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War einmal. Seit zwei Jahren sind die Museen Dahlem für Besucher geschlossen. Nun gibt es viele Vorschläge: Ateliers, Forschungscampus, Tanztheater. Das könnte in die Räume ziehen, in denen früher die Schmuckstücke des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst gezeigt wurden.

© Thilo Rückeis

Museen Dahlem: Jede Menge Ideen - aber die Zukunft des Standortes ist noch völlig offen

Seit 2017 sind die Museen Dahlem geschlossen. Was in die Räume kommt, ist unklar. Das Ergebnis einer Potenzialanalyse steht noch aus. Vielen dauert das zu lange.

Experimentierbühne, Forschungscampus oder Ort für Tanztheater: Für eine mögliche Zwischennutzung der geschlossenen Räume der Museen Dahlem gibt es vielfältige Ideen aus Berliner Politik, Museumslandschaft und Zivilgesellschaft. Dass sie einen Leerstand vermeiden wollen, darin waren sich alle einig, die bei der Veranstaltung am Montagabend ihre Visionen bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „IdeenWerkstatt Museen“ vorstellten.

Im Frühjahr 2020 sollen die Glanzstücke umziehen

Ein Plan für eine neue Nutzung der Gebäude muss her, weil die Glanzstücke des Ethnologischen Museums sowie des Museums für Asiatische Kunst aus Dahlem nach Mitte umziehen, wo sie im Humboldt-Forum ausgestellt werden sollen. Zwar verzögert sich die Verlegung an den neuen, prestigeträchtigen Standort wegen der Probleme beim Innenausbau, aber mit Glück soll es im Frühjahr 2020 so weit sein – und schon im Januar 2017 war hier Schluss für die Besucher. Das Museum Europäischer Kulturen (MEK) verbleibt in Dahlem und ist weiterhin geöffnet.

Seit zwei Jahren sind also weite Teile der Museen Dahlem geschlossen. Mit konkreten Plänen für eine eventuelle Zwischennutzung von etwa 2020 bis 2025 wollen Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, und Sabine Bangert (Grüne), Vorsitzende des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten des Berliner Abgeordnetenhauses, aber warten. Denn Ende März oder Anfang April soll die Potenzialanalyse für die Museumsflächen fertig sein. Das stieß bei den Besuchern der Podiumsdiskussion auf Unmut: Viele beklagten, seit der dauerhaften Schließung der Museen sei überhaupt nichts passiert.

Geheimnisvolle Abbildungen. Auch diese Stelen aus der einstigen Mittel- und Südamerika-Ausstellung werden ins Humboldt-Forum gebracht.
Geheimnisvolle Abbildungen. Auch diese Stelen aus der einstigen Mittel- und Südamerika-Ausstellung werden ins Humboldt-Forum gebracht.

© Mike Wolff

Michael Eissenhauer versuchte zu beschwichtigen: Man habe mit dem MEK weiterhin ein offenes Museum in Dahlem, zudem verblieben die Sammlungen der Museen, die Bibliothek und Forschungseinrichtungen hier. Dahlem solle zur Experimentierbühne für Ausstellungen und zum Schaufenster fürs Humboldt-Forum werden. Er betonte: „Das Herz der Sammlungen wird weiterhin in Dahlem schlagen.“

Sabine Bangert bekräftigte Eissenhauers Bitte um Geduld, bis eine Potenzialanalyse erstellt sei. Solche Aussagen wollte Thomas Heilmann (CDU), geladen als Gast bei der Veranstaltung, nicht gelten lassen: Der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf äußerte seinen Unmut darüber, dass die Analyseergebnisse bereits 2017 hätten vorliegen sollen. Statt auf diese zu warten, könne man „auch durchlaufen und merken, dass einige Flächen frei sind“.

"Es ist alles da, man muss es nur nutzen"

Noch drastischer kritisierte Peter Weibel, Vorstand des Zentrums für Kunst und Medien Karlsruhe (ZMK), das Vorgehen der vergangenen Jahre: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz habe Dahlem seiner Glanzlichter beraubt, der Standort verkomme zur Zulieferindustrie und führe ein Schattendasein neben dem Humboldt-Forum, sagte Weibel. Nun müsse man in die Zukunft denken: Mithilfe digitaler Technik sollten Menschen lernen, die Objekte besser zu verstehen. Weibel, der auch Direktor des Forschungsinstituts Digitale Kulturen der Universität für angewandte Kunst in Wien ist, forderte eine Einbeziehung der Freien Universität und auch die Beteiligung lokaler Künstler am Standort in Dahlem.

Solche Forderungen ernteten bei den rund 100 Zuhörern in der Lansstraße Beifall. Christophe Knoch von der Kulturinitiative „ Micamoca Projekt Berlin“ monierte ebenfalls, bereits freie Räume könnten ab sofort von Künstlern aus der Region vielfältig genutzt werden, zum Beispiel für Tanz-, Musik- oder Literaturveranstaltungen sowie bildende Kunst, oder als Ateliers. „Es ist alles da, man muss es nur nutzen“, sagt er. Dabei dürfe man aber nicht zu kompliziert vorgehen.

Gerügt wird die bürokratische Vorgehensweise

So stieß die eher bürokratisch und systematische Planart von Generaldirektor Eissenhauer auf wenig Zustimmung bei den anderen Podiumsgästen. Sie würden lieber etwas unkonventioneller gestalten und mahnten deshalb eine schnelle und bedarfsorientierte Konzeption an. Volker Hassemer von der Stiftung Zukunft Berlin versuchte zu schlichten: Dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am Standort bleibt, sei gut. Dass sie aber nicht über Nacht zur Expertin für Zwischennutzung werde, sei allen klar. Hassemer nahm das Land Berlin und besonders Kultursenator Klaus Lederer (Linke) in die Pflicht, es fehle an politischem Willen und an Geld. Hier bremste jedoch Sabine Bangert vom Abgeordnetenhaus: Auch Lederer müsse auf die Ergebnisse der Potenzialanalyse warten, ohne diese könne man nichts planen.

Erstmal müssen alternative Räume fürs Depot gefunden werden

Spät in der Diskussion kam Michael Eissenhauer darauf zu sprechen, dass man nicht ganz aus den Räumen ausgezogen sei, sondern 97 Prozent der Sammlung auch in Zukunft am Standort verbleiben werden. Ursprünglich habe der Stiftungsrat mit einen Auszug geplant und zehn Jahre lang nichts mehr in die Gebäude investiert. Nun müsse das ohnehin mehr als doppelt belegte Depot saniert werden, man brauche alternative Flächen für die Lagerung von Objekten. Zudem mache das Land Berlin Druck, man müsse mit dem Forschungslabor aus dem Bröhan-Museum ausziehen, die Verwaltung des Museums der Europäischen Kulturen indes müsse aus dem Geheimen Staatsarchiv raus. Bevor also über eine Zwischennutzung entschieden werde, müsse die Potenzialanalyse nun erst klären, wo und wie viel Platz für diese Mitarbeiter sei. Wer dann das tatsächlich freie Foyer nutzen wolle, müsse eigenes Geld mitbringen.

Eine Artothek wird angeregt oder Tanz- und Musikprojekte

Erst Potenzialanalyse, dann Zwischennutzung: Dies wiederholte Eissenhauer gebetsmühlenartig über den Abend hinweg. Mit dieser Aussicht wollten sich viele Menschen im Publikum nicht zufrieden geben. In Wortmeldungen und Zwischenrufen brachten sie selbst neue Nutzungskonzepte ein: Man müsse Räume für ein zukunftsgewandtes Museum schaffen, es brauche einen Ort für avantgardistische Musikprojekte, einen öffentlichen Raum für Provenienzforschung, mehr Informationen über die Forschungsgeschichte der Umgebung. Ein weiterer Vorschlag aus dem Publikum: eine sorgfältig kuratierte Artothek, in der Kunstwerke wie Bücher in einer Bibliothek für eine gewisse Zeit ausgeliehen werden können.

Thomas Heilmann forderte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf, erst einmal zu eruieren, was intern gewünscht sei – ein offener Forschungscampus, eine Zwischennutzung oder eben auch keine. Zunächst wird ohnehin nichts entschieden. Erst wenn die Potenzialanalyse vorliegt, werden Referentenkommission und Stiftungsrat über die Nutzung des Standorts diskutieren.

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