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Pferdestärken vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

© Hannibal/dpa

Niederlage für das Bezirksamt Mitte: Gericht erlaubt Pferdekutschen am Pariser Platz

Das Bezirksamt Mitte wollte keine Pferdekutschen mehr am Brandenburger Tor. Ein Unternehmer klagte, das Verwaltungsgericht gab ihm recht. Was bedeutet der Fall politisch?

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Pferdekutschen dürfen doch über den Pariser Platz am Brandenburger Tor fahren. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilbeschluss entschieden. Das Bezirksamt Mitte darf den Platz für Gespannfuhrwerke vorerst nicht weiter sperren. Kutschenfahrer Klaus Winkelmann kündigte an: „Ich werde weiter dagegen vorgehen.“

Auch politisch ist der Fall bemerkenswert: Denn das Gericht zeigte auf, dass zwischen politischen Absichtserklärungen bis hoch in die rot-rot- grüne Koalition gegen Pferdekutschen in Berlin und rechtlich sauberem Behördenhandeln Welten liegen können.

Der grün-rot geführte Bezirk Mitte hatte im Dezember 2017 verfügt, dass Kutschen nicht mehr über den Pariser Platz fahren und dort Kunden – meist Touristen – einsteigen lassen dürfen. Zugleich wurden Schilder für das Aufenthalts-und Fahrverbot aufgestellt. Das Bezirksamt hatte die Sperrung mit den Gefahren für Fußgänger durch die Kutschen begründet. Es erlaubte die Überfahrt nur noch Radfahrern, Taxen und Anliegern.

Das Gericht hat "ernstliche Zweifel" und findet die Bezirkserklärung "nichtssagend"

Damit wollte sich Winkelmann, der als Inhaber eines Pferdefuhrunternehmens seit zwölf Jahren sein Geld verdient, nicht abfinden. Ihm gab das Gericht nun recht. Es entschied, dass der Widerspruch, den der Unternehmer beim Bezirksamt gegen das Verbot einlegte, aufschiebende Wirkung hat. Wenn das Bezirksamt den Widerspruch zurückweist, wird Winkelmann weiterklagen. Und aus Sicht des Verwaltungsgerichts, das auch in Eilverfahren die Rechtslage durchprüfen muss, hat er Erfolgschancen.

Das Gericht befand, dass an der Rechtmäßigkeit der „verkehrsrechtlichen Anordnung“ des Bezirksamtes „ernstliche Zweifel“ bestehen. Straßenverkehrsbehörden dürften zwar den Verkehr beschränken, wenn wegen besonderer örtlicher Verhältnisse eine erheblich gesteigerte Gefahr bestehe. Das sei aber am Pariser Platz nicht der Fall.

Die Erklärung des Bezirksamts, wonach die Sperrung für Kutschen die Sicherheit der Fußgänger erhöhe, sei „als solche nichtssagend“, erklärte das Gericht weiter. Die Unfallstatistik lasse keine besondere Gefahr erkennen. Von Dezember 2012 bis Ende November 2017 seien 14 Unfälle registriert worden, davon nur zwei mit Pferdekutschen.

Das Bezirksamt prüft mit dem Senat das Urteil

Das Bezirksamt kann gegen die Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegen. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) sagte dem Tagesspigel, er bedauere die Entscheidung des Gerichts, werde sie aber umsetzen. „Wir prüfen jetzt gemeinsam mit dem Senat, ob wir eine Verkehrsuntersuchung durchführen oder ob wir akzeptieren müssen, dass eine unmittelbare Gefährdung der Fußgänger so schwer nachweisbar ist, dass ein Verbot nicht trägt“, erklärte er.

Im Bezirk und auf Landesebene war die Linie bislang klar: SPD, Linke und Grüne haben 2016 im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Pferdekutschen nicht mehr in Mitte unterwegs sein sollen. Auch Bezirksbürgermeister von Dassel argumentierte mit dem Tierwohl. Der Pariser Platz sei für Pferde nicht geeignet – kein Schatten, keine Möglichkeiten zum Trinken, odendrein die Pferdeäpfel.

Auch Justizsenator Behrendt sprach sich für ein Kutschenverbot aus

Zudem haben 2017 mehr als 100 000 Bürger eine Petition unterzeichnet, die aus Tierschutzgründen die Pferde-Taxis verbieten will. Justizsenator Dirk Behrendt musste bei der Übergabe der Unterschriften im Juli nicht überzeugt werden. Auch er sei für ein Verbot der Kutschfahrten in der Stadt, sagte er.

Winkelmann findet das alles absurd. „Die Tierschützer sollten sich mal mein Gespann anschauen. Ich gebe ein Vermögen für die Pferde aus.“ Erst 2008 habe er sich erstritten, dass auf den Schildern für ein allgemeines Durchfahrtsverbot am Pariser Platz ein Zusatz angebracht werden musste: „Außer Gespannfahrzeuge.“ Damals ging es ihm darum, dass Kutschen dasselbe Recht wie etwa die Touristen-Rikschas bekommen.

Bislang scheint auch das Bezirksamt das gerade erst erlassene Fahr- und Aufenthaltsverbot für Kutschen am Pariser Platz nicht ganz ernst genommen zu haben. Am sonnigen Ostermontag störte es sich offenbar nicht daran, dass auf dem Platz die Droschkenfahrer auf Kundschaft warteten.

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