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Das Blasorchester "Hastetöne" im Garteneinsatz

© Christian Sigieth

Pfingstkonzerte in Berlin: Im Kleingarten groß rauskommen

Am Pfingstsonntag wird in vielen Laubenkolonien wieder gesungen, geschunkelt und getanzt. Kleine und große Kapellen laden zu Pfingstkonzerten in ganz Berlin. Bier, Wurst und Tanz am Vormittag - das gibt's an Pfingsten.

Für Mario Koth ist die Sache ganz einfach. „Die Leute wollen Hits, bei denen sie mitsingen können“, sagt der Gitarrist von „Back Beat Berlin“. Was die kleine Traditionsband heute am Pfingstsonntag spielen wird? Er lacht und singt vor: „Einen Stern, der deinen Namen trägt, hoch am Himmelszelt, den schenk ich dir heut Nacht...“

Pfingstsonntag ist der Tag der Berliner Schunkelkapellen. Denn Mitsummen, -singen, -tanzen wollen die Leute, die heute nicht in die Kirche gehen, sondern draußen sitzen: zum Beispiel die Laubenpieper, die sich alljährlich zu Pfingsten janz jemütliche Musike in ihre kleinen Kolonien holen. In fast jeder Gartenanlage ertönen heute Schlager, Rock'n'Roll, Rock. Seit 50 Jahren gibt es die Pfingstkonzerte. Manche sind richtig groß aufgezogen, manche begnügen sich mit einem Discjockey. Die wenigsten Kolonien bewerben ihr öffentliches Privatkonzert, sie setzen auf die hauseigenen Hobbygärtner und einige Anwohner. Dann ist die Hütte oft schon brechend voll.

Gärtnern mit Laube wird ja sowieso wieder beliebt. In Berlin gibt es 925 Anlagen mit 73 426 Parzellen. Je nach Standort liegen die Wartezeiten zwischen drei Monaten und viereinhalb Jahren. Die werden mittlerweile auch von mehr jungen Familien genutzt. Ihr Anteil unter den gut 200 000 Laubenpiepern der Stadt wächst – allerdings langsam. In der Dauerkolonie „Heimaterde“ am Buckower Damm in Neukölln liegt der Anteil der Laubenpieper über 60 Jahre bei satten 64 Prozent. Die Mieter unter 40 machen nicht mal ein Zehntel der Pächter aus. Aber sie werden mehr. Deshalb sorgen dort heute ab acht Uhr in der Früh in der Anlage die „Berliner Stadtmusikanten“ für Stimmung, etwas kindgerechter.

Angeblich sind die Pfingstsausen in Neukölln und Wedding am stimmungsvollsten. Jedenfalls munkelt man das beim Landesverband der Gartenfreunde. Klein und gemütlich geht es in der Anlage „Rosenthal Süd“ zu. Dort gibt es jedes Jahr zum kleinen Konzert eine große Gulaschkanone mit frischem Eisbein. Die ganz großen Konzerte steigen im Botanischen und Britzer Garten; dort geht es heute mit dem „Salon Orchester Berlin“ und der Combo „Hastetöne“ klassisch bläserisch zu. Die Musiker von „Hastetöne“ haben sich langsam hochgearbeitet; ihre Karriere begann auch in den Bier- und Kleingärten der Stadt. Sie können den Tusch genauso spielen wie Märsche oder Schlager.

Einen Stern, der deinen Namen trägt? Für die drei Musiker von „Back Beat Berlin“ ist das sowieso kein Problem. Ihre Playlist umfasst 600 Lieder. „Wir haben alles im Gepäck und spielen auf Abruf. Wenn einer Andrea Berg will, dann kriegt er sie“, sagt Bandmitglied Koth. Der gewünschte Hit muss sich nur auf Gitarre, Keyboard und Mundharmonika spielen lassen, was bei den Top-Tens der letzten 60 Jahre fast immer machbar ist.

Die Band gibt es seit zwei Jahrzehnten, in der heutigen Formation seit acht Jahren. Mit dabei ist auch Koths Papa Ingo, der schon vor 50 Jahren Pfingstkonzerte in der Gartenlaube spielte. Die meisten seiner Zuhörer müssten mittlerweile begraben sein.

Heute haben die drei Musiker wieder zwei Techniker dabei, wenn sie in der Kolonie „Plötzensee“ in Wedding losrocken. „Die Herrschaften müssen sich bei uns um nichts kümmern. Nur uns vorher anrufen“, sagt Koth. Das tun die Laubenpieper seit fünf Jahren, immer zu Pfingsten. Wie ungefähr 20 andere Vereine – auch sie wollen die Schlager der drei Musiker hören. Hits, die man mitsingen kann. Die Veranstalter rechnen mit 200 bis 500 Leuten in der Weddinger Kolonie – das kommt auch auf die Grillwurst an. Los geht es um 9 Uhr, mit Bier natürlich.

Das ist auch eine interessante Eigenart der Pfingstkonzerte: Sie finden fast immer vormittags statt. Wenn ein Stern am Himmelszelt steht, haben längst alle wieder ihre Ruhe.

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