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Einweg-Kaffeebecher und Plastikschalen stapeln sich an einem Gehweg in Berlin.

© picture alliance /dpa/Gregor Fischer

„Gastronomen sollten Einweg nicht mehr anbieten“: Jarasch fordert Mehrweg-Behälter in Berliner Imbissen und Cafés

Ab 2023 müssen größere Cafés und Imbisse Mehrwegbehälter anbieten. Kontrollen wird es vorerst nicht geben. Umweltsenatorin Jarasch setzt auf die Initiative der Gastronomen.

Wer sein Essen oder Getränk zum Mitnehmen bestellt, kann ab Januar in deutlich mehr Imbissen und Restaurants auf eine Mehrwegverpackung dafür bestehen. Das sieht das überarbeitete Verpackungsgesetz vor, das zum Jahresstart in Kraft tritt.

Jeder gastronomische Betrieb mit mehr als 80 Quadratmetern Fläche ist ab dann verpflichtet, neben den bislang meist gebräuchlichen Einwegverpackungen aus Plastik und Alufolie seinen Kunden auch eine wiederverwendbare Variante anzubieten.

Doch schon vor dem Start zeigen sich die Schwächen des Gesetzes und seiner Umsetzung. In Berlin wird die Regel für Gastronomen zunächst wohl kaum bis gar nicht kontrolliert werden.

Den Ordnungsämtern fehlt für die Kontrolle das Personal

„Weder die Umweltämter noch die Ordnungsämter sind kapazitativ in der Lage, die Kontrollen durchzuführen - jedenfalls nicht systematisch“, sagte Joachim Wenz, Leiter des Ordnungsamts Friedrichshain-Kreuzberg am Donnerstag in einer Anhörung im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses.

Zwar sei das Gesetz „absolut sinnvoll und gut gedacht“, den Vollzug bezeichnete er jedoch als „problematisch“. Die Verwaltung sei auf die neue Aufgabe schlicht nicht vorbereitet. Weder sei die Zuständigkeit innerhalb der Bezirke geklärt, noch gebe es dafür das Personal.

Mit dem neuen Gesetz überträgt der Bund ab 1. Januar 2023 eine EU-Verordnung in deutsches Recht, um die Menge des Verpackungsmülls zu reduzieren. Restaurants, Cafés und Imbisse dürften jedoch sehr unterschiedlich gut auf die Regelung vorbereitet sein.

Es ist total unverständlich, dass kleine Betriebe ausgenommen werden. Die verkaufen doch das ganze To-go-Material.

Jörn Peter Brinkmann, Vizepräsident und Vorsitzender der Fachgruppe Gastronomie beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Berlin.

„Es kann davon ausgegangen werden, dass viele Filialbetriebe sich darauf eingestellt haben“, sagte Wenz. In den Ketten sei die neue Gesetzeslage bekannt und die Vorbereitungen liefen. Anders sehe es bei einzelnen Restaurants aus. „Die haben Schwierigkeiten, das zu organisieren und oft ist die Information noch gar nicht bei ihnen angekommen. Diesen Eindruck haben wir bei Stichproben gewonnen.“

Kritik gibt es aus Berlin insbesondere an der zu laschen Ausgestaltung des Gesetzes. So gilt die Regelung erst für Gastrobetriebe ab einer Fläche von 80 Quadratmetern. Kleinere Imbisse müssen keine Mehrwegbecher und -boxen vorhalten.

175.000 To-go-Becher
werden laut Dehoga-Vizepräsident Jörn Peter Brinkmann täglich in Berlin ausgegeben

Sie sind lediglich verpflichtet, Speisen und Getränke auf Wunsch in Mehrwegbehälter zu füllen, die die Kunden selbst mitbringen. Ausgenommen sind auch Pizza-Bäcker. Da ihre Kartons aus Pappe sind, fallen sie nicht unter die neue Vorschrift.

„Es ist total unverständlich, dass kleine Betriebe ausgenommen werden. Die verkaufen doch das ganze To-go-Material“, sagte Jörn Peter Brinkmann, Vizepräsident und Vorsitzender der Fachgruppe Gastronomie beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Berlin.

Er verkaufe in seinem Restaurant am Tag nicht ein Gericht zum Mitnehmen, während insbesondere kleine Imbisse und Cafés für die großen Müllmengen wie täglich 175.000 To-go-Becher verantwortlich seien. „Radikal ist das nicht“, sagte Brinkmann.

Aus Sicht des Umweltschutzes ist das unbefriedigend.

Umweltsenatorin Bettina Jarasch zu den Ausnahmen von den neuen Mehrweg-Regeln für kleine Gastronomie-Betriebe

Auch der Senat ist unzufrieden mit den Ausnahmen von der Regel. „Aus Sicht des Umweltschutzes ist das unbefriedigend“, sagte Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne). Dass die Mehrweg-Behälter lediglich als Alternative zu Einwegverpackungen angeboten werden müssten, sei inkonsequent.

Sie forderte die Gastronomen auf, eigenständig aktiv zu werden: „Einen Schritt weitergehen und Einweg nicht mehr anbieten.“ Zugleich appellierte die Senatorin an die Kunden, die Mehrwegverpackungen zu nutzen. „Die Verbraucher haben es in der Hand, ob sie das zu einem großen Erfolg machen oder nicht.“

Dass es sich für Betriebe auch wirtschaftlich lohne, von Einweg- auf Mehrwegverpackungen umzusteigen, erläuterte Christian Kraus, Geschäftsführer von Recup. Das Unternehmen versorgt etwa 1000 Imbisse und Cafés in Berlin in einem Pfandsystem mit Mehrweggeschirr.

„Durch die enormen Preissteigerungen ist der Einsatz von Einweggeschirr ein relevanter Kostenfaktor“, sagt er. Selbst ein kleineres Café könne durch einen Verzicht auf Einwegbecher demnach jährlich mehrere tausend Euro sparen. „Mehrwegpflicht ist nicht nur mit Blick auf Umweltaspekte absolut nötig, aber auch unternehmerisch sinnvoll.“

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