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Für kleinere Klassen wurde bereits im Oktober demonstriert und gestreikt.

© imago images/Bernd Friedel

Update

Forderung nach kleineren Klassen in Berlin: Gewerkschaft ruft am Abiturtag zum Warnstreik auf

Die Berliner Bildungsgewerkschaft GEW versucht in Berlin ein Novum: Einen Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz. Am 7. April wird berlinweit zum Streik aufgerufen.

Vom Lehrkräftemangel lässt sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nicht entmutigen: Sie fordert eine drastische Verkleinerung der Klassen – und ruft dafür die angestellten Lehrkräfte für den 7. April zum Warnstreik auf. Allerdings beginnen an diesem Tag an vielen Schulen die mündlichen Präsentationsprüfungen im Abitur.

Die GEW begründet ihre Forderung mit dem Ergebnis einer Umfrage unter ihren Mitgliedern. Laut der Auswertung werden große Lerngruppen an erster Stelle bei den Belastungsfaktoren genannt für die Gesundheit, und zwar von 90 Prozent der Befragten. Erst dahinter folgten als Faktoren Personalmangel, schlechte technische Ausstattung, Lärm, Inklusion und Korrigierarbeiten, sagte die GEW-Vorsitzende für Tarifpolitik, Anne Albers.

Die GEW-Tarifkommission hatte daher schon im Juni 2021 die Forderung nach kleineren Klassen erhoben. Konkret würde das je nach Schulform bedeuten, dass es pro Klasse mindestens fünf Schülerinnen und Schüler weniger gäbe.

Hier einige Beispiele für die Forderungen:

  • Grundschulklassen mit 19 statt 24 oder mehr Kindern, in Brennpunkten nur 17
  • In Jahrgangsstufe 7 nicht mehr als 21 statt rund 26 Schülerinnen und Schüler
  • Jahrgangsstufe 8 bis 13 bis zu 24 Jugendliche statt bis zu 29 oder sogar 32 an Gymnasien
  • In der Oberstufe je nach Kursart und Stufe 14 bis 17 Jugendliche
  • Pro Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Lernen, Verhalten oder Sprache 3,5 Stunden Förderstunden extra statt 2,5
  • An beruflichen Schulen pro Klasse höchstens 21 Jugendliche und sogar nur zehn, wenn sie kein Ausbildungsverhältnis haben
  • Mehr Schulpsychologen und Sozialpädagogen.

Daraus würde sich ein Mehrbedarf von Tausenden Lehrkräften und ein erhöhter Raumbedarf ergeben, obwohl beides in Berlin knapp ist. Die GEW will das Anliegen denn auch als längeren Prozess betrachtet sehen. Bereits im Oktober hatte es einen Warnstreik gegeben - allerdings nur begrenzt auf rund 30 Schulen.

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Schulleitungen zeigten am Montag zwar Verständnis für die Forderung, kritisierten aber den Zeitpunkt des Warnstreiks. „Der Aufruf der GEW zu einem Tag, an dem viele Schulen die Präsentationsprüfungen im Abitur durchführen, ist nicht fair den Lehrkräften gegenüber. Hier werden Kolleg:innen unnötig in ein moralisches Dilemma gebracht“, reagierte Sven Zimmerschied von der Vereinigung der Sekundarschulleitungen. Eine Verschiebung des Prüfungstermins sei nicht möglich.

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Auch Arnd Niedermöller von der Vereinigung der Oberstudiendirektoren hält es für „schwer nachvollziehbar“, warum die GEW die Lehrkräfte in solche „Gewissensnot“ bringe.

Staatssekretär Slotty: "Der Streik kommt zur Unzeit"

Die Senatsverwaltung für Finanzen wies darauf hin, dass Berlin auf die Zustimmung der Tarifgemeinschaft der Länder angewiesen sei, die das Ansinnen aber ablehne. Die GEW kritisierte, dass sich Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) noch immer nicht zum Ansinnen der GEW verhalten habe. Es liege keine Antwort vor. "Wir wollen, dass sich der Senat respektvoll verhält", sagte GEW-Chef Tom Erdmann.

Hingegen sagte Alexander Slotty, der SPD-Staatssekretär für Bildung, am Dienstag: "Der Streik kommt zur Unzeit und sollte nicht auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler ausgetragen werden. Nach zwei Jahren Pandemie haben Abiturienten einen Anspruch darauf, ihre Präsentationsprüfungen ohne unnötige Störungen ablegen zu können.“

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