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Berlin: Einstöpseln und aufdrehen

„Stromgitarren“ im Technikmuseum: Originalinstrumente, Filme und Fotos von Linda McCartney

Wie ein Banjo aus Blech sieht die erste elektrische Gitarre aus. Ein bisschen schrammelig liegt sie da in der fahrbaren Vitrine, und wenn man den Stöpsel des Kopfhörers in die Buchsen an der Vitrine steckt, klingt sie auch alt. Spinetthaft. Es ist eine Hawaii-Gitarre von Adolph Rickenbacker, sie ist von 1932 und hat den Spitznamen „Frying Pan“ (Bratpfanne).

Und sie gehört einem Berliner, was Joseph Hoppe mehr als erstaunlich fand. Denn für die vielen anderen Ausstellungsstücke, von heute an im Deutschen Technikmuseum zu sehen, mussten er und seine drei Kollegen viele Ferngespräche führen. In der Szene kenne immer einer einen, der jemanden kenne, der weiß, wer jemanden kennt, der so eine Gitarre hat, sagt Hoppe.

So ist sie entstanden, die Ausstellung über „Stromgitarren“. Gitarren, von denen Anfang der 30er Jahre alle sagten, das seien doch gar keine richtigen Gitarren. Und überhaupt: dieser Krach. „Verkabelt den Klang, damit sie euch spielen hören!“, dieser Ausruf aus der Band von Benny Goodman war es laut Legende, der dem elektrisch verstärkten Instrument nach vorne half. Seitdem wird gestöpselt und aufgedreht, dass einem nur so die Ohren klingen.

Rund 200 Instrumente zeigt die Schau. Die meisten kann man über Kopfhörer hören, auf einigen kann man sogar spielen. Auch alte Verstärker sind zu sehen, die aussehen wie trendige Koffer. Vor ein paar Tagen steckten überall noch die Leihzettel hinter den Saiten: Wem gehören die Gitarren? Wie war ihr Zustand bei Anlieferung? Da ging Joseph Hoppe, der Projektleiter der Berlin-Mannheimer Koproduktion, durch die Räume im zweiten Stock und guckte hinter die eine oder andere Folie, die vor den Schaukästen klebte. Dahinter die Schätze: der Hofner-Bass, den Paul McCartney gespielt hat, eine Gibson-Maßanfertigung für Peter Frampton nebst von Frampton handschriftlich bestätigter Echtheit. Seltene, berühmte, schräge Instrumente. Nur wenig Originale von großen Rockgitarristen. „Wir wollten nur Gitarren mit zweifelsfreiem Starbezug“, sagt Hoppe. Es gebe da sehr viele Fälschungen. Und außerdem: „Wir sind ja nicht das Hard Rock Café.“

15 Stationen haben sie aufgebaut. Man kann sehen, wie eine E-Gitarre gebaut wird, Konzertfilmausschnitte angucken, es gibt Veranstaltungen mit dem Gitarren-Doc Lutz Heilindemann.

Auch wenn die Gitarrenfirma Gibson der Hauptsponsor der Schau ist, fehlt der größte Konkurrent Fender nicht. Was die beiden Firmen unterscheidet? „Louis Fender war ein strategischer Erfinder“, sagt Hoppe. Der 1991 verstorbene Gitarrenbauer kam aus dem Radiobereich. Er habe den Markt bedient. Gibson dagegen stamme aus einer alten Instrumentenbauerfamilie. Heute teilen sich die großen Namen der E-Gitarrenbranche den Markt längst mit Konkurrenten aus Fernost. Hoppe: „Die berühmtesten Gitarren kommen aus den USA, die meisten aus Korea.“

Dass auf den Deko-Postern, die Musiker mit ihren Gitarren zeigen, keine einzige Frau zu sehen ist, kann Hoppe nur mit dem mackerhaften Rock-Business begründen. Aber dafür trumpft die Ausstellung mit Fotos einer Frau auf, die so nah an Jimi Hendrix oder die Stones rankam, wie sonst kaum jemand: Linda McCartney, die erste Frau des Beatles-Sängers.

Die Ausstellung heißt übrigens Stromgitarren, weil die Ausstellungsmacher finden, das klinge besser als E-Gitarre. Und: Projektleiter Joseph Hoppe kann nicht Gitarre spielen. Er spielt überhaupt kein Instrument. Dies verbindet ihn mit dem Technikmuseum: Das hatte kein einziges Objekt im Fundus. Alles geliehen.

Stromgitarren, bis 15. Dezember, Deutsches Technikmuseum, Kreuzberg, Trebbiner Straße 9, montags geschlossen. Das Programm unter www.stromgitarren.de

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