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Ein Flugzeug fliegt über ein Wohngebiet am Flughafen Tegel (Archivbild).

© dpa

Fluglärm in Berlin und Brandenburg: Immer mehr Flugzeuge sind über Potsdam und Umgebung unterwegs

In den vergangenen Wochen waren mehr Flugzeuge über Potsdam und Umgebung unterwegs. Viele flogen in sehr niedrigen Höhen. Anwohner leiden unter dem Lärm. Verantwortlich für die zunehmenden Überflüge ist auch das Wetter.

An Potsdams Himmel wird es lauter. In den vergangenen Wochen seien mehr Flugzeuge über Potsdam und Umgebung unterwegs gewesen – und zwar zum Teil in sehr niedrigen Höhen. So ist zumindest die Wahrnehmung mehrerer Potsdamer, die sich beim Tagesspiegel gemeldet haben. Sie vermuten, dass besonders die Maschinen, die am Flughafen Berlin-Tegel landen, häufiger den Weg über die Landeshauptstadt einschlagen.

Für die steigenden Überflugzahlen ist auch die Wetterlage verantwortlich

Dass mehr Flugzeuge über Potsdam unterwegs sind, bestätigt die Deutsche Flugsicherung (DFS) und gibt den lärmgeplagten Anwohnern recht. Für den Fluglärm in Potsdam sind hauptsächlich die Starts und Landungen in Tegel verantwortlich. Allein in der vergangenen Woche gab es dort nach Angaben der Flugsicherung 3491 An- und Abflüge. Bei 283 davon wurde Potsdam überflogen. Es gab 132 Anflüge in Höhen zwischen etwa 900 und 3500 Metern. Allein am Dienstag, dem 29. Juli, flogen 21 Maschinen in Höhen zwischen 900 und 1800 Metern über die Stadt, wie aus den von der DFS im Internet veröffentlichten Flugspuren hervorgeht. Im etwas näheren Schönefeld gab es in der gleichen Woche 1170 Starts und Landungen. 47 Flugzeuge flogen direkt über Potsdam. Darunter waren 32 landende Maschinen, die die Stadt in Höhen zwischen 900 und 2300 Metern überquerten.

Für die zunehmenden Überflüge ist neben dem wachsenden Luftverkehr auch die Wetterlage verantwortlich. So war es jedenfalls in der vergangenen Woche. „Potsdam ist in erster Linie von Anflügen bei Ostbetriebsrichtung auf die Berliner Flughäfen betroffen“, so Stefan Jaekel von der DFS. Flugzeuge starten oder landen vorzugsweise gegen den Wind. Der kommt in der Region zu zwei Dritteln der Zeit aus Westen. Potsdam wird dabei meist von Flugzeugen aus Tegel überflogen, die bei Westwind ein Ziel im Süden ansteuern. „Die Abflüge wiederum sind bereits sehr hoch, wenn sie Potsdam überfliegen“, so Jaekel. Landende Flugzeuge umfliegen Berlin bei solchen Wetterlagen und steuern Tegel oder Schönefeld von Osten aus an.

In der vergangenen Woche sah es jedoch anders aus: Der Wind kam überwiegend aus Osten. „Vom 19. Juli bis zum 3. August gab es vor allem Ostbetrieb“, so Jaekel. Viele Flugzeuge aus dem Süden wählten vor ihrer Landung in Tegel den Weg über Potsdam, bevor sie in den direkten Anflug übergingen. Welchen Einfluss die Windrichtung hat, zeigte sich schon am Montag dieser Woche: Bei Westwind kreuzte nur ein einziger Jet beim Landeanflug den Potsdamer Luftraum.

Betroffene sprechen von einer erheblichen Lärmbelastung durch Tiefflieger

Mitverantwortlich für die Einflüge zu den Berliner Flughäfen über Potsdam ist auch das Instrumentenlandesystem. Dabei werden die Flugzeuge weit weg von der Landebahn in einer Entfernung von etwa 18 Kilometern erfasst und fliegen dann auf einer langen Strecke fast geradeaus zum Flughafen. Die Maschinen, die nicht parallel zur Landebahn unterwegs sind, müssen einen weiten Bogen fliegen, um die Landebahn vor sich zu haben.

Auch die Stadtverwaltung weiß von den zahlreichen Flügen über Potsdam. Die Situation sei jedoch derzeit nicht anders als in den Ferienzeiten der Vorjahre. Über aktuelle und künftige Flugrouten sei man im Gespräch mit der Fluglärmkommission, teilte die Stadtverwaltung mit. Grundsätzlich fordere die Stadt, dass die Flugrouten nicht direkt über die Stadt führen und der Berliner Autobahnring als Orientierung für Anflüge genutzt wird.

Über zunehmenden Lärm klagt auch Michael Lippold von der Bürgerinitiative „Kleinmachnow gegen Flugrouten“. In Potsdam und Umgebung habe der Fluglärm zugenommen: „Sie sind lauter, weil sie tiefer fliegen“, so Lippold. Er spricht von einer erheblichen Lärmbelästigung. Im Sommer nehme man die Überflüge stärker wahr, weil man sich häufiger im Freien aufhalte, so Lippold.

Die Flughafengesellschaft formuliert es etwas anders. Der Fluglärm in Berlin-Tegel habe 2013 wieder leicht abgenommen, bleibe im langjährigen Vergleich aber auf hohem Niveau, teilte sie im Juni mit. Die wachsenden Passagierzahlen würden durch größere und leisere Flugzeuge aufgefangen. Die Zahl der Starts und Landungen steige mit 2,5 Prozent deutlich geringer als im Vorjahr. Wegen der geplatzten Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens war ihre Zahl noch 2012 um 13 Prozent gewachsen. 2013 gab es in Tegel demnach auch weniger Nachtflüge. Am Flughafen Schönefeld blieb der Schallpegel nahezu gleich.

Auch in Werder haben Bürger den Eindruck, dass die Flugbewegungen zugenommen haben. Die Linke-Fraktionschefin in der Stadtverordnetenversammlung Renate Vehlow hatte sich deshalb an die Deutsche Flugsicherung gewandt: „Sind es in der letzten Zeit mehr Flüge über Glindow und Werder geworden? Wo liegen die Gründe dafür?“, fragte sie. Der Bereich Werder (Havel) sei nahezu ausschließlich von Anflügen nach Tegel und nur zu fünf Prozent von Anflügen nach Schönefeld bei Betriebsrichtung Ost betroffen, antwortete die DFS. Die Flughöhen liegen zwischen circa 1220 bis 2440 Metern. Ob es mehr Flüge gebe, sagte die Behörde nicht.

Marco Zschieck

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