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Der Aktienmarkt ist unübersichtlich und riskant für Privatanleger. "Robo-Advisor" wie Growney setzen auf Algorithmen für sichere Anlagestrategien.

© dpa-tmn

Fintech Growney: Wenn der Roboter die Geldanlage regelt

Beim Berliner FinTech Growney kauft und verkauft ein Algorithmus Aktienfonds. Außerdem können die Anleger auf "grüne"  Anlagestrategien setzen.

Nach dem Durchbruch des deutschen Unternehmens Biontech bei der Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs schnellte dessen Aktienkurs in die Höhe. Wer sich von dieser Aufbruchstimmung mitreißen ließ und schnell Biontech-Aktien kaufte, erhielt aber umgehend einen Dämpfer. 

Denn als kurz darauf der US-Konkurrent Moderna ebenfalls einen Impfstoff ankündigte, stürzte der Biontech-Kurs um 13,7 Prozent ab. Jetzt erholt er sich zwar wieder, aber der Fall zeigt: Für Privatanleger ist es schwierig, sinnvoll zu investieren.

Dennoch wenden sich immer mehr Privathaushalte dem Aktienmarkt zu, denn das Sparen auf der Bank bringt keine nennenswerten Zinsen. Immer mehr Banken erhöhen die Gebühren für die Kontoführung oder berechnen sogar einen Negativzins. Die Banken müssen selbst negative Zinsen an die Europäischen Zentralbank (EZB) zahlen. 

Die Kosten geben sie an ihre Kunden weiter. Und die suchen nach Alternativen.„Im Vergleich zu Großbritannien und den USA ist der Marktanteil digitaler Vermögensverwalter noch gering in Deutschland“, sagt Thimm Blickensdorf, der bei Growney für das Kundengeschäft verantwortlich ist. 

Digitale Technologien sollen das Risiko mindern

Das Berliner Fintech-Start-up mit Sitz in der Voltastraße in Gesundbrunnen gehört zu den sogenannten Neobrokern. Diese Digitalunternehmen setzen auf einfach zugängliche Online-Angebote. Im Vergleich zu klassischen Banken sind ihr Sortiment und der Serviceumfang kleiner „Neobroker schießen wie Pilze aus dem Boden“, sagt Blickensdorf. „Aber die meisten lohnen sich nur für Kunden, die Ahnung davon haben und sich mit Aktien auseinandersetzen.“ 

Thimm Blickensdorf ist Vertriebsleiter beim FinTech Growney aus Berlin.
Thimm Blickensdorf ist Vertriebsleiter beim FinTech Growney aus Berlin.

© Growney

Damit meint er Konkurrenten wie Trade Republic, Justtrade oder Gratisbroker. Die stellen ihren Kunden eine Online-Plattform zur Verfügung. Die Anleger können dort mit wenigen Klicks Einzelaktien und Indexfonds kaufen, zum Teil auch Kryptowährungen oder hochspekulative Derivate. Gewissermaßen als Börse to go. Growney hingegen ist ein „Robo-Advisor“. Dessen Kernstück ist ein Algorithmus, der automatische Empfehlungen zur Vermögensanlage gibt und diese auch selbst umsetzen kann. 

"Wir sind ein Familienunternehmen"

Der Kunde muss bei der Anmeldung eine Reihe von Fragen beantworten. Die beziehen sich zum Beispiel auf seine finanzielle Situation, die Anlagesumme und die Risikobereitschaft. Auf Grundlage der Antworten schlägt die Software dann verschiedene Anlagestrategien vor.Auch in diesem Bereich ist Growney nicht allein. Zu den direkten Konkurrenten gehören unter anderem Quirion, Cominvest oder der Marktführer ist Scalable Capital, ein Kooperationspartner der Direktbank ING-Diba. 

Sie alle folgen den US-amerikanischen Vorreitern Betterment und Wealthfront, die bereits 2008 gegründet wurden.Growney gehört bezüglich des Anlagevolumens eher zu den kleineren Robo-Beratern. „Wir sind ein Familienunternehmen“, sagt Blickensdorf. Der Online-Finanzdienstleister Growney wurde Ende 2014 von Gerald Klein gegründet, der vorher 17 Jahre lang bei der Landesbank Berlin tätig gewesen war. 

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ach einer längeren Entwicklungsphase ging im Mai 2016 das erste Angebot für Privatanleger an den Start. Heute beschäftigt das Unternehmen 15 Mitarbeiter. Seit März 2020 besitzt es eine Lizenz als Vermögensverwalter von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Angebot umfasst aber ausschließlich Indexfonds (ETFs), keine Einzelaktien. 

Der Einstieg ist ab einer Erstanlage von 500 Euro oder mit einem Sparplan ab 25 Euro monatlich möglich. Für die Dienstleistung berechnet Growney eine Gebühr, die bei einer Anlage unter 50 000 Euro bei 0,68 Prozent im Jahr liegt und darüber 0,38 Prozent. Für Depot- und Kontoführung fallen keine Kosten an, es gibt auch keine Ordergebühren. 

Der Kunde muss allerdings Fondskosten tragen, die zwischen 0,16 Prozent und 0,24 Prozent jährlich liegen. Die Höhe dieser Fondskosten legen die jeweiligen Verwaltungen der Fonds fest. Growney hat also keinen direkten Einfluss darauf, nur einen indirekten durch die Auswahl der Fonds. 

Robo-Advisor für Geschäftskunden

In Zukunft wolle Growney auch verstärkt auf Geschäftskunden setzen, sagt Blickensdorf: „Wir bieten unsere Technologie beispielsweise Banken und Versicherungen an.“ Die könnten dann ihre Produkte mithilfe eines Robo-Advisors an ihre Kunden verkaufen. Die Versicherung Signal Iduna zum Beispiel habe sich bereits eine Lösung maßschneidern lassen.

Außerdem hat Growney kürzlich „grüne Investments“ eingeführt. Der digitale Vermögensverwalter beschränkt das Portfolio auf Fonds, die Kriterien aus den Bereich Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung erfüllen. Ausgeschlossen sind zum Beispiel Betreiber von Atom- oder Kohlekraftwerken, Tabakkonzerne, aber auch Waffenhersteller. Die Nachfrage im Bereich der nachhaltigen Fonds sei hoch, sagt Blickensdorf. 

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