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Der dreijährige Taras hat ein neues Spenderherz erhalten..

© David Heerde für den Tagesspiegel

Happy End in Berlin: Dreijähriger Taras aus der Ukraine hat ein Spenderherz erhalten

Zwei Kinder haben die Ukrainer Olena und Dymtro Pushkar an eine Herzschwäche verloren. Ihr Sohn Taras hatte die gleiche Diagnose. Jetzt hat der Dreijährige in Berlin ein Spenderherz erhalten.

Olena Pushkar fürchtete sich vor dieser Nachricht. „Ich habe Angst vor dem Anruf, in dem wir erfahren, dass das Spenderherz da ist und Taras operiert wird, denn der Eingriff ist ja auch gefährlich“, sagte die Ukrainerin. Das war im April.

Der Anruf kam ein paar Wochen später. Für Olena Pushkar und ihren Mann Dmytro war er einerseits eine Erlösung, weil sie so lange gewartet hatten. „Aber wir hatten natürlich auch Angst in diesem Moment“, sagt der Vater zum Tagesspiegel. In diesem Moment war die Angst sogar besonders groß, weil jetzt der entscheidende Moment in der Realität, nicht bloß in der Fantasie gekommen war.

Aber ganz schnell überwogen unendliche Freude und das erlösende Gefühl. Denn am 30. Mai hat Taras sein Spenderherz erhalten, ein Team im Herzzentrum Berlin hat den Jungen operiert. „Und geht ihm gut“, sagt Dmytro Pushkar dem Tagesspiegel,.

Der Fall von Taras hat eine besondere Geschichte. Sie ist verbunden mit der ungewöhnlichen persönlichen Tragödie der Familie Pushkar. Der kleine Taras war im August 2022 mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Die Familie war vor dem Krieg geflohen. Die Gesamtsituation war für Vater und Mutter Pushkar emotional verwoben mit persönlichen Schicksalsschlägen: dem Tod ihrer Kinder Ostap und Nasar.

Olena und Dmytro Pushkar besuchen ihr herzkrankes Kind Taras im Herzzentrum Berlin, mit dabei ist auch Prof. Dr. Katharina Schmitt.
Olena und Dmytro Pushkar besuchen ihr herzkrankes Kind Taras im Herzzentrum Berlin, mit dabei ist auch Prof. Dr. Katharina Schmitt.

© David Heerde/David Heerde

Ostap starb am 4. April 2022 in der Ukraine, er war gerade mal ein Jahr und vier Monate alt. Diagnose: dilatative Kardiomyopathie. Dabei vernarbt das Herz und wird immer größer, während es gleichzeitig immer weniger leistungsfähig ist.

Nasar starb im Februar 2018 mit drei Jahren und elf Monaten. Diagnose: ebenfalls dilatative Kardiomyopathie. Eine Herztransplantation hätte Nasar retten können. Doch in der Ukraine gibt es so eine OP nicht.

Ärzte in Kiew fanden keinen Hinweis auf Herzproblem

Die höchst alarmierten Eltern ließen Taras nach Ostaps Tod untersuchen, sie befürchteten, dass auch er diese Herzschwäche haben könnte. Die Ärzte in Kiew beruhigten: Das Kind sei gesund.

Doch an Weihnachten 2022, die Familie lebte inzwischen in Berlin, ging es Taras so schlecht, dass er ins Herzzentrum gebracht und sofort operiert wurde. Diagnose: dilatative Kardiomyopathie. Die verzweifelten Eltern hatten nur noch einen Wunsch: Bitte nicht auch das dritte Kind verlieren.

Nach der OP wurde Taras an ein künstliches Herz angeschlossen. Dem Herzzentrum war sofort klar, dass der Dreijährige ganz sicher ein Fall für eine Herztransplantation war. Dmytro und Olena Pushkar sind in Deutschland ordnungsgemäß gemeldet und hier familienversichert. Für das Herzzentrum war der Junge deshalb ein ganz normaler Notfall, der für eine Transplantation infrage kam. Bei Eurotransplant haben Menschen aus einem Mitgliedsland der Organisation Priorität. Deutschland ist Mitglied.

Das erste Wort, das Taras nach seiner OP gesprochen habe, sagt Dmytro Pushkar dem Tagesspiegel, „war Wasser“. Auf Deutsch! „Er wollte sehr viel trinken“, sagt der Vater. „Nach der OP hat er zwei Tage lang nicht mit uns gesprochen, er fühlte sich nicht entsprechend.“ Aber er habe sich von Tag zu Tag besser erholt. Und dann begann er auch zu reden. Nach einer Woche habe er begonnen, sich zu bewegen. Er bekomme viele Medikamente.

Die Eltern gehen inzwischen mit ihm auch aus dem Krankenhausgebäude. Am Dienstag war er mit zwei Betreuern sogar gemeinsam in der Nähe des Krankenhauses essen. Der Arzt habe den Eltern gesagt, Taras könne nächste Woche nach Hause gehen, wenn alles weiterhin planmäßig verlaufe.

Taras wird wohl normales Leben führen können

Katharina Schmitt, seit kurzem Professorin für Entwicklungspädiatrie und zuvor Oberärztin auf Taras’ Station, sagt: „Er wird nach der Operation ein ganz normales Leben führen. Die Überlebenschancen sind sehr hoch. Natürlich braucht er dauernd Medikamente.“ Ziel, sagt die Kardiologin, sei es, dass er ohne Gerät nach Hause gehe. Die Eltern bleiben mindestens ein Jahr hier, im Herzzentrum achtet man auf den Heilungsverlauf.

Im Herzzentrum kennt man Taras als fröhlichen Jungen, der vor der OP sogar mit den Schwestern geschäkert hat. Aber manchmal erinnerte er sich an eine ganz bestimmte Szene aus dem Dorf, in das er mit seinen Eltern nach Kriegsausbruch zunächst geflohen war. Dann verschwand sein Lachen. „Mama“, fragte er dann, „wann sehen wir wieder, wie die Sonne untergeht?“ Für seine Eltern ist die Sonne vor allem aufgegangen.

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