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Universelle Forderung. Der Unmut gegen die Bebauung ehemals brachliegender Flächen ist groß.

© dpa

Konflikt um East Side Gallery: Investor wird massiv bedroht

Das Forum Stadt-Spree kann den Konflikt um die Bebauung an der East Side Gallery nicht entschärfen. Dem Investor riet die Polizei sogar davon ab, die Diskussion zu besuchen. Im Vorfeld war er massiv bedroht worden.

Der Investor des umstrittenen Wohnhochhauses an der East Side Gallery, Maik Uwe Hinkel, erhält „massive Drohungen per E-Mail“. Das sagte sein Mitarbeiter Jürgen Scheunemann. Das Landeskriminalamt habe Hinkel deshalb von einer Teilnahme am Forum Stadt-Spree im Radialsystem abgeraten. Dort wurde Montagabend über sein Bauvorhaben diskutiert. Vor dem Veranstaltungsort gegenüber dem Ostbahnhof hatte die Polizei einen Mannschaftswagen postiert, um mögliche Protestaktionen zu verhindern. Die Veranstaltung verlief zwar ruhig, dennoch trat der Konflikt zwischen Kulturschaffenden und Investoren offen zutage.

Die Idee des Forums Stadt-Spree ist, dass alle wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Akteure eine gemeinsame Vision formulieren, wie sich der Stadtraum zwischen Jannowitz-, Schilling- und der künftigen Brommybrücke entwickeln soll. Hinkel hatte aus Sicherheitsgründen seinen Vertreter Jürgen Scheunemann geschickt, der erklärte, für Verhandlungen um ein Ersatzgrundstück sei es jetzt zu spät. Seine Gesellschaft werde auf jeden Fall an dem geplanten Standort bauen, weil bereits 20 von 36 Wohnungen verkauft seien: „Die Käufer haben die Lage mitgekauft. Sie suchen genau diese Mischung, die Friedrichshain-Kreuzberg bietet.“ Im Übrigen seien keine Luxuswohnungen geplant. Die Kaufpreise befänden sich im üblichen Rahmen, beginnend mit 2750 Euro für den Quadratmeter. Im Uferbereich sei ein Café mit 90 Plätzen geplant. Der Wohnturm werde „den Bezirk architektonisch bereichern.“

Schon auf der ersten Forums-Sitzung am 30. Januar wurde über die Lückenöffnung an der East Side Gallery für das Wohnhochhaus und die Brommybrücke diskutiert. Allerdings vertrat nach Aussage von Teilnehmern niemand die Ansicht, eine Öffnung müsse unbedingt verhindert werden. „Da hätte jemand aufstehen sollen und sagen: Geht ja wohl gar nicht“, sagt Marc Wohlrabe von der Club Commission. Er findet, dass an der Spree zwischen Kreuzberg und Friedrichshain „kleinteiliger und bürgernäher“ gebaut werden müsse. Ein Gebäuderiegel mit Hochhaus und Hotel passe da nicht hinein. Solche Bauvorhaben beruhten auf alten Bebauungsplänen, die dringend überarbeitet werden sollten.

Jochen Sandig vom Radialsystem, der das Forum mitinitiiert hat, wünscht sich an der Spree ein zweites Kulturforum, eines, das „Grenzen überschreitet“. In diesen Leitgedanken würde sich die derzeitige Bauplanung an der East Side Gallery nicht einfügen. „Die Mauer wird durch den Wohnturm banalisiert.“ Ähnlich hatte sich bereits Franz Schulz (Grüne), Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg geäußert.

Sandig will „die Fehler der Vergangenheit umdrehen“ und nach „wirklichen Lösungen“ suchen. Eine Entwicklung wie in Alt-Mitte oder Prenzlauer Berg, wo alternative Clubs, Ateliers und Werkstätten wegen der steigenden Mieten weichen mussten, dürfe sich an der Spree nicht wiederholen. „Ein isolierter Wohnturm weist in die falsche Richtung.“ Luxuswohnprojekte sollte man eher an der Heidestraße hinter dem Hauptbahnhof, in der künftigen Europa-City, ansiedeln. Sandig setzt auf die Ausstrahlung „positiver Beispiele“ wie das Projekt der Kater Holzig-Genossen oder die von Christian Schöningh geplante „Spreefeld“-Genossenschaft.

Schöningh baut an der Köpenicker Straße auf dem Areal des Clubs Kiki Blofeld 67 Wohnungen, plant aber in den Häusern auch Arbeitsräume und will am Ufer genügend Platz für eine Strandbar freihalten. Und: „Der Bau wird kostenbewusst angelegt.“ Vor dem Start habe er mit allen Nachbarn geredet und dabei gleich einige Interessenten für die Wohnungen gefunden. Zu den Genossen zählen vor allem „Kulturschaffende“, die sich bewusst für eine belebte Nachbarschaft entschieden haben. Schöningh hofft, mit seinem Genossenschaftsmodell die typischen Konflikte um Lärm und Belästigungen durch Partygäste ausräumen zu können.

Die Architektursoziologin Cordelia Polinna erklärte das Spreeufer zu einem „extrem wichtigen Raum für die Stadt“, votierte für „breite Uferwege“ wie an der Themse in London, mit Galerien, Cafés, Bootsverleih sowie Händlern und warnte davor, die geplante Brommybrücke wieder aufzugeben.

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