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Grenzen des Wachstums. Pendler zwischen Berlin und Brandenburg müssen besonders im Feierabendverkehr viel Geduld aufbringen.

© Michael Kappeler/dpa

Gemeinsame Kabinettsitzung in Berlin-Mitte: Berlin und Brandenburg: Zwei Länder, viele Probleme

Berlins Senat und Brandenburgs Regierung haben viel zu diskutieren auf ihrer Kabinettssitzung Ende Januar. Nur ein Thema wurde von der Tagesordnung abgesetzt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein passender Ort, den sich der Berliner Senat und die brandenburgische Landesregierung ausgesucht haben. In der „Fabrik 23“ in Wedding trifft man sich am 29. Januar zur gemeinsamen Kabinettssitzung – in einem der schicken Lofts, deren cooles Styling im scharfen, aber gewollten Kontrast zum äußeren Verfalls einer ehemaligen Holzfabrik steht.

Mal sehen, ob dort der Regierende Bürgermeister Michael Müller und der Ministerpräsident Dietmar Woidke, die zumindest das SPD-Parteibuch eint, im Beisein ihrer Regierungsgesellen dicke Bretter bohren können. In jedem Fall steht das Treffen in einer langen, ehrwürdigen Tradition. Begründet im April 1991, als beide Landesregierungen, damals angeführt von Berlins Regierungschef Eberhard Diepgen (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), in Potsdam zusammenkamen, um sich auf eine gute Nachbarschaft und enge Zusammenarbeit einzuschwören. Auch wenn fünf Jahre später die Fusion beider Länder in einer Volksabstimmung scheitern sollte.

Alles keine fremden Themen

Damals ging es um eine soziale Mietenpolitik, den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und die Inbetriebnahme der S-Bahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam. Vorbereitet wurde die gemeinsame Stiftung Schlösser und Gärten, eine länderübergreifende Filmförderung und die Gründung einer Rundfunkanstalt, in die man Mecklenburg-Vorpommern gern mit einbezogen hätte.

Alles Themen, die uns fast 28 Jahre später nicht fremd sind.

Und jetzt? Der Alltag will nicht einkehren in die explosiv wachsende Hauptstadt samt Speckgürtel – und die Städte und Dörfer drumherum wollen nicht abgehängt werden. Unterschiedlichste Interessen und Bedürfnisse stoßen aufeinander, das beweist auch der neue Landesentwicklungsplan (LEP) Hauptstadtregion, um den seit Sommer 2016 heftig gerungen wird – und den beide Landesregierungen jetzt möglichst abschließend beraten wollen. Es geht, kurz gesagt, um eine engere Verzahnung Berlins mit seinem Umland, um den Ausbau des Verkehrs und neue Siedlungsräume, aber auch um den Schutz der natürlichen Freiräume, um die wirtschaftliche Entwicklung und die Förderung des Einzelhandels.

Planung statt Wildwuchs

Längst beeinflusst das Wachstum Berlins nicht nur die klassische Hauptstadtregion, sondern erhöht den Druck auch auf die brandenburgischen Kommunen außerhalb des S- und Autobahnrings. Ob der neue Landesentwicklungsplan in der bisher vorliegenden Fassung ausreichend Grundlage bietet, diesen Prozess politisch zu steuern, wird vor allem in Brandenburg bezweifelt. Trotzdem bleibt die gemeinsame Landesplanung, die seit 1996 besteht, eine Errungenschaft.

Weitsichtige Planung statt Wildwuchs. Das ist das unerreichte Idealbild der Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg – und gilt auch für die 2011 begonnene „Gemeinsame Innovationsstrategie“, die voranbringen sollen, was beide Länder angeblich besonders gut können: Energietechnik und Gesundheitswirtschaft, Optik, Verkehr und Logistik, Medien und Kreativwirtschaft. Auch das steht auf der Tagesordnung der gemeinsamen Kabinettssitzung. Ohne solche Netzwerke forschungsbasierter Ökonomie wäre die Metropolregion nicht international konkurrenzfähig. Ein mühsamer Prozess, dieses sogenannte „Cluster-Management“, denn beide Länder haben natürlich viele Eigeninteressen.

Im Schatten solcher Mega-Themen wollen die Landesregierungen auch über den alltäglichen Wahnsinn sprechen: Den Wohnungsneubau in Brandenburg, der auch den Berlinern zugute kommen soll. Und die Probleme im Regionalverkehr, einschließlich der Tarifpolitik für den öffentlichen Verkehrsverbund. Auch die Krankenhausplanung beider Länder soll beraten werden. Die im Herbst gestartete Initiative von Wirtschaftsverbänden, Kammern und Gewerkschaften für mehr internationale Flugverbindungen wurde von der Tagesordnung abgesetzt.

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