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Präsent. Klaus Lederer (40) ist seit 2005 Landesvorsitzender der Linken, die damals noch PDS hieß. Der Jurist lebt mit seinem Mann in Prenzlauer Berg.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Linken-Chef Klaus Lederer: Eine Koalition? „Mit dieser SPD nicht“

Klaus Lederer, Linken-Vorsitzender in Berlin und Rechtsexperte im Abgeordnetenhaus, spricht über neue Koalitionen, die Wähler seiner Partei und eigene Fehler unter Rot-Rot.

Herr Lederer, die nächste Abgeordnetenhauswahl steht zwar erst 2016 an, aber immerhin die CDU hat Frank Henkel schon zum Spitzenkandidaten ernannt. Wer soll es bei den Linken werden?

Wir treffen uns im November zum Landesparteitag und wählen den Berliner Linken-Vorstand. Der Vorstand wird einen Spitzenkandidaten vorschlagen, über den die Partei dann 2015 abstimmt.

Als Landeschef gelten Sie als Favorit. Mal salopp formuliert: Viele verbinden mit Klaus Lederer kleinteilige Fragen nach Bürgerrechten und Minderheitenschutz. Werden Wahlen auf dem Christopher Street Day gewonnen?
Wir sind keine Nischenpartei. Wir sind thematisch breit aufgestellt. Aber wir werden das in den kommenden zwei Jahren noch deutlicher machen, etwa mit unserem Anspruch an eine funktionierende Stadt: Gute Kitas und Schulen, ein Nahverkehr, der tatsächlich läuft, dazu moderne Ämter und gut ausgestattete Kliniken. Das brauchen letztlich alle Berliner.

Das würde niemand bestreiten. Wer ist für die Linken eigentlich der größere Konkurrent – die SPD oder die Grünen?
Im Osten der Stadt sicher die SPD. Aber im Westen auch nicht nur die Grünen. Die Frage ist für uns nur mäßig interessant. Angesichts der schlechten Senatspolitik interessieren sich auch viele außerhalb linker Milieus für eine Alternative. Wir haben selbst bei früheren CDU-Wählern Interesse geweckt. Auch um deren Sorgen wollen wir uns kümmern.

Sie haben 2010 gesagt, die Stadtpolitik fokussiere sich auf das Berlin innerhalb des S-Bahn-Ringes. Hat sich das geändert?
In den Debatten ja, in der Realpolitik kaum. Die Innenstadt wird zubetoniert, bei Buslinien in den Außenbezirken dagegen gespart. Dazu kommt: Berlin ist ja eine Stadt aus mehreren Städten. Unser Reinickendorfer Abgeordneter Hakan Tas kümmert sich gerade um die Mieter der Steinberg-Siedlung, die Angst davor haben, aus ihren Wohnungen gedrängt zu werden. Wir waren auch beim Tempelhofer Feld zusammen mit Anwohnern und Initiativen aktiv und haben uns bei den Protesten der Schwestern und Pfleger an der Charité eingebracht.

Daseinsfürsorge, Ansprechpartner im Kiez, Bürgerbegehren – ist das der Weg, im Westen der Stadt anzukommen?
Ich rechne damit, dass wir 2016 in allen Bezirksverordnetenversammlungen einziehen – und zwar in Fraktionsstärke. Bei der Bundestagswahl 2013 hatten wir im Westen fast überall zehn Prozent. Das wollen wir wieder hinkriegen.

Derzeit wird viel über Flüchtlinge debattiert. Historisch hat die Linke gern gesamtgesellschaftliche Lösungen gesucht: Probleme sollten nicht nur für einige gelöst, sondern für alle angegangen werden. Nun ruft die Linke nach Paragraf 23 im Ausländerrecht, der es Regierungen gestattet, Gnade im Einzelfall walten zu lassen.
Der Paragraf 23 ist keine Dauerlösung. Wir brauchen ein anderes Ausländerrecht. Nur ist das landespolitisch nicht machbar, sondern Bundesrecht. Der Innensenator könnte aber durch den Paragraf 23 von Berlin aus ein Signal in die Bundespolitik senden. Das aber macht Frank Henkel nicht.

Apropos Henkel: Im Senat wird gestritten wie selten in einer Landesregierung.
Der Senat hat sich zerlegt, die befinden sich schon im Rosenkrieg. Aber Große Koalitionen haben eine große Gravitationskraft. Nur deshalb steht der Senat noch.

Sollte die Linke 2016 mitregieren, was würde sie anders machen als die Linken im rot-roten Senat von 2001 bis 2011?
Wir haben viel gelernt. Wenn wir wieder regieren sollten, müssen wir uns besser mit Bürgerinitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbänden austauschen. Und mit Volksentscheiden werden wir viel offener umgehen als die anderen Parteien. Während wir noch im Senat saßen, startete 2010 das letztlich erfolgreiche Volksbegehren gegen die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. Das haben wir damals als Affront aufgefasst – was falsch war und uns nicht wieder passieren wird.

Kommt die Berliner SPD überhaupt für eine Koalition infrage?
In ihrem derzeitigen Zustand nicht. Wo sind Inhalte und Linie der SPD? Hauptproblem der SPD ist, dass ihr Spitzenpersonal denkt, ihm gehöre die Stadt. Die Abstimmung zum Tempelhofer Feld hat gezeigt: Die SPD hat alles in die Waagschale geworfen, alle ihre Leute in den Verbänden mobilisiert – und klar verloren.

Ist das eine Absage an Rot-Rot?
Erst wenn die Gemeinsamkeiten ausreichen, ist das Eingehen einer Regierungskoalition eine strategische Option…

…was in ihrer Partei heftig umstritten ist.
Ja, aber eine Mehrheit haben diese Stimmen nicht.

Ihre Wähler haben sich immer abgewandt, wenn Sie regiert haben. Die Berliner Linke hat bei den Wahlen 2006 und 2011 Stimmen verloren. Die Brandenburger Linke, die mit der SPD koaliert, steht in Umfragen viel schlechter da als zur letzten Wahl. Regieren Sie falsch?
Wir waren 2001 ungenügend vorbereitet. Die Lage in der Stadt war noch viel schlechter als befürchtet – die Schulden, der Modernisierungsstau. Vor allem sind die Erwartungen unserer Wähler höher. Wenn wir in Landesregierungen stecken, reicht ein Weiter-So nicht. Uns Linken werden Kompromisse nicht so schnell verziehen. Das klappt vielleicht bei CDU und SPD.

Die SPD möchte die Olympischen Spiele nach Berlin holen. Machen Sie mit?
Die Pläne sind grotesk. Jahrelang gibt Klaus Wowereit den Sparmeister und knausert bei Bädern, Kliniken, Beamten. Dann sagt er mal eben, ein paar Milliarden dürfen die Spiele kosten. Dabei ist zu den Olympischen Spielen nicht mal das Parlament umfassend informiert worden. Von den Bürgern ganz zu schweigen.

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