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Berlin: Helmut Kohl tanzt aus der Reihe

Im Abgeordnetenhaus wird munter spekuliert: Warum fehlt das Bild vom Ehrenbürger noch immer?

Helmut Kohl und sein Porträt – das ist eine komplizierte Enthüllungsgeschichte. Das Gemälde des Leipziger Malers Lutz Friedel ist längst fertig, inzwischen auch bezahlt und lagert seit September 2003 gut behütet im Abgeordnetenhaus. Aber es hängt nicht dort, wo es hingehört: in der Ehrenbürgergalerie des Berliner Parlaments. Jetzt heißt es wieder, der AltKanzler lege keinen Wert mehr darauf, an der Enthüllung des Porträts teilzunehmen. „Davon weiß ich nichts“, sagt Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper. „Bei mir hat er nicht abgesagt.“

Eine freundliche Einladung an Kohl liegt jedenfalls vor. Und zwar seit „zwei, drei Monaten“, versichert Momper. Verbunden mit dem Angebot, sich den Termin für die feierliche Übergabe des Gemäldes frei auszusuchen. Eine Antwort steht aus. Zu dem Gerücht, dass auch der Maler nicht kommen wolle, bemerkt Momper trocken: „Er ist ja noch gar nicht eingeladen.“ Erst werde mit dem Ehrenbürger ein Termin ausgemacht, dann werde der Künstler hinzugebeten. Das sei die normale Reihenfolge.

Dem Kanzler der Einheit war die Ehrenbürger-Urkunde der Stadt Berlin bereits 1992 verliehen worden. Mehrere Jahre hatte er geltend gemacht, von Berufs wegen keine Zeit zu haben, um Modell zu sitzen. Aber auch als Bundeskanzler a.D. ließ er sich vier Jahre Zeit, um sich malen zu lassen. Zwischenzeitlich war das kleine Schild in der Ehrenbürgergalerie, das die Leerstelle an der Wand mit dem Hinweis entschuldigte, dass hier Kohls Konterfei aufgehängt werden soll, still und heimlich entfernt worden. Man rechnete schon nicht mehr mit ihm. Nur der frühere US-Präsident Ronald Reagan, der auch Berlins Ehrenbürger ist, hatte ähnliche Schwierigkeiten gemacht. Aber sein Bild hängt im Abgeordnetenhaus. Überlebensgroß.

Ausgerechnet 2003 kam der erlösende Anruf aus dem Büro des Alt-Kanzlers. Das gewünschte Bild sei fertig, es müsse nur noch dem Maler abgekauft werden. Lutz Friedel, der 1984 aus der DDR nach West-Berlin übergesiedelt war, hat schon alles Mögliche gemalt: Hofnarren und Landschaften, Heuhaufen, Muscheln, Spargel und Birkenstämme, dann Flugzeuge. Ein Ehrenbürger, das war was Neues. Doch wegen der „vorläufigen Haushaltswirtschaft“ – der Etat 2003 war für verfassungswidrig erklärt worden – konnte das Parlament nicht zahlen. Erst im Juli 2004 kam das Geschäft zustande. Seitdem wartet das Bild darauf, ausgepackt und offiziell enthüllt zu werden. Es soll „nachdenklich und nicht schmeichelnd“ sein, verriet der Künstler. za

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