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Der frühere Vorstand soll 360.000 Euro Schadensersatz zahlen. (Symbolfoto)

© imago images/Panthermedia

Verurteilt wegen „fehlerhafter Honorarverteilung“: Ex-Vorstand der Berliner Kassenärzte soll 360.000 Euro Schadensersatz zahlen

Immer wieder stand der ehemalige Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin in der Kritik. Nun gibt es ein zivilrechtliches Urteil.

Der frühere Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV) soll Schadensersatz zahlen. Das Landgericht Berlin verurteilte die drei Ex-Funktionäre dazu, ihrem früheren Arbeitgeber zusammen 361.187,50 Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen. Das Urteil, das dem Tagesspiegel vorliegt, wurde am 2. September gefällt, die schriftliche Begründung gibt es seit einigen Tagen. Die Ex-Vorstände können Rechtsmittel einlegen.

Die drei Ärzte wurden demnach wegen ihrer „fehlerhaften Honorarverteilung“ und sogenanntem Up-Coding mit der Barmer verurteilt. Mit Letzterem sind nachträgliche Änderungen ärztlicher Diagnose-Codes gemeint, um so mehr Geld aus dem gemeinsamen Gesundheitsfonds aller gesetzlichen Krankenkassen zu erhalten.

Alle Kassen zahlen in diesen Fonds ein, je nach Zusammensetzung ihrer Versicherten erhalten einige über einen „Risikostrukturausgleich“ aber womöglich mehr Geld zurück. Grob vereinfacht formuliert, werden Patienten „kränker“ gemacht als sie sind.

Das Bundesversicherungsamt hatte die Praxis moniert, 2016 waren in Berlin die Büros der KV und der Barmer durchsucht worden.

Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 9000 Berliner Praxisärzte angehören, die gesetzlich Versicherte versorgen. Die KV verwaltet die Honorare der Kassen und regelt die ambulante Versorgung selbst: Der Staat greift nur bei groben Verstößen ein.

Der Sitz der Kassenärzte in Berlin war 2016 durchsucht worden.
Der Sitz der Kassenärzte in Berlin war 2016 durchsucht worden.

© Hannes Heine

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Der frühere KV-Vorstand hatte auch strafrechtlich Ärger. Die damals amtierenden Funktionäre waren wegen Untreueverdachts angeklagt worden, sie sollen sich 2011 um Übergangsgelder bemüht haben, obwohl sie doch noch eine weitere Amtszeit als Vorstände tätig waren. Die drei wurden 2016 von der zuständigen, 40-köpfigen Vertreterversammlung (VV), dem sogenannten Ärzteparlament, aus ihrem Amt gewählt. Das Landgericht sprach die Beschuldigten 2019 frei.

Der aktuelle KV-Spitze äußerte sich nicht. Die Vorsitzende der VV, Christiane Wessel, sagte: „Dieses Urteil zeigt, dass die Entscheidung der Vertreterversammlung der KV Berlin richtig war, die Schadensersatzansprüche gegenüber dem alten Vorstand prüfen zu lassen.“ Ob und weswegen gegen die Barmer in Berlin ermittelt wird, war am Dienstag nicht zu erfahren.

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