zum Hauptinhalt
Das Kriminalgericht verhandelt die Anklage gegen Mann, der sich für den Missbrauch bei einer Leihmutter ein Kind beschafft haben soll.

© Sonja Wurtscheid/dpa

38-jähriger Berliner vor Gericht: Hat er sein Kind für den Missbrauch gezeugt?

Von einer Leihmutter im Ausland ließ ein Berliner sein Baby austragen. Die Anklage geht von einem ungeheuerlichen Motiv aus. Der Mann streitet die Vorwürfe ab.

„Es war immer mein Ziel, einen Jungen haben zu können“, schrieb Dennis S. in einem Chat. „Bilder ersetzen keinen Jungen.“ Der 38-Jährige aus Berlin-Hellersdorf ließ sein Kind von einer Leihmutter in Zypern austragen. Nun droht ihm langjährige Haft. Denn die Anklage geht davon aus, dass die „Anschaffung“ eines Kindes eigens dem „Ausleben der pädophilen Neigung“ dienen sollte.

Dennis S. starrte zu Boden, als die Verteidigerin am Dienstag seine Aussage vor dem Landgericht ergänzte. Von einem großen „Kinderwunsch“ war die Rede, für dessen Erfüllung der homosexuelle Mann einen Weg gesucht habe. Da Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, sei er ins Ausland gegangen.

Nach der Geburt im August 2016 habe es eine Gerichtsverhandlung in Zypern gegeben. „Die Leihmutter verzichtete auf das Sorgerecht“, sagte die Verteidigerin. Was er zahlte und woher er das Geld hatte, blieb offen.

Das ungeheuerliche Motiv des Vaters: Kindesmissbrauch. Dennis S. filmte sexuelle Übergriffe auf Finn (Name geändert). 16 Fälle von Juni bis Oktober 2019 sind angeklagt. Bei den ersten Taten sei der Junge zwei Jahre alt.

Wie konnte Dennis S., ein Junggeselle, den Jungen nach Berlin bringen? „Trickreich“, heißt es. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes Marzahn-Hellersdorf sagte, S. habe von einer Frau berichtet. Sie habe ihn für einen anderen Partner in Russland verlassen. Er sei vor die Wahl gestellt worden – „Abtreibung oder ich nehme das Kind“. Mit gültigen Papieren reiste er im Oktober 2016 mit dem Baby nach Berlin.

[Sicherheit vor der eigenen Haustür: In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken geht es auch oft um die Polizei. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

„Bis Juli 2017 habe ich mit dem Jungen bei meinen Eltern gewohnt“, sagte der Angeklagte. Er will sich seit 2018 um einen Kitaplatz bemüht haben. Regelmäßig habe es Kontakte zum Jugendamt gegeben. „Ab Juli 2018 unterstützte mich eine sozialpädagogische Fachkraft.“ Weil er sich zum Teil überfordert gefühlt habe.

Im Jugendamt war offensichtlich nicht bekannt, dass der Alleinerziehende wegen Besitz von Kinderpornografie bereits vorbestraft war. Er wurde im September 2017 zu zehn Monate auf Bewährung verurteilt. Allerdings gab es damals keine Hauptverhandlung. Das Urteil erging per Strafbefehl.

Unauffällig lebte S. mit dem Jungen in einer Zweizimmerwohnung. Sorge zeigte im Mai 2018 ein Nachbar und wandte sich ans Jugendamt. S. würde mit dem Kind in Fäkalsprache reden und sei mit dem Kleinen kaum auf dem Spielplatz, hieß es in der Kinderschutzmeldung.

Ein Hausbesuch bei S. folgte. „Er sagte, er sei überlastet und kontaktscheu“, berichtete eine Sozialarbeiterin. Ab Juli 2018 hatte er Familienhilfe. Finn sei „aufgeweckt und zugewandt“, sprachlich aber nicht altersgerecht entwickelt gewesen. S. habe auch Elternkurse besucht.

Eine Spur auf den Philippinen führte zu S.

Das Bundeskriminalamt (BKA) deckte den Missbrauch schließlich auf. Ein Verfahren gegen einen anderen Kinderschänder und dessen Festnahme auf den Philippinen führte auf die Spur. Im Oktober 2019 stand die Polizei vor der Wohnung von S. – 168.670 kriminelle Bilder und 7282 Videos fanden die Ermittler auf diversen Speichermedien.

Es sei richtig, dass er eine Vielzahl solcher Bildern besessen habe, sagte S. vor Gericht. Es sei auch richtig, dass er seinen unbekleideten Sohn gefilmt habe. „Manchmal habe ich ihn am Glied angefasst oder dazu animiert.“ Es sei aber nicht geplant gewesen. Er habe den Jungen oft im Alltag gefilmt.

Seit der Festnahme von S. lebt Finn in einer speziellen Kinderwohngruppe. Sehr auffällig habe er sich verhalten, so eine Zeugin. „Distanzlos.“ Äußere Zeichen von Missbrauch habe man nicht festgestellt. Als er aber bei einer Untersuchung gefragt wurde, ob ihm schon mal am Penis wehgetan wurde, soll Finn genickt haben. Wer es war, habe er nicht gesagt. Ein Urteil soll noch im Juni gefällt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false