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Plötzlicher Platzregen. Das konnte einem diesen Sommer ständig passieren. Kurz mal 22 Liter pro Quadratmeter – oder 157 wie in Brandenburg.

© picture alliance / dpa

Rückblick auf Wetter und Unwetter: Hochsommer verabschiedet sich aus Berlin

Schluss mit der drückenden Schwüle: Der Hochsommer verabschiedet sich langsam aber sicher aus Berlin. Im Rückblick zeigt sich, wie ungewöhnlich das Wetter war. Das hatte vor allem mit Unwetter zu tun.

Gewitter sind Handarbeit für die Meteorologen: Während vom Niederschlag bis zur Sonnenstärke alles automatisch gemessen wird, ist „Gewitter“ laut Definition, „wenn mindestens ein Donner hörbar ist“. Jörg Riemann vom Wetterdienst Meteogroup hat für den Tagesspiegel dem Sommer nachgelauscht, der ja spätestens heute von einem Ex-Hurrikan ostwärts von dannen geblasen werden soll.

Am Wochenende war nicht viel los, nur zwischen Buch und Zepernick musste der S- Bahn- und der Regionalverkehr am Sonnabend für eine Stunde unterbrochen werden, weil ein Baum auf die Gleise gestürzt war. Das gleiche geschah am U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim, die U3 war zwischen Breitenbachplatz und Krumme Lanke unterbrochen. Und nach dem Unwetter wurde es am späten Sonnabend wieder warm. Ab Montag aber werden viel mehr als 20 Grad kaum noch drin sein, dazu gibt es Schauer und Wind.

Es wird Zeit, sagt Riemann: „Wir hatten jetzt sieben Wochen lang die gleiche Wetterlage – seit dem Siebenschläfer.“ Womit sich einmal mehr die Zuverlässigkeit der Bauernregel bestätigt hat, dass sich Ende Juni die Großwetterlage für den weiteren Sommer zurechtruckelt. „In zwei von drei Jahren stimmt die Regel“, sagt Riemann. „Das ist, verglichen mit anderen Bauernregeln, ziemlich gut.“

Dass der Sommer ungewöhnlich war, merken die Meteorologen an den vielen Unwettergutachten, die sie zurzeit für Versicherungen und Unternehmen erstellen müssen. Und sie sehen es beim Blick auf ihre Messstationen. So fielen im August in Dahlem bis einschließlich Freitag erst drei Liter Regen pro Quadratmeter. In Tegel war es sogar nur einer, aber in Marzahn kamen 22 herunter – bei einem einzigen Gewitter am Samstag vor einer Woche, das nur den östlichen Stadtrand streifte. Cottbus bekam gleich 157 Liter ab, und noch verrückter war es im Havelland: 99 Liter prasselten an einem einzigen Nachmittag auf Wusterwitz herab. 99 Liter sind fast zwei Monatsrationen in hiesigen Gefilden. Eine zehn Zentimeter dicke Wasserwand, die sich auf alles legt. Während die einen absoffen, wunderten sich die anderen über vermeintlich sinnlose Unwetterwarnungen. Und alle stöhnten, weil es nach den Gewittern nur noch schwüler wurde. Was war da los?

„Wenn eine Gewitterfront durchzieht, ist es hinterher kühler“, erklärt Riemann. „Aber in diesem Sommer war es immer die gleiche Luftmasse, in der die Gewitter entstanden wie Blasen in kochendem Wasser“, erklärt Riemann. „Man weiß vorher nie, wo es passieren wird.“ Mal könne ein See mit seiner aufsteigenden Feuchtigkeit das entscheidende Quäntchen Energie beisteuern, das die Wolken brodeln lässt, mal eine Erhebung wie der Fläming. Der ist zwar nur etwa 100 Meter höher als seine Umgebung, aber ein wenig muss die Luft an seinen Hängen eben doch aufsteigen. Dabei kühlt sie ab, so dass die enorme Feuchtigkeit zu mächtigen Wolkentürmen kondensiert. Denn kühle Luft kann weniger Wasser speichern als warme. Wie groß der Unterschied ist, zeigt folgender Vergleich: Ein Nebeltag im Herbst bei zehn Grad plus bedeutet, dass sich in jedem Kubikmeter Luft fünf Gramm Wasser befinden. Bei 20 Grad ist es doppelt so viel – und es gab zwei Tage in diesem Juli, an denen es morgens so warm und dabei neblig war. „Ganz ungewöhnlich“ sei das, sagt Riemann. Bei 30 Grad kann die Luft übrigens sogar 32 Gramm Wasser pro Kubikmeter aufnehmen. Zum Glück gibt’s das real hier nur im Gewächshaus, aber manchmal war Berlin nicht weit davon entfernt.

Und mit der Feuchtigkeit wachsen die Wolken. 17 Gewittertage gibt es in einem Berliner Durchschnittssommer, der meteorologisch die Monate Juni, Juli und August umfasst. In diesem Sommer waren es bis Freitag schon 18.

Dass sich die Stadt oft anfühlte wie ein Schwitzkasten, lag auch an den tatsächlich hohen Temperaturen: Auf einen durchschnittlichen Juni folgte der viertwärmste Juli seit mehr als 100 Jahren. Dabei ist der Spitzenwert von 34,3 Grad weit vom Allzeitrekord (37,8 Grad) aus dem Jahr 1959 entfernt. Und auch in den Nächten kühlte die feuchte Luft kaum ab, mehr als 20 Grad wurden da gemessen.

Damit ist nun Schluss. Selbst wenn sich das Wetter am Ende der Woche wieder berappelt, ist eine echte Hitzewelle kaum noch drin: Die Nächte sind längst zu lang, um lau zu sein.

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