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Die Kultur erhält die Kündigung. Der Ärger mit dem Eigentümer begann schon in den 90ern.

© Doris Spiekermann-Klaas

Update

Zwei Wochen vor der Räumung: Hoffnung für den Schokoladen

Das alternative Kulturprojekt soll am 22. Februar geräumt werden. Jetzt stellt Staatssekretär Gothe dem Verein ein Kompensationsgeschäft in Aussicht.

Die Nerven sind angespannt im Kampf um den Schokoladen. Bei allen Beteiligten, wie Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Stadtentwicklung, sagt. Der Eigentümer des Gebäudes in der Ackerstraße 169, in dem sich das Kunst-, Kultur- und Kneipenprojekt befindet, bekomme täglich „unangenehme Mails“. Nerven behalten, sagt Gothe. Das sei schwierig, sagt Grünen-Politiker Frank Bertermann, Projekte wie der Schokoladen müssten doch überleben können. Auch im Schokoladen werde man nun langsam nervös, sagt Chris Keller vom Betreiberverein, aber kämpferisch.

Der Schokoladen soll nach einem Urteil des Landgerichts Berlin am 22. Februar geräumt werden, Proteste sind angekündigt. Am Donnerstag trafen sich Vertreter von Bezirk und Senat mit Vertretern des Szeneprojekts. 13 Tage bleiben den Beteiligten noch, um zu verhindern, was ihnen in Monaten nicht geglückt ist: das Aus. Einen Monat Aufschub wünscht man sich, um weiterverhandeln zu können. Oder besser noch: Der Eigentümer akzeptiert vom Land ein Ersatzgrundstück. Der wiederum ist „positiv optimistisch“, dass der Schokoladen weiterbesteht, wie er dem Tagesspiegel sagte. Er sei auch zu Zugeständnissen bereit. Ihm gehe es weniger um eine Räumung als um eine Einigung mit dem Senat, der ihm ein gleichwertiges Grundstück in Mitte anbieten müsse. Bisher sei das nicht der Fall gewesen. Den Räumungstermin sieht er als Druckmittel, verschieben will er ihn nicht. Sonst würde sich wieder nichts tun, wie schon so viele Jahre lang.

Die Situation sei „offen“, sagt Gothe, der damals als Baustadtrat ein Kompensationsgeschäft angeregt hatte. Man bemühe sich weiterhin, sagt Holger Lippmann, Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds. 60 Immobilien habe man Friedrich angeboten, doch zwingen könne man ihn nicht. Noch vor zwei Wochen hieß es beim Liegenschaftsfonds, der Schokoladen sei kein Thema mehr. Dem Vernehmen nach will der Eigentümer nur eine Fläche auf dem Grundstück Ackerstraße/Ecke Invalidenstraße, was Friedrich abstreitet. Da habe Wowereit persönlich interveniert, sagt die frühere Abgeordnete Alice Ströver (Grüne), die Fläche sei Jette Joop angeboten worden. Als Kultursenator müsse sich Wowereit aktiv bei der Vermittlung einsetzen, fordert Ströver. Bereits im Dezember hatte Finanzsenator Nußbaum angedeutet, die Forderungen des Eigentümers seien zu hoch. Am Donnerstag sagte er im Abgeordnetenhaus, der Senat sei nach dem gerichtlich beschlossenen Räumungstitel hilflos.

Linke-Fraktionschef Klaus Lederer und Bezirksbürgermeister Hanke (CDU) forderten eine andere Liegenschaftspolitik, um derlei Räume zu retten. „Wir müssen gentrifizierungsfreie Inseln erhalten“, der Vielfalt wegen, sagt er. Die Koalition habe beschlossen, dies künftig „anders anzugehen“, sagt Gothe.

Ein paar Straßen weiter in der Kremmener Straße ist mit der Kirche von Unten ein weiteres Kulturprojekt bedroht. Die KvU war im Jahr 1987 in Ost-Berlin als oppositionelle Gruppe entstanden, in der Kremmener Straße betreibt sie seit 1992 ein Café und einen Konzertraum, es gibt dort eine Volksküche, Nachhilfe und Filmabende. Im vorigen Herbst wurde mitgeteilt, dass der Mietvertrag am Jahresende nicht verlängert werde, sagt Franziska Hoffmann. Gespräche habe der Eigentümer abgelehnt. Die KvU befürchtet ihr Ende in Mitte, gerade werde gemeinsam das weitere Vorgehen geplant. Der Bezirk müsse das Gespräch mit dem Eigentümer suchen und die KvU retten, sagt Grünen-Politiker Bertermann. Man könne nur vermitteln, sagt Bezirksbürgermeister Hanke. Der österreichische Eigentümer ist nicht unbekannt: in Prenzlauer Berg gehört ihm das Gebäude, in dem mal der Knaack Club war. Der musste allerdings klagenden Nachbarn weichen.

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