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Das Gebäude des Bundesrates.

© dpa / Tim Brakemeier

Für „effektiveren Diskriminierungsschutz“: Berliner Regierungsfraktionen wollen Gleichbehandlungsgesetz reformieren

Die Koalition will eine Bundesratsinitiative anstoßen. So soll Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden – für wirksamere Maßnahmen gegen Benachteiligung.

Die Berliner Fraktionen der rot-grün-roten Koalition haben sich wenige Tage vor der Wiederholungswahl darauf verständigt, eine Bundesratsinitiative für eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) anzustreben und so einen „effektiveren Diskriminierungsschutz“ zu ermöglichen.

Die Fraktionen von SPD, Grüne und Linke wollen den im Gesetz verankerten Merkmalkatalog für Diskriminierungen erweitern, etwa um Merkmale der „rassistischen und antisemitischen Zuschreibung“ sowie des „sozialen Status’“. Auch soll der Schutz vor sexueller Belästigung ausgeweitet sowie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit größeren Befugnissen ausgestattet werden.

Das geht aus einem Antrag der Fraktionen hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die Einigung über den Antrag kam zu spät zustande, um noch am Donnerstag, am letzten Plenartag vor der Wiederholungswahl, debattiert zu werden. Nach der Wahl wird der Antrag aber auf die Tagesordnung rücken.

Das AGG trat 2006 in Kraft. Seitdem können Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, ihres Geschlechts oder eines Handicaps diskriminiert werden, gegen Benachteiligung klagen. Experten und verschieden Politiker haben aber immer wieder betont, dass das Gesetz nicht weit genug geht. 

Die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP hat sich deswegen in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Gesetz zu überarbeiten. Vielen geht das allerdings nicht schnell genug.

Um Druck zu machen, legen wir als Berliner Koalition einen Vorschlag vor, mit dem wir uns im Bundesrat dafür einsetzen werden, dass das Gesetz auf öffentliches Handeln ausgeweitet wird.

Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierungspolitik der Berliner Linke-Fraktion

Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierungspolitik der Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sagte dem Tagesspiegel: „Um Druck zu machen, legen wir als Berliner Koalition einen Vorschlag vor, mit dem wir uns im Bundesrat dafür einsetzen werden, dass das Gesetz auf öffentliches Handeln ausgeweitet wird.“

Damit wolle man etwa erreichen, „dass sogenanntes ‚racial profiling’ durch die Bundespolizei, wie es jüngst gegenüber aus der Ukraine fliehenden schwarzen Menschen und Roma-Familien immer wieder vorkam, besser geahndet werden kann“, sagte sie. Beim „racial profiling“ werden Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert.

Auch Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung wünscht sich Reform

Die Bundesregierung müsse endlich die Blockade beenden und wie versprochen einen Gesetzentwurf für eine umfassende Reform des AGG vorlegen, sagte Eralp. Im von den Berliner Regierungsfraktionen vorgelegten Antrag sei besonders wichtig, dass auch gefordert werde, die Diskriminierungsdimensionen des Aufenthaltsstatus und der Staatsbürgerschaft aufzunehmen. Diese führten immer wieder zu Diskriminierung durch Arbeitgeber:innen und Behörden.

Unser Antidiskriminierungsrecht ist leider zahnlos

Ferda Ataman, Bundesbauftragte für Antidiskriminierung

Ferda Ataman, die im vergangenen Sommer zur ersten Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung ernannt worden war, forderte erst im Januar ebenfalls erneut eine Novellierung des Gesetzes. „Unser Antidiskriminierungsrecht ist leider zahnlos“, sagte sie im Tagesspiegel-Interview.

Das fange damit an, dass die Frist, in der Menschen mit einer Klage auf Benachteiligung reagieren könnten, mit acht Wochen zu kurz sei. Das sieht auch die rot-grün-rote Koalition so: Sie will die Frist dem Antrag zufolge auf mindestens ein Jahr verlängern.

Wie es mit dem Vorhaben weitergeht, darüber wird auch der Ausgang der Berliner Wiederholungswahl entscheiden. Der Weg zur Bundesratsinitiative ist also noch lang. Sicher ist: Das neu zusammengesetzte Parlament wird den Antrag debattieren. Wird dem Antrag entsprochen, könnte die neue Landesregierung die Initiative im Bundesrat einbringen.

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