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Das Machmit-Kindermuseum ist 2003 in die entwidmete Eliaskirche in Prenzlauer Berg gezogen.

© Katalin Poege

Grundschüler interviewen Zeitzeugen: Berliner Machmit-Museum zeigt „Mutgeschichten“ aus der DDR

„Darüber reden wir, wenn du älter bist“: So weichen Erwachsene oft schwierigen Fragen von Kindern aus. Eine Ausstellung ermutigt sie dazu, selbst nachzuforschen.

Hinter den roten Backsteinmauern der Eliaskirche in Prenzlauer Berg herrscht reges Treiben. Gebetet wird hier schon lange nicht mehr, dafür wird gespielt und gelernt. Seit das Machmit-Kindermuseum 2003 in die entwidmete Kirche gezogen ist, hat sich einiges verändert. Im Oberrang, wo früher einmal die Orgel stand, sitzen jetzt 30 Kinder samt Eltern. In die laute Kulisse ruft ein Junge aus dem Publikum aufgeregt hinein: „Gleich geht es los!“ 

Dann tritt Uta Rinklebe vor die Menge. Die 55-jährige Museumsleiterin eröffnet die Sonderausstellung „Parole Funken schlagen“, an der ein fünfköpfiges Team mit zwölf Grundschülern der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule über zwei Jahre gearbeitet haben. Bis zum 31. Mai zeigt sie „Mutgeschichten“ aus der DDR – Interviews, die die Kinder mit Zeitzeugen geführt haben.

Lerneffekte für groß und klein

Am Anfang stand für Rinklebe, die die Ausstellung mit ihrer Kollegin Maren Klingbeil kuratiert hat, die Frage: Wie bringt man Kindern ein Land nahe, das es nicht mehr gibt? Nach ersten Gesprächen mit Eltern und Großeltern besuchte die Gruppe auf Wunsch der Kinder die Berliner Mauer. Dort begannen die Grundschüler eigenständig Fluchtsituationen nachzuspielen, Grenzsoldaten inklusive. Für Rinklebe zunächst ein Albtraum, doch die begleitende Lehrerin erwiderte: „Lass die Kinder spielen. Die brauchen das, um zu verarbeiten, was sie gelernt haben.“

Lass die Kinder spielen. Die brauchen das, um zu verarbeiten, was sie gelernt haben.

Uta Eckerlin, Lehrerin an der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule

Im Anschluss setzte sich die Gruppe mit Mut auseinander. Was bedeutet es, mutig zu sein? Darüber sprachen sie schließlich mit den Zeitzeugen, die den Mut hatten, sich dem totalitären System zu widersetzen. Mut, der Funken schlug und im Fall der Mauer endete. Die entstandenen Videos sind jetzt Ausstellungsstücke, die im Museum auf geöffneten Türen neben den Biografien der Zeitzeugen zu sehen sind. 

Ungewisse Zukunft

So glücklich Rinklebe über die Ausstellung ist, so sehr sorgt sie sich um die Zukunft ihres Hauses. Das Museum habe keine gesicherte Finanzierung, die Gelder von Senat und Bezirksamt reichen gerade einmal für das Nötigste. Erst die Förderung durch das Programm „Jugend erinnert“ habe die Ausstellung ermöglicht. „Ich weiß nicht, wie es nächstes Jahr weitergeht. Ohne die Corona-Hilfen wären wir jetzt schon pleite“, sagt Rinklebe. 

Wie es um das Museum bestellt ist, wissen auch die Gäste. Eltern merken vielsagend an, dass sie auf ein langes Fortbestehen des Museums hoffen. Und Zeitzeuge Stefan sagt zu den Kindern: „Ich finde, ihr solltet weiter Fragen stellen, Quatsch machen und mitbestimmen.“ An Orten wie dem Machmit-Museum ist das möglich – noch.

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