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Musste am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Potsdamer Landtags Stellung nehmen: ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger.

© Sebastian Gabsch/PNN

Förderaffäre um ILB: Neuer Korruptionsverdacht gegen Brandenburger Investitionsbank

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin erwägt Ermittlungen gegen eine ehemalige Mitarbeiterin der Bank aufzunehmen.

Die Verteidigungsstrategie scheint eine doppelte zu sein: abwiegeln, gleichzeitig Transparenz vorgeben. Tillmann Stenger, Vorstandschef der Investitionsbank Brandenburg (ILB), wirkt betont gelassen, als er am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Potsdamer Landtags von den Abgeordneten der Opposition zu einem Thema befragt wird, das das zentrale Förderinstitut des Landes immer wieder mal ins Zwielicht bringt: Korruptionsverdacht. Im Hintergrund geht es auch wieder um Axel Hilpert und seinen millionenschweren Betrug beim Bau des Resorts Schwielowsee.

Stengers Umgang mit den gegen eine ehemalige Referatsleiterin gerichteten Korruptionsvorwürfen, die im Jahr der Landtagswahl für Rot-Rot eine besondere Sprengkraft entfalten könnten: sie als haltlos bezeichnen. Und gleichzeitig signalisieren: Wenn die Justiz meint, tätig werden zu müssen, bitteschön, nur zu, die ILB habe nichts zu verbergen.

Die für Korruptionsfälle zuständige Staatsanwaltschaft in Neuruppin erwägt, Ermittlungen gegen die ehemalige ILB-Mitarbeiterin aufzunehmen. „Wir prüfen den Sachverhalt auf strafrechtliche Relevanz“, sagte Oberstaatsanwalt Frank Winter am Mittwoch. Selbstverständlich werde die ILB der Anklagebehörde alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen, sagt Stenger. Es sei gut, wenn sich die Staatsanwaltschaft mit dem Fall beschäftige. „Wir verheimlichen nichts.“

„Die Fälle waren förderrechtlich nicht zu beanstanden“

Vollständigen Einblick in den Compliance-Bericht der ILB, also die betriebswirtschaftliche Analyse der Regeltreue der Bank, muss sich der rbb, der die neuerlichen Vorwürfe publik machte, trotzdem vor Gericht erstreiten. Laut rbb-Bericht soll die Referatsleiterin Firmen, deren Förderanträge sie bearbeitete, auch Versicherungsverträge für die Projekte vermittelt haben. Für das zum Zuge gekommene Versicherungsunternehmen war ihr Ehemann tätig. In einem Fall soll die ILB laut rbb dem Vertragspartner die Versicherungsbeiträge sogar als sogenannte Baunebenkosten erstattet haben.

Stenger widerspricht den rbb-Recherchen nicht explizit. Er ordnet sie anders ein. Es habe der üblichen Verwaltungspraxis entsprochen, Versicherungen in der Bauphase, die bilanziell aktiviert wurden, als förderfähig anzuerkennen. Merkwürdig: Diese offenbar so normale Praxis wird heute nicht mehr angewandt, wie die ILB in einer Mitteilung zur Ausschusssitzung erklärt. Die Aussage Stengers zu dem gesamten Komplex: „Die Fälle waren förderrechtlich nicht zu beanstanden.“

Der vergangenes Jahr im Gefängnis gestorbene Hotelier Hilpert war zu knapp vier Jahren Haft verurteilt worden

Förderrechtlich vielleicht – aber auch strafrechtlich? Weder die Compliance-Untersuchung noch eine externe arbeitsrechtliche Überprüfung habe Anhaltspunkte ergeben, die die erhobenen Vorwürfe gegen die ehemalige Mitarbeitern bestätigen würden, betont die ILB. Die Frau ist dabei alles andere als unbekannt, stand schon früher unter dem Verdacht, nicht korrekt gehandelt zu haben: Marion S. war 2017 Hauptzeugin im Prozess um den Fördermittelskandal Schwielowsee.

Der vergangenes Jahr im Gefängnis gestorbene Hotelier Axel Hilpert war wegen millionenschweren Fördermittelbetrugs beim Bau des Luxusresorts Schwielowsee in Potsdam-Mittelmark zu knapp vier Jahren Haft verurteilt worden. Im Prozess kam heraus: Marion S., nun im vorzeitigen Ruhestand, war bei der ILB für den Hotelbau-Förderantrag zuständig und soll Hilpert gebeten haben, das Projekt bei ihrem Mann versichern zu lassen. Tatsächlich kam die Firma zum Zuge, Korruption konnte aber nicht nachgewiesen werden. Nun hat der rbb weitere Fälle aufgedeckt, die nach einem ähnlichen Muster abgewickelt worden sein sollen. Alles Zufall?

„Solange keiner von einem Brandenburger Gericht verurteilt wird, stehe ich hinter allen 620 Mitarbeitern“, sagt Stenger. Am Donnerstag muss er sich erneut den Fragen von Abgeordneten stellen – diesmal nicht öffentlich im Finanzausschuss. Im Mittelpunkt steht der Compliance-Bericht, den die Ausschussvorsitzende Saskia Ludwig (CDU) sowie die Abgeordnete Margitta Mächtig (Linke) eingesehen haben.

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Marion Kaufmann

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