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Ein Gebäude der Deutsche Wohnen.

© Fabrizio Bensch/File Photo/REUTERS

Update

Es könnte an den großen Hedgefonds scheitern: Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia vor dem Aus

Laut Insider-Informationen haben viele Großaktionäre bis zum Schluss mit einem Verkauf ihrer Papiere gezögert. Nun droht die Übernahme durch Vonovia zu platzen.

Die Übernahme des Berliner Dax-Konzerns Deutsche Wohnen durch den Bochumer Konkurrenten Vonovia steht vor dem Aus. Wie Vonovia am Freitag mitteilte, haben zu wenige Aktionäre der Deutsche Wohnen das Übernahmeangebot bis zum Ablauf der Annahmefrist in der Nacht zum Donnerstag angenommen.

Kurz vor dem Ende der Nachbuchungsfrist am Freitag um 18 Uhr waren dem Konzern nach eigenen Angaben rund 47,6 Prozent der Aktien der Deutsche Wohnen angedient worden. Nötig für eine Übernahme sind 50 Prozent.

„Wir werden die möglichen Optionen, wie zum Beispiel einen Verkauf der derzeit von Vonovia gehaltenen Aktien an der Deutsche Wohnen, ein erneutes öffentliches Angebot oder den Erwerb weiterer Aktien nun sorgfältig prüfen“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch laut einer Mitteilung. Man sei "weiterhin der Auffassung, dass ein Zusammenschluss mit der Deutsche Wohnen strategisch sinnvoll ist und Mehrwert für die Aktionäre beider Unternehmen schafft", heißt es dort weiter.

Für Buch wäre es der zweite gescheiterte Übernahmeversuch. Schon vor fünf Jahren hatte er die Deutsche Wohnen mit Vonovia aufkaufen wollen. Auch damals wurde die Mindestannahmequote für die Milliarden-Offerte nicht erreicht. Im Unterschied zur aktuellen Offerte hatte sich der Berliner Konzern damals gegen die Übernehme gewehrt.

Die letzten Aktien könnten noch eintrudeln

Ob der Verkauf wirklich nicht zustande kommt, lässt sich erst in einigen Tagen sicher sagen. Dass die letzten Aktien eingehen, kann laut Marktinsidern bis Montag dauern. Nach Informationen des "Handelsblatts" läge ein mögliches Scheitern an der Kommunikation mit großen Hedgefonds.

Den Angaben zufolge hielten diese zuletzt rund 30 Prozent der Anteile der Deutsche Wohnen und hätten bis zuletzt mit dem Verkauf gezögert. Es ist denkbar, dass Vonovia am Wochenende bei der Finanzaufsicht Bafin anmeldet, in Nachverhandlungen mit den Fonds zu treten, um sie zum Verkauf zu bewegen. Das Angebot erhöhen darf Vonovia in diesen Gesprächen jedoch nicht mehr.

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Der angebotene Preis von 52 Euro je Aktie lag leicht über dem aktuellen Deutsche-Wohnen-Kurs von gut 51 Euro. Sowohl die DW-Papiere als auch Vonovia-Aktien hatten nach der Mitteilung am Freitag deutlich verloren. Während die Deutsche Wohnen sich schnell wieder erholte, blieb Vonovia auch am Abend bei einem Minus von rund 2,7 Prozent.

ETFs können erst verkaufen, wenn der Deal feststeht

Ein weiteres Problem: Indexfonds (ETFs), die ihre Aktien automatisiert handeln, verkaufen ihre Anteile erst, wenn klar ist, dass die Übernehme klappt und die Deutsche Wohnen in der Folge aus dem Index ausscheidet. Wie viele DW-Anteile in ETFs stecken, ist nicht bekannt. Allein der größte ETF-Anbieter Blackrock hält allerdings jüngsten Angaben zufolge schon rund neun Prozent des Konzerns.

Vonovia mit Sitz in Bochum wollte mit der Übernahme Europas größten Immobilienkonzern mit rund 550.000 Wohnungen schmieden. Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen hatten ihren Aktionärinnen und Aktionären empfohlen, das Übernahmeangebot anzunehmen. Die notwendigen Investitionen in bezahlbares Wohnen, Klimaschutz und Neubau ließen sich nach einem Zusammenschluss gemeinsam besser schultern.

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Das Bundeskartellamt hatte bereits im Juni grünes Licht für den Zusammenschluss der beiden größten deutschen Wohnimmobilienkonzerne gegeben. Die gemeinsamen Marktanteile der Unternehmen rechtfertigten keine wettbewerbsrechtliche Untersagung, hatten die Wettbewerbshüter mitgeteilt. Sie verwiesen dabei auf das Beispiel Berlin, wo von den knapp 1,7 Millionen Mietwohnungen in der Stadt rund 150.000 auf die Deutsche Wohnen und Vonovia entfielen.

Der Vonovia-Chef meldet seit Jahren steigende Gewinne und Dividenden. Auch in der Corona-Krise ist der Konzern durch steigende Mieten, Zukäufe und Neubauten kräftig gewachsen. Der operative Gewinn legte 2020 im Jahresvergleich um 10,6 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro zu. Auch dieses Jahr sollen Umsatz und Gewinn weiter steigen. Der Konzern vermietet rund 416.000 Wohnungen, davon etwa 355.000 in Deutschland. Weitere Wohnungsbestände hält Vonovia in Schweden und Österreich. (mit dpa)

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