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Signa-Geschäftsführer Timo Herzberg will mit einer Replik des Karstadt-Warenhauses die 1920er-Jahre neu aufleben lassen.

© promo

Geplante Karstadt-Rekonstruktion im Stil der 20er: "Wir haben von Anfang an auf Dialog gesetzt"

Signa-Geschäftsführer Timo Herzberg wehrt sich gegen Kritik an seinem geplanten Kaufhaus am Hermannplatz. Kreuzberg lehnt die Pläne ab.

Der Baustadtrat von Kreuzberg, Florian Schmidt, lehnt ihre Rekonstruktionspläne für den Hermannplatz ab. Das Gebäude würde im Stadtgefüge „wie ein Fremdkörper“ wirken, sagt er. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Nein. Im nächsten Monat feiert Karstadt das 90-jährige Jubiläum des Standortes Hermannplatz. Das historische Karstadt-Gebäude bot einst den Bezirken Neukölln und Kreuzberg einen lebendigen Mittelpunkt, an dem gearbeitet, gelebt, gefeiert und eingekauft wurde. Es bot ein Stück Identifikation. Daran wollen wir anknüpfen. Wir haben immer gesagt: Wir wollen die derzeitige Vielfältigkeit und das Karstadt-Warenhaus erhalten sowie durch neue Angebote ergänzen. Wir denken dabei an eine öffentlich zugängliche Dachterrasse, soziale und kulturelle Einrichtungen wie eine Kita, ein Ärztehaus, Konzert- und Probenräume für die freie Kulturszene. Authentisch wird es, wenn wir gemeinsam etwas daraus machen.

Es heißt, dass es zuvor mehrere Gespräche mit der Verwaltung gab. Hat Sie die Reaktion überrascht?

Es gab seit Jahresbeginn konstruktive Gespräche mit Baustadtrat Florian Schmidt, der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, Präsentationen sowohl in Kreuzberg als auch in Neukölln, Abstimmungen mit zahlreichen Vertretern aus den Bezirken und des Senats. Wir haben in diesen Gesprächen vereinbart, mit dem frühzeitigen Bürgerbeteiligungsverfahren so früh wie möglich zu beginnen. Wir haben von Anfang an auf Dialog gesetzt. Umso überraschender ist es nun, dass der Baustadtrat die Neugestaltung rundum ablehnt, denn damit blockiert er auch eine Bürgerbeteiligung, wie sie der Senat mit den Berliner Leitlinien für Bürgerbeteiligung beschlossen hat. Wir wünschen uns, dass die Zukunft des Hermannplatzes zum Pilotprojekt dieser neuen Leitlinien wird.

Schmidt moniert, ihr Projekt habe den Charakter eines Shopping-Centers. Stimmt das?

Es wird keine "Shopping-Mall" entstehen, das war nie geplant und wurde von uns sehr deutlich in der Ausschusssitzung am 15. Mai erläutert. Die Einzelhandelsfläche bleibt gleich. Im neuen Gebäude wird die Nahversorgung mit Karstadt und dazugehörigen Dienstleistungen weiterhin ein zentraler Bestandteil bleiben. Zudem sollen Flächen für Büros, Wohnungen, Hotel, Sport und gemeinwohlorientierte Nutzungen wie einer Kita entstehen. Mit einer Markthalle, der öffentlichen Dachterrasse und Räumlichkeiten für Kultur soll das Gebäude zu einem Ort für alle werden.

Sie haben angeboten, die Anwohner mit einem Beteiligungsverfahren an dem Projekt partizipieren zu lassen. Wie soll das Verfahren aussehen?

Wir stehen ja erst am Anfang eines Verfahrens, dass jetzt mit den Bürgern und der Politik beginnt. Wir finden, dass die Nachbarschaft am Hermannplatz es verdient hat mitzureden. Das Beteiligungsverfahren jetzt abzulehnen, verhindert genau das. In diesem frühen Stadium sollte es darum gehen, genau hinzuhören, was die Menschen vor Ort brauchen, was sie erwarten und auch welche Kritik sie haben. Daraus soll ein intensiver Arbeitsprozess im Sinne der Berliner Leitlinien für Bürgerbeteiligung entstehen, wo Anwohner, Gewerbetreibende und Zivilgesellschaft Einfluss auf die weiteren Planungen des Projekts nehmen können. Die Zukunft des Hermannplatzes und des Karstadt-Gebäudes zu gestalten, ist eine Gemeinschaftsaufgabe, das meinen wir ernst.

Gerade Neukölln zählt zu den Bezirken, in denen die Mieten zuletzt stark gestiegen sind. Können Sie die Befürchtung von Anwohnern nachvollziehen, dass mit einer Aufwertung auch die Situation am Wohnungsmarkt verschärft wird?

Wir kennen die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt und die schwierige Situation für Kleingewerbetreibende. Darauf wollen wir reagieren. Durch den Neubau werden zusätzliche Flächen für bezahlbare Wohnungen und kleinteiliges Gewerbe geschaffen. Durch die Realisierung von gemeinwohlorientierten Nutzungen wie einer Kita und einem multikulturellen Ärztehaus wollen wir dem Bedürfnis nach bezahlbarer sozialer Infrastruktur entsprechen. Unser Ziel ist es, einen Ort zu schaffen, der in erster Linie die Interessen und Bedarfe der Anwohner berücksichtigt.

Anders als ihr Parteifreund Schmidt unterstützt die Wirtschaftssenatorin ihr Projekt. Sind Sie mit ihr schon im Gespräch?

Die Unterstützung durch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop freut uns, generell erhalten wir viel Zuspruch unter anderem von der IHK, ortsansässigen Unternehmern und Bürgern für unser Projekt. Denn es setzt wichtige Impulse für das lokale Gewerbe, den Handel und die Zukunft von Karstadt. Das Projekt ist wertvoll für den Standort und ist gleichzeitig von gesamtstädtischer Bedeutung. Im Vermerk steht, dass eine Entwicklung und Modernisierung des bestehenden Karstadt-Komplexes im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Herrmannplatzes durchaus begrüßenswert sei. Dabei seien die öffentlichen Interessen zu berücksichtigen und es sollten auch Konzepte mit einer Einbeziehung umliegender Akteure geprüft werden. Daher werden wir weiter Überzeugungsarbeit in den verschiedenen Bezirksgremien und beim Senat von Berlin für den Start eines frühzeitigen Beteiligungsverfahrens leisten. Die Neugestaltung des Hermannplatzes geht in seiner Bedeutung weit über den Bezirk hinaus.

Timo Herzberg ist Mitgeschäftsführer der Signa-Gruppe und verantwortet alle Immobilienaktivitäten des österreichischen Konzerns in Deutschland.

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