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Lehrerin mit Kopftuch.

© Getty Images/iStockphoto/Zurijeta

Keine Anstellung wegen Kopftuchverbot: Berlin zahlte 22.170 Euro an abgelehnte Lehrerinnen

Das pauschale Verbot religiöser Symbole an Schulen hat Berlin bereits Zehntausende Euro gekostet. In Zukunft will sich der Senat an die verfassungskonforme Auslegung halten.

Das Land Berlin hat Entschädigungen in Höhe von 22.170 Euro an Frauen gezahlt, die aufgrund des Kopftuchverbots nicht als Lehrerinnen an öffentlichen Schulen beschäftigt wurden. Das geht aus einer Antwort der Bildungsverwaltung auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Elif Eralp hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Das Berliner Neutralitätsgesetz, das das Tragen religiöser Symbole im Schulunterricht verbietet, wurde 2005 verabschiedet. Seit 2016 haben neun Frauen gegen das Land Berlin geklagt, weil sie aufgrund des Gesetzes nicht in den Schuldienst aufgenommen wurden. Ein Verfahren hat der Berliner Senat verloren, in vier Fällen wurde ein Vergleich geschlossen. Eine Frau hat ihre Klage zurückgenommen, in drei Fällen hat der Senat das Verfahren gewonnen. Bereits 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht das pauschale Verbot für nicht rechtens erklärt.

Im Februar hat das Gericht abgelehnt, sich mit einer Verfassungsbeschwerde des Landes Berlin in einem Streit mit einer Muslimin zu beschäftigen und damit die frühere Rechtsprechung bestätigt. Der Senat hat in der Folge angekündigt, das Gesetz zügig anpassen zu wollen. Anfang März fand ein erstes Treffen der betreffenden Senatsverwaltungen statt.

Verbot nur bei konkreter Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität

Die Bildungsverwaltung will sich künftig an der „verfassungskonformen Auslegung des Bundesarbeitsgerichts orientieren“, heißt es in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage. „Nur in den Fällen, in denen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke und Symbole den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität konkret gefährdet, wird es künftig untersagt.“

Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierung der Linksfraktion, wertet diese Ankündigung als positives Zeichen: „Ich bin sehr froh darüber, dass die Bildungsverwaltung endlich den rechtswidrigen Zustand, keine kopftuchtragenden Frauen an öffentlichen Schulen als Lehrkräfte zu beschäftigen, beendet“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Wir haben in Berlin einen Lehrkräftemangel und brauchen kluge Köpfe.

Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierung der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

Sie fordert von der Bildungsverwaltung, alle Frauen, die wegen des Tragens eines Hijabs in der Vergangenheit abgelehnt wurden, anzuschreiben und einzuladen, sich erneut zu bewerben. „Wir haben in Berlin einen Lehrkräftemangel und brauchen kluge Köpfe“, sagte Eralp. Laut Bildungsverwaltung wird die Auswirkung auf frühere Bewerbungen, die nicht zu einer Einstellung geführt haben, „gegenwärtig geprüft.“

Inwiefern das Gesetz angepasst wird, ist derweil offen. Die bisherige Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) hatte sich für die Abschaffung eingesetzt. SPD und CDU, die eine Koalition anstreben, wollen allerdings daran festhalten. In den Sondierungsgesprächen haben sie sich darauf geeinigt, es gerichtsfest anzupassen.

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