen Umfeld gefährdet wird.“

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