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Die High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln.

© Mario Heller

Update

„Erst als die Hunde kamen, beruhigten sich die Männer“: Schlägerei unter Großfamilien in Berliner High-Deck-Siedlung

Zwei Großfamilien lieferten sich eine Straßenschlacht, die Polizei musste mit einer Hundertschaft anrücken. Das Ende: Acht Festnahmen, konfiszierte Waffen und Fahrten in eine Klinik.

| Update:

Baseball-Schläger, Polizeihunde und von Beamten bewachte Eilfahrten ins Krankenhaus: Wegen einer heftigen Schlägerei zwischen zwei Großfamilien in Berlin war in der Nacht zu Mittwoch sogar eine Hundertschaft ausgerückt. Auch die Feuerwehr war mit 50 Einsatzkräften in der High-Deck-Siedlung in Neukölln vor Ort, konnte aus Sicherheitsgründen aber zunächst kaum helfen. Zuerst berichtete die B.Z. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.

Zunächst hatten sich Männer der Großfamilie G. heftig mit Kontrahenten gestritten, berichtete ein Kenner dem Tagesspiegel. Schließlich attackierten sich beide Lager auf der Straße. Als von Anwohnern gerufene Polizisten gegen 22.30 Uhr eintrafen, wurden sie von einer größer werdenden Menschenmenge angegriffen. Über Funk riefen die Beamten nach Verstärkung. Ein Großaufgebot aus Polizisten mehrerer Wachen und einer Einsatzhundertschaft mit Hunden rückte an.

„Erst als die Hunde kamen, beruhigten sich die Männer“, berichtet ein Kenner der Vorgänge dem Tagesspiegel. „Die waren so entschlossen, ihre Kämpfe ungestört auf der Straße auszutragen, dass sie sich von den ersten Einsatzwagen mit Blaulicht nicht stören ließen.“

Die Beamten setzten auch Pfefferspray ein. Mindestens 15 Männer sollen an der Schlägerei beteiligt gewesen sein, weitere Angehörige standen daneben und feuerten die prügelnden Beteiligten an. Acht Verdächtige wurden vorläufig festgenommen, Baseball-Schläger konfisziert.

Neben einer gebrochenen Hand stellten die Ermittler zahlreiche Hämatome sowie Prellungen fest. Eine Frau wurde nach einem Tritt gegen den Kopf versorgt. Mindestens zwei Beteiligte wurden noch in der Nacht in das Neuköllner Krankenhaus gebracht, weshalb Polizisten die Klinik sicherten.

Offiziell hieß es am Mittwoch von der Polizei, bei dem Vorfall „traten zwei Brüder im Alter von 23 und 26 zwei andere Brüder im Alter von 24 und 17 Jahren, die sich ihrerseits durch Schläge und Tritte wehrten“. Zudem schlug ein 25-Jähriger mit einem Baseballschläger gegen den Kopf eines am Boden knienden 25-Jährigen, der nach vorne fiel und mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug. Obwohl die Polizei schon da war, rannte „ein 43-Jähriger auf den am Boden sitzenden 25-jährigen Verletzten zu und trat diesen mit einem Fuß ins Gesicht“.

Regelmäßig rücken Polizisten in Berliner Rettungsstellen ein, weil Patienten oder Besucher aus dem Clan-Milieu dort Pflegekräfte und Ärzte bedrohen – oder Attentate auf dort versorgte Szenegrößen zu befürchten sind.

Einige der Männer vor Ort werden von Ermittlern dem Umfeld einschlägiger Clan-Größen zugerechnet. Über die weitverzweigte Familie G. heißt es in Neukölln, deren Angehörige betrachteten sich als Mhallami, einer aus dem Süden der Türkei stammenden Volksgruppe mit arabischem Dialekt.

Die meisten der in der Nacht vor Ort festgestellten Männer sind in Berlin geboren. Der Tagesspiegel konnte keinen der Beteiligten erreichen.

Die High-Deck-Siedlung ist wegen der Silvester-Krawalle deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten. Damals kam es zu Ausschreitungen, bei denen Beamte angegriffen wurden und ein Bus abbrannte.

Bei einer Messerstecherei in der nahen Sonnenallee sind ebenfalls in der Nacht zu Mittwoch drei Menschen verletzt worden. Ob es einen Zusammenhang zur Massenschlägerei in der High-Deck-Siedlung gibt, ist unklar.

Im Clan-Milieu sind Aussagen von Verdächtigen und Zeugen selten. Im aktuellen Lagebild der Berliner Polizei heißt es: Von erheblicher Bedeutung im Kontext „krimineller arabischstämmiger Strukturen“ seien die „Beeinflussung von Zeuginnen und Zeugen sowie Geschädigten durch Einschüchterung, Bedrohung oder finanzielle Vergleiche“.

Polizeilich gesehen ist Clan-Kriminalität das Begehen von Straftaten durch Angehörige abgeschotteter Subkulturen gemeinsamer Herkunft, wobei die Täter oft verwandt sind. Auch bei „nichtigen Anlässen“ provozierten die Clans gewalttätige Eskalationen, heißt es im polizeilichen Lagebild, die patriarchalisch-hierarchischen Großfamilien zeichneten sich durch „mangelnde Integrationsbereitschaft“ aus.

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