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Mit der polnischen Fluggesellschaft Enter Air wurden Moldauer am Donnerstag ausgeflogen.

© IMAGO/Andreas Haas

Flug E4501 nach Moldau: Hat Berlins Innensenatorin den Abschiebestopp gebrochen?

Am Donnerstag hat Berlin sieben Mehrfachstraftäter nach Moldau abgeschoben. Grüne und Linke werfen Innensenatorin Spranger perfide Tricks vor.

Flug E4501 startete am Donnerstag um 14.10 Uhr vom Flughafen BER in Schönefeld. Um 16.54 Uhr landete die Boeing 737 der polnischen Chartergesellschaft Enter Air in Chișinău, Moldaus Hauptstadt. Der Flug belastet Berlins rot-grün-rote Koalition, für manche Grüne hat er sogar das Potenzial, sie platzen zu lassen. Andere sprechen von einem Affront durch SPD-Innensenatorin Iris Spranger. Denn in Schönefeld setzten die Behörden Flüchtlinge aus Moldau in den Flieger – eine Abschiebung.

Dabei hatte Spranger eine Woche zuvor zugesagt, dass „Abschiebungen in den Wintermonaten nicht stattfinden“. Damit wendete sie einen Koalitionskrach ab, weil sie zunächst gesagt hatte: „Wir schieben weiter nach Moldau ab.“ Die Innenverwaltung wollte bis Ende März 600 Moldauer abschieben, um in den Unterkünften Platz zu schaffen für 12.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. In Tegel wird gerade eine Zeltstadt für 3200 Menschen errichtet.

Grüne und Linke warfen Spranger einen Bruch des Koalitionsvertrags vor, wonach im Winter auf Abschiebungen verzichtet wird, „wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten“. Nach einer Woche Streit lenkte Spranger ein. Einzige Ausnahme: schwere Straftäter und Gefährder.

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Sammelflug von sechs Ländern

Und nun Flug E4501: Die Maschine kam als Flug ENT54HM aus München, sechs Bundesländer hatten ihn organisiert. Berlin habe sieben Moldauer, alle Mehrfachstraftäter, abgeschoben, hieß es aus Sicherheitskreisen. Die anderen Bundesländer haben auch Moldauer abgeschoben, die keine Straftäter sind. Die Chance auf Asyl geht für Moldauer gegen null.

„Wir erwarten, dass die Innensenatorin ihre Alleingänge einstellt und sich zum Koalitionsvertrag bekennt“, sagte Grünen-Innenexperte Vasili Franco. Linke-Landeschefin Katina Schubert sagte: „Wir warten darauf, dass die Innensenatorin den Winterabschiebestopp verfügt.“ Dies sei spätestens für Dienstag angekündigt. „Es ist perfide, wenn man vorher noch schnell ein paar Flieger losschickt.“ Ein Sprecher der Innenverwaltung wies den Vorwurf des Koalitionsbruchs zurück. Gefährder und Straftäter seien vom Winterabschiebestopp ohnehin ausgenommen.

Die Grünen vermuten, dass Spranger den Abschiebestopp erst ab 17. Dezember einsetzen lässt, dann beginnt der Weihnachtsfrieden. Bereits vor zwei Wochen soll es einen ähnlichen Abschiebeflug gegeben haben. Nach Tagesspiegel-Informationen waren alle Abgeschobenen rechtskräftig verurteilte Straftäter, die Strafen erheblich.

Laut Flüchtlingsrat soll die Polizei am Donnerstag versucht haben, eine schwangere Mutter aus einer Unterkunft zu holen, der Einsatz sei abgebrochen worden. Ein Familienvater, der abgeholt werden sollte, sei nicht angetroffenen worden. Unter den Abgeschobenen sei eine Roma-Frau, die wegen Gefäßerkrankungen und Hüftkopfnekrose einen Operationstermin kurz vor Weihnachten hatte, ebenso ein behandlungsbedürftiger Epileptiker.

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„Wir sind absolut schockiert, dass die Innensenatorin offen Versprechen bricht“, sagte Nora Brezger vom Flüchtlingsrat. „Völlig inakzeptabel sind Abschiebungen von einzelnen Familienmitgliedern ohne ihre Familien und von kranken Menschen in ein Land, in dem die Gesundheitsversorgung äußerst prekär ist und das selbst so viele geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufgenommen hat – so sind die Strukturen dort völlig überlastet.“

Insgesamt sind aktuell 3200 Moldauer in Berlin ausreisepflichtig. Unter den in Berlin registrierten ausreisepflichtigen Migranten sind sie die größte Gruppe. Die Bundesrepublik unterstützt Moldau mit Hilfsgeldern in Höhe von 32 Millionen Euro, damit seine Staatsbürger unkompliziert zurückgebracht werden können.

Bekanntlich nutzen ganze Familien das System auch als Einnahmequelle. Aus Moldau kommen seit Jahren viele Flüchtlinge nach Berlin, 2021 stieg die Zahl rapide. Da Berlin bis 2017 allein für ihre Erstaufnahme zuständig war, ist die Zahl der Folgeanträge hier groß, auch gezielt, um zumindest das Taschengeld von fast 150 Euro pro Monat und Person zu bekommen.

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