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Berlin: Harry Potter unterm Fernsehturm

Wer nicht aufs Buch warten will, trifft sich heute um Mitternacht am Bus der „Stütze“ – oder bei einer anderen Obdachlosenzeitung

Punkt eine Minute nach Mitternacht geht es heute Nacht los. Dann dürfen die Verkäufer der drei Berliner Obdachlosenmagazine endlich ihre Extraausgaben mit dem ersten Kapitel aus „Harry Potter und der Orden des Phönix“ anbieten.

Das Team der „Stütze“ hat große Erwartungen. Wer nicht in der U-Bahn auf den Verkäufer warten will, geht zum Vertriebsbus. Die Stütze stellt ihren Bus normalerweise zwischen 9 und 19 Uhr auf den Alex zwischen Kaufhof und Bahnhof. „Samstag- nacht ist der Platz zu eng“, sagt Gert Kupfer, erster Vorsitzender der Vereins „Stütze“. Er erwartet einen großen Ansturm und hat deshalb eine Sondergenehmigung für einen Standplatz unterm Fernsehturm. Als Ausnahme gilt auch, dass sich Verkäufer vorab Hefte reservierten. Einer bestellte 500 Stück. Die Verkäufer sind Subunternehmer. Sie erhalten das Heft zu 40 Cent und verkaufen es für 1,20 Euro. Der Verein beschäftigt für die Sonderausgabe keine fremden Verkäufer.

Die „kreativsten“ Verkäufer haben sich schon mit Harry-Potter-Hüten eingedeckt. Neun Jahre verkauft Manne zum Beispiel schon die Stütze. Er möchte Samstagnacht in der S-Bahn verkaufen und am Morgen danach an den Schulen. „Das wird doch lustig mit dem Hut“, sagt Manne. Andere basteln sich Plakate aus Harry-Potter-Postern.

In den Redaktionen des „Straßenfeger“ sind die Erwartungen gedämpfter. „Unsere Verkäufer werden als Menschen, nicht als Kasper auftreten“, sagt die Redakteurin Kerstin Herbst.

Samstagnacht verkauft der „Straßenfeger“ seine Sonderausgabe bis 1.30 Uhr im „Café Bankrott“ in der Prenzlauer Allee 87. Zur gleichen Zeit verkauft die „Motz“ ihre Ausgabe in der Notübernachtung Weserstraße 36 in Friedrichshain.

Wer bis zum nächsten Morgen warten kann, findet die Vertriebsbusse des „Straßenfeger“ ab neun vor dem Bahnhof Zoo in der Jebensstraße und ab zehn hinter dem Ostbahnhof in der Köppenstraße. Der Vertriebsbus der „Motz“ verkauft zwischen 7 und 19 Uhr am Nollendorfplatz vor dem Metropol.

Till Schröder

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