zum Hauptinhalt
Das Schloss Rheinsberg steht auch auf der Liste der enteigneten Liegenschaften, für die das Haus Hohenzollern entschädigt werden soll.

© dpa

Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg: Der Adel soll jetzt Geld zurückbekommen

Das ehemalige Königshaus Hohenzollern soll bis zu 1,2 Millionen Euro zurückbekommen –  für enteignete märkische Häuser und Schlösser. Brandenburgs Finanzminister lässt das nun prüfen.

Die Hohenzollern sollen für nach dem Zweiten Weltkrieg enteignete Schlösser, Villen und Ländereien in Potsdam und Brandenburg entschädigt werden. Und zwar mit einer Zahlung in Höhe von 1,2 Millionen Euro, die das Amt für offene Vermögensfragen dem Chef des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, zusprechen will. Das geht aus dem Entwurf für einen geplanten Bescheid der Beeskower Behörde vom 14. Januar 2014 hervor.

Die beabsichtigte Millionenzahlung ruft Widerstände hervor, insbesondere bei Linken und Grünen. So schaltete sich am Montag Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) aus der rot-roten Landesregierung Brandenburgs ein. Er habe das dem Ministerium unterstehende Landesamt für offene Vermögensfragen „angewiesen, den Entwurf des Bescheides für die beabsichtigte Ausgleichszahlung kritisch zu prüfen“, erklärte Görke. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, die Entscheidung sei für ihn „nicht nachvollziehbar.“ Die Ausführungen des Amtes, dass Kronprinz Wilhelm nicht in erheblichem Maße dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet habe, stehe aus seiner Sicht „auf wackligen Füßen“.

Güter, Villen, Schlösser

Es geht um prominente Liegenschaften, eine Liste mit 64 Positionen. In Potsdam gehören das Krongut Bornstedt dazu, Schloss Lindstedt, die Villa Ingenheim, die Villa Liegnitz am Schlosspark Sanssouci oder das Grundstück der früheren Matrosenstation Kongsnæs nahe der Glienicker Brücke. Auf der Liste stehen aber auch Immobilien außerhalb der früheren Residenz, zum Beispiel Schloss Rheinsberg oder Grundstücke in Schwedt und Angermünde.

Für diese soll das Haus Hohenzollern nun eine Entschädigung bekommen – zumindest aus Sicht des Amts für Regelung von Vermögensfragen des Landkreises Oder-Spree, das den 1991 gestellten Antrag bearbeitet hatte. Nach Tagesspiegel-Informationen wird der Entwurf nun regulär vom Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) in Berlin geprüft. Dieses verwaltet den beim Bund eingerichteten Entschädigungsfonds für Enteignungen in der NS-Diktatur und der sowjetischen Besatzungszeit in Ostdeutschland von 1945 bis 1949.

Aus diesem Topf, nicht aus der Landeskasse Brandenburgs, kämen auch die Ausgleichszahlungen für die Hohenzollern. Das BADV wollte sich aus Datenschutzgründen nicht äußern. Eine Sprecherin verwies darauf, dass in solchen Fällen das Bundesamt „die beabsichtigte Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht“ prüfe und „das Prüfergebnis in einer schriftlichen Stellungnahme der bescheidenden Stelle“ mitteile.

Umstrittener Prinz Ferdinand

Nach dem Fall der Mauer hatte Prinz Louis Ferdinand, der Chef des Hauses Hohenzollern und Erbe des letzten deutschen Kaisers, die Rückgabe von insgesamt 244 früheren Schlössern und anderen Besitztümern vor allem in Potsdam beantragt. Es ging um einen Quadratkilometer einstigen Besitzes, was jedoch 1999 vom Potsdamer Verwaltungsgericht unter Verweis auf die „glasklare Rechtslage“ abgeschmettert wurde, ohne Revision zuzulassen. Genau in solchen Fällen gibt es automatisch eine Ausgleichszahlung, „es sei denn, die sogenannte Unwürdigkeitsprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller sich im Dritten Reich schuldig gemacht, der Diktatur erheblichen Vorschub geleistet hat“, erläutert der Potsdamer Anwalt Thorsten Purps, Experte für Bodenreform- und Vermögensfälle in Ostdeutschland.

Das Amt in Beeskow kommt zu dem Ergebnis, dass Kronprinz Wilhelm von Preußen zwar Nähe zum Dritten Reich hatte und etwa mit anderen Hohenzollern-Prinzen an der Zeremonie in der Potsdamer Garnisonkirche teilnahm, die als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte einging. Sonst habe er aber keine exponierte Rolle gespielt. Das war auch das Resümee des Historikers Christopher Clark. Er gilt als ausgewiesener Preußen-Experte und hat im Auftrag der Hohenzollern ein Gutachten erstellt. Er kommt zu dem Schluss, dass Kronprinz Wilhelm das System „nur gelegentlich und beiläufig“ unterstützt habe.

Georg Prinz von Preußen, das heutige Oberhaupt, hatte NS-Verstrickungen seiner Familie nie bestritten. „Es ist bekannt, dass sich Prinz August Wilhelm, ein Sohn Kaiser Wilhelms II., vor den Karren der Nationalsozialisten spannen ließ und eine sehr unrühmliche Rolle einnahm“, sagte er 2005 in einem Interview. Er betonte, „dass mein Großvater, Prinz Louis Ferdinand von Preußen, aktives Mitglied im Widerstand gegen die NS-Diktatur war – unter Lebensgefahr“. Auch bei den Hohenzollern habe es schwarze Schafe gegeben – wie in vielen Familien. Zum aktuellen Verfahren wollte sich das Haus nicht äußern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false