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Charité und Justiz veröffentlichen Zahlen: Häusliche Gewalt in Berlin nimmt im Corona-Jahr zu

Mehr Gewalt in Familien und Partnerschaften: Nach dem ersten Lockdown gab es einen „massiven Anstieg“, berichtet die Charité – auch in der Schwere der Fälle.


Die häusliche Gewalt in Berlin hat in der Coronakrise zugenommen. Darauf deuten aktuelle Zahlen der Gewaltschutzambulanz der Charité und der Justiz hin. Insgesamt hätten sich 1661 Gewaltopfer an die Ambulanz gewandt, sagte die stellvertretende Leiterin Saskia Etzold am Mittwoch in Berlin. Das seien acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Ebenso nahm die Zahl der Verfahren zu häuslicher Gewalt bei den Strafverfolgungsbehörden auf 15.800 zu. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 1035 Fälle mehr. Wichtig sei das Signal an alle Opfer, sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne): „Wir haben einen Blick drauf“. Die Hilfe-Infrastruktur sei weiterhin offen und vorhanden.

Die Mehrheit der Gewaltopfer in der Charité-Ambulanz, nämlich 900, seien Frauen gewesen, sagte die Rechtsmedizinerin Etzold. Die Zahl betroffener Kinder habe um 14,4 Prozent auf 405 Fälle zugenommen. Rund 352 Männer wandten sich an die Gewaltschutzambulanz. In der Regel seien die Opfer häuslicher Gewalt zwischen 21 und 49 Jahren alt, eine Häufung gebe es aber bei den 30- bis 39-Jährigen.

Typisch für 2020 seien sehr starke wellenartige Bewegungen gewesen, berichtete Etzold. So kam es im Februar und März 2020 im Vergleich zu den jeweiligen Monaten des Vorjahrs zu einem Rückgang um 30 und 24 Prozent. Nach dem Ende des ersten Lockdowns habe es hingegen in den ersten beiden Juniwochen einen „massiven Anstieg“ um bis zu 50 Prozent gegeben.

Im November 38 Prozent weniger Fälle

Auch in den anderen Sommermonaten seien die Fallzahlen hoch gewesen, berichtete die Charité-Expertin. Erst danach habe es sich wieder normalisiert. Mit Beginn des zweiten Lockdowns im November seien die Zahlen rückläufig gewesen – fast 38 Prozent weniger Fälle. Sonst sei der November „ein fallstarker Monat“, sagte Etzold.

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Auffällig für die Rechtsmedizinerin war dabei, dass die meisten Gewaltopfer bereits Anzeige bei der Polizei erstattet hatten. Mehrfach sei es vorgekommen, dass jugendliche Gewaltopfer selbst die Polizei gerufen haben, weil sie von den Eltern geschlagen wurden. Andere hätten Fotos ihrer Verletzungen per Whatsapp an Freunde geschickt, deren Eltern dann die Polizei eingeschaltet hätten. Gewaltauslösend sei auf jeden Fall auch das Homeschooling, sagte Etzold.

Der Charité-Expertin zufolge nahm 2020 auch die Schwere der Verletzungen zu. Oft habe sich die Gewalt gegen den Hals der Opfer gerichtet. Häufig hätten die Täter Stöcke und Gürtel eingesetzt. (dpa, epd)

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