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Berlin: Gut behütet

Fünf Minuten Sonne am Tag, das macht fröhlich , sagt der Berliner Dermatologieprofessor Eggert Stockfleth. Was stellt das Licht mit der Haut an? Sommerfragen rund ums Bräunen

Stimmt es, dass jedes Sonnenbad das Hautkrebsrisiko erhöht?

Im Prinzip ja. Denn letztendlich sind die UV-Strahlen der Sonne mitverantwortlich für den Hautkrebs, neben Hauttyp und Veranlagung. Je öfter man sich der Sonne ungeschützt aussetzt, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, an Hautkrebs zu erkranken. Allgemein geht man davon aus, dass schon die Anzahl der Sonnenbrände in der Kindheit eine wichtige Rolle spielen bei der Wahrscheinlichkeit, später ein malignes Melanom zu entwickeln. Die Sonne erhöht die Anzahl der Muttermale und damit das Risiko für schwarzen Hautkrebs. Babies sollten deshalb gar nicht in die direkte Sonne, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre nur mit ausreichendem Sonnenschutz und auf keinen Fall um die Mittagszeit.

Ab wann wird es gefährlich?

Das hängt vom Hauttyp ab. Um ihn zu bestimmen, gibt es zwei Kernfragen: Bekommen Sie nach dem Sonnenbad einen Sonnenbrand? Werden Sie braun? Die Klassifikation reicht von 1 (immer Sonnenbrand, nie Bräunung) bis 6 (nie Sonnenbrand, immer gebräunt). Die Typen 1 und 2 sind besonders empfindlich gegen UV-Strahlung. 3 und 4 – natürlich besonders 5 und 6 – können auch längere Zeit, 30 bis 60, sogar 90 Minuten, ungeschützt in der Sonne verbringen.

Es ist immer wieder von UVA- und UVB-Strahlung die Rede – was ist das eigentlich? Und welche ist gefährlicher?

Beide ultravioletten Strahlen unterscheiden sich durch ihre Wellenlänge, die in Nanometern gemessen wird. Während die UVA-Wellenlänge bei 320 bis 400 Nanometer liegt, beträgt die der UVB-Strahlen nur 290 bis 320 Nanometer. UVA hat die längeren Wellen und dringt tiefer in die Haut, sprich Dermis ein und führt hier vor allem zur Alterung der Haut, kann aber auch Hautkrebs auslösen. Die UVB-Strahlen bewirken, dass sich die Haut rötet – ein Alarmsignal der Hautzellen. Ein paar Stunden nach dem Sonnenbad zeigt sich das dann als Sonnenbrand. Das Risiko einer Hautrötung ist bei der UVB-Strahlung 1000-fach höher als bei der UVA-Strahlung. Die UVB-Strahlung ist daher gefährlicher. Wer genau über die aktuelle Strahlenbelastung Bescheid wissen will, fragt beim Bundesamt für Strahlenschutz nach (0130-820708, www.bfs.de) oder beim Deutschen Wetterdienst (0190-115430)

Was geschieht genau, wenn Sonne auf die Haut trifft?

Die Haut besteht im Wesentlichen aus der verhornten äußeren Epidermis und der darunter liegenden Dermis. In der Dermis lagern Matrixproteine wie Kollagen und Elastin; das sind Proteine, die für Hautfestigkeit und Elastizität verantwortlich sind. Sowohl die Epidermis als auch die Dermis enthalten so genannte Chromophore, Farbträger. Sie müssen die Sonnenenergie verarbeiten. Die äußere Hautschicht saugt die UVB-Strahlen wie ein Schwamm auf. In die Dermis können deshalb nicht einmal zehn Prozent der UVB- Strahlen vordringen. Die UVA-Strahlen schaffen es dagegen bis in die Dermis – und rufen dort eine Reihe von Veränderungen bei den Struktur- und Matrixproteinen hervor. UVB-Strahlen reichen vor allem bis in jene Zone, wo die Zellen anfangen, sich zu teilen. Hier setzen die Strahlen Gen-Mutationen in Gang und führen dadurch zu Tumorwachstum. Je mehr Mutationen im Leben gesammelt werden, umso größer ist das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Bevor es allerdings so weit ist, greift ein komplizierter Reparaturmechanismus ein. Bei Menschen, deren Reparatursystem defekt ist, liegt das Hautkrebsrisiko viel höher.

Wieso färbt sich die Haut braun? Und wieso fallen Brauntöne so unterschiedlich aus?

Hauptverantwortlich für die Bräunung der Haut ist die UVB-Strahlung. Wie stark die Haut bräunt und wie schnell man sich einen Sonnenbrand holt, hängt mit dem Melaningehalt zusammen, dem Pigmentstoff in der obersten Zellschicht, der dafür verantwortlich ist, Strahlung zu absorbieren. Er wird während der Sonneneinstrahlung von den Pigmentzellen entwickelt, die damit die darüber liegende Zellschicht dunkel einfärben. Je höher der Melaningehalt, desto größer der Schutz vor UV-Strahlung. Melanin wirkt wie ein UV-Filter. Weil der Melaningehalt unterschiedlich ausfallen kann in Konzentration und Zusammensetzung, fallen auch die Brauntöne so variabel aus.

Welche sonnenbedingten Krankheiten gibt es? Wie entsteht zum Beispiel Sonnenallergie oder Mallorca-Akne?

Faltenbildung, mangelnde Elastizität, helle Pigmentflecken und insgesamt ein raues, unregelmäßiges ledriges Aussehen – das sind Zeichen von Photoaging, von Lichtalterung durch zu viel Sonne. Was sonnenbedingte Erkrankungen angeht, so unterscheidet man zwischen bösartigen und nicht bösartigen Hautveränderungen sowie Photodermatosen, also Lichterkrankungen. Zu letzteren gehört die polymorphe Lichtdermatose, auch unter Sonnenallergie bekannt. Meistens tritt sie in den ersten warmen Frühlingstagen auf. Die Haut juckt, es entstehen kleine rote Hautquaddeln. Diese Hautreaktion verschwindet im Lauf des Sommers meistens von alleine. Bei der so genannten Mallorca Akne (Akne aestivalis) bilden sich an Hals, Dekolleté und Schultern juckende Knötchen und Pusteln, die im Normalfall von alleine verschwinden, sobald man die Sonne meidet. Generell leiden besonders Menschen mit fettiger Haut unter Mallorca-Akne. Auch wenn sehr fetthaltige Creme verwendet wird, kann es zu Mallorca-Akne kommen.

Wie viele Menschen haben Hautkrebs? Welche Arten gibt es? Wie erkennt man sie?

Laut Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention erkranken in Deutschland pro Jahr rund 100 000 Menschen an Hautkrebs, 3000 sterben daran. Hautkrebs wird in Zukunft zunehmen. Es gibt drei Hautkrebsarten: Das Basalzellkarzinom, das Stachelzellkarzinom (als deren Frühform die so genannte Lichtschwiele gilt) und das maligne Melanom, den gefürchteten schwarzen Hautkrebs. Basalzell- und Stachelzell-Karzinome treten meistens an Körperstellen auf, die sehr stark der Sonne ausgesetzt sind: im Gesicht, am Hals und auf dem Handrücken. In Deutschland sind etwa 350 000 Menschen von diesen beiden Krebsarten betroffen. Zu Beginn der Erkrankung sieht das Basalzellkarzinom wie ein kleines, hartes und erhabenes Knötchen mit glänzender Oberfläche aus, ähnlich wie ein Pickel. Später beginnt es zu bluten, die Oberfläche verkrustet sich. Jedes Basalzellkarzinom ist heilbar, wenn es rechtzeitig erkannt wird. Ähnliches gilt für das Stachelzellkarzinom, das in seinem Anfangsstadium rot und schuppig aussieht und Lichtschwiele genannt wird. Das maligne Melanom, der schwarze Hautkrebs, ist am gefürchtetsten, denn es kann Metastasen in anderen Organen bilden. Hierzulande registrieren wir jährlich 7000 Neuerkrankungen.

Schützt Sonnencreme vor UV-Strahlen? Wie oft sollte man sie auftragen? Und wie hoch muss der Lichtschutzfaktor sein?

Wenn Sonnencreme richtig angewendet wird, kann sie schützen. Das bedeutet: eine halbe Stunde vor dem Sonnenbaden eincremen, nach dem Schwimmen nachcremen. Für nicht vorgebräunte Haut muss der UV-Schutzfaktor möglichst hoch (zwischen 16 und 25) sein. Auch für Erwachsene gilt: Mittags raus aus der Sonne. Und: einen Hut tragen, das behütet. Und: Vitamin A hilft vorbeugen.

Und welche Strahlen wirken in Solarien? Wie schädlich sind sie?

In Solarien wirkt hauptsächlich UVA-Licht, zu einem geringen Prozent das bräunende UVB-Licht. Damit die Sofort-Bräunung hervorgerufen werden kann, ist die Strahlen-Dosis deutlich höher als die der Sonne. Manchmal sogar bis zu zehn Mal höher. Das Gesundheitsrisiko ist dementsprechend größer. Die UVA-Überdosis verstärkt die Hautalterung und kann sogar zu Hautkrebs führen. Deshalb ist von regelmäßigen Solariumsbesuchen abzuraten.

Und wie viel Sonne braucht der Mensch?

Wenn die Haut mit UVB bestrahlt wird, entsteht Vitamin D. Dieses Vitamin hilft dem Körper dabei, Phosphor und Kalzium zu verwerten und sorgt für den Aufbau und den Erhalt der Knochen. Außerdem werden beim Sonnenbaden die Wohlfühlhormone Serotonin und Melatonin ausgeschüttet. Die empfohlene tägliche Sonnendosis liegt bei fünf Minuten direkter und 15 Minuten indirekter Sonnenbestrahlung – idealerweise aufs Gesicht, da die Impulse zur Aufnahme und zur späteren Hormonausschüttung über Augen und Hirndrüse laufen.

Christiane Bertelsmann

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