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Einfach weiter so? Klaus Lederer, Franziska Giffey und Bettina Jarasch könnten auch nach der Wiederholungswahl koalieren.

© imago/Jens Schicke

Einfach wieder Rot-Grün-Rot in Berlin?: Nein, diese Wahl war kein Regierungsauftrag!

Teile der SPD, Grüne und Linke wollen weiterregieren. Ihnen und der Stadt dürfte das schlecht bekommen. Der Anstand gebietet ergebnisoffene Verhandlungen mit der CDU.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Die politische Lage nach der Berlinwahl ist verfahren. Die CDU hat zwar gewonnen, steht aber ohne natürliche Partner da. Der SPD als zweitstärksten Kraft geht es so schlecht, dass sogar über eine Ablösung von Franziska Giffey spekuliert wird. Die Grünen haben den Wechsel im Roten Rathaus ein zweites Mal vergeigt. Ein Gewinner ohne Partner, zwei Verlierer. Wie soll das weitergehen?

Teile der SPD und Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch waren am Montag ganz klar: Sie wollen trotz der Verluste für alle drei bisherigen Koalitionspartner mit dem Dreierbündnis weitermachen. Die Argumente: Die Mehrheit ist ja da, die Stadt tickt links und die inhaltlichen Schnittmengen sind miteinander am größten.

Jarasch will sogar die gute Gepflogenheit umgehen, erst einmal den Wahlsieger verhandeln zu lassen, und so schnell es geht mit SPD und Linken sprechen. Das zeugt von klarer politischer Haltung, aber einem fehlenden Kompass.

Nein, diese Wahl war kein Regierungsauftrag. Sie war eine Protestwahl, ein Verzweiflungsakt – gegen diese Koalition und ihren Streit. 50 Prozent der CDU-Wähler haben die Partei gewählt, weil sie die anderen ablehnen, nicht weil sie die CDU so toll finden. Der Anstand gebietet es deshalb – gerade nach der Wiederholung einer Wahl –, ernsthaft andere Optionen auszuloten.

Giffeys bürgerliches Programm passt nicht zur Koalition

Aus der bisherigen Koalition kann mit dem jetzigen Personal nur noch wenig Gutes erwachsen. Das Paradoxe ist: Giffey selbst hatte die SPD 2021 überhaupt noch einmal mit einem bürgerlichen Programm ins Regierungsamt gehievt, das seither aber nicht zur Koalition passen will. Diesen Makel werden weder sie noch dieses Bündnis los. Giffeys eigenes schlimmes Ergebnis im Wahlkreis spricht Bände.

Eine Fortführung der Koalition unter Führung einer anderen Person in der SPD würde dagegen einem Betrug am Wähler gleichen. Es ist auch bei dieser Wahl davon auszugehen, dass Giffeys Kandidatur wegen ihrer persönlichen Beliebtheit den Sozialdemokraten überhaupt noch ein Ergebnis vor den Grünen ermöglichte.

Völlig klar: Die inhaltlichen Gräben gerade zwischen Grünen und Schwarzen wirken kaum überwindbar. Für die SPD wiederum klingt es verlockend, trotz der Wahlniederlage im Roten Rathaus weiterzumachen. Aber was ist in drei Jahren? Spätestens dann dürften das Bündnis und insbesondere die Berliner Sozialdemokratie endgültig ausgezehrt sein, am Boden. Die Spaltung der Stadt wird sich bis dahin eher noch verstärken.

In den nächsten drei Jahren muss eine Koalition regieren, die Berlin eint und die Verwaltung modernisiert. Davon hängt alles andere ab. Jetzt muss über neue Wege dorthin verhandelt werden, neu gedacht werden. Ein zweites Mal „Weiter so“ ist zwar denkbar, aber politisch äußerst unklug.

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