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Buchhandlung Wayne&Isley in Charlottenburg.

© Anna Pannen

Eine besondere Berliner Buchhandlung: Buchperlen, Comics und gerettete Schlangen

Die Charlottenburger Buchhandlung Wayne & Isley setzt auf Minimalismus, hochwertige Romane und Comics. Oft trifft sich die Nachbarschaft hier. Doch der Laden kämpft ums Überleben.

Fast jeder, der an der Buchhandlung Wayne & Isley an der Charlottenburger Pestalozzistraße vorbeigeht, wirft einen Blick ins Schaufenster. Denn Inhaberin Dana Sachse gibt sich außergewöhnlich viel Mühe mit ihrer Auslage. Einmal baute sie Landschaften mit vielen winzigen Häusern aus Lego, passend zu den drumherum drapierten Bänden der Comic-Reihe „Hilda“. Ein anderes Mal bastelte ihr Praktikant einen riesigen Drachen aus Pappmaché und stellte seine liebsten Fantasy-Bücher daneben.

Comics sind ein Schwerpunkt von Sachse und ihrem Mitinhaber Yves Keuler. „Buchhandlung und Comicladen“ steht über der Tür. Manche Kunden irritiere das, erzählt Sachse. „Viele glauben immer noch, dass Comics nur was für Kinder sind.“ Dabei haben Sachse und Keuler viele hochwertige Comics für Erwachsene vorrätig. Etwa die Berlin-Trilogie des US-amerikanischen Comiczeichners Jason Lutes. Aber auch Klassiker und Alben.

Schlicht und gemütlich: Die Buchhandlung Wayne & Isley in Charlottenburg.

© Anna Pannen

2018 haben Keuler und Sachse den Laden eröffnet. Zuvor hatte Sachse, die ausgebildete Buchhändlerin ist, in anderen Buchhandlungen gearbeitet. Dort fand sie die schiere Menge von Büchern aber oft überwältigend. „Ich habe mir immer einen ruhigen, übersichtlichen Buchladen gewünscht. In dem es weniger, aber dafür nur hochwertige Bücher gibt“. Da sie keinen fand, machte sie einfach selbst einen auf.

Drei Räume, Dielenböden, gemütliche Sitzmöglichkeiten. An den Wänden ein paar blaue Regale mit Büchern, zwei Tische mit weiteren. Mehr gibt es nicht bei Wayne & Isley. Nur rund 1500 Bücher liegen im Laden aus. Andere Läden vergleichbarer Größe haben die drei- oder vierfache Menge.

Genau diese Beschränkung gefällt Kundin Bettina, 58, die hier regelmäßig kauft. „Ich finde hier immer außergewöhnlich schöne Bücher und muss mich vorher nicht durch stapelweise Mainstream wühlen“, erzählt sie. Auch den vielen Platz findet sie angenehm. Und dass Sachse und Keuler sich nicht aufdrängen und die Kunden einfach stöbern lassen. „Wenn ich Beratung wünsche, bekomme ich aber immer tolle Sachen empfohlen. Man merkt, dass Frau Sachse weiß, wovon sie spricht“.

In der Nachbarschaft ist Wayne&Isley außerordentlich beliebt. Vor allem auch bei Kindern. In der Kinderbuchecke liegt eine kleine, feine Auswahl wertvoller Bücher: Die meisten sind wenig bekannte Perlen. „In großen Buchhandlungen findet man oft Hunderte Kinderbücher. Aber wenn man nach einem Buch für einen Achtjährigen fragt, wird doch wieder Astrid Lindgren aus dem Regal gezogen oder Gregs Tagebuch“, sagt Keuler. „Wir wollten es anders machen und tolle Bücher anbieten, die eher Geheimtipps sind.“

Bei Wayne&Isley finden sich deshalb viele besonders schön illustrierte Bilderbücher. Für ältere Kinder gibt es spannende, tiefgründige und lustige Werke, etwa „Tagebuch eines Möchtegern-Versagers“ von Luc Blanvillain oder „Wer hat Angst vor Jasper Jones?“ von Craig Silvey. „Das ist 2012 erschienen und inzwischen aus vielen Buchhandlungen wieder verschwunden“, erzählt Sachse. „Dabei ist es großartig. Wir werden es auf jeden Fall verkaufen, bis es vergriffen ist“.

Sachse liest jedes Kinderbuch vor dem Verkauf selbst oder hört es als Hörbuch. „Ich will wissen, ob die Geschichte wirklich fesselt und die kindlichen Leser ernst nimmt“. Beim Buch „Rettet Omas Boa!“ sei das so. „Es ist gleichzeitig lustig und berührend“, findet Sachse. Deshalb wird Autorin Anna Maria Praßler diesen Samstag bei Wayne&Isley aus dem Buch lesen.

Selbst Comics zeichnen lernen

Überhaupt Lesungen: Seit Wayne&Isley 2018 eröffnet hat, gibt es regelmäßig welche, von Roman-Autoren genau wie von Comiczeichnern. Jeden zweiten Mittwoch findet außerdem die Veranstaltungsreihe „Lektüre und Likör“ statt, bei der Kund:innen ihre Lieblingsbücher und -comics mitbringen und vorstellen. Dazu wird Likör ausgeschenkt.

Finden für jeden das passende Buch: Dana Sachse und Yves Keuler von Wayne & Isley.

© Anna Pannen

Achtmal jährlich organisieren Keuler und Sachse in ihrem Laden angeleitete Comic-Workshops. Kinder ab acht Jahren und Erwachsene können dort lernen, selbst Comics zu zeichnen. „Das ist immer eine ganz tolle Atmosphäre, wenn das zehnjährige Kind neben der sechzigjährigen Dame sitzt und beide sich über ihre Zeichnungen unterhalten“, erzählt Keuler.

Ihre Vorliebe für besondere Bücher bedeutet übrigens nicht, dass Sachse und Keuler auf Leser von Bestsellern herabschauen. „Welche Bücher man liebt, ist absolute Geschmackssache und wir bestellen auch Groschenromane, wenn der oder die Kundin sie liebt. Lesen soll schließlich Spaß machen“, findet Keuler.

Gerne würden die beiden noch viele Jahre in der Pestalozzistraße bleiben. Doch das Überleben ist für kleine Buchhandlungen derzeit nicht leicht. Und das liegt im Falle von Wayne&Isley nicht an der Konkurrenz großer Buchhandelsketten in der nahen Wilmersdorfer Straße. „Mit denen pflegen wir ein gutes Verhältnis und schicken uns auch mal gegenseitig Kunden“, erzählt Keuler.

Vielmehr hat ihnen zuerst die Pandemiezeit ein Loch in die Bilanzen gerissen, da der Laden damals noch ganz neu war und kaum Stammkunden hatte. „Und danach kamen Ukrainekrieg und Energiekrise. Viele Menschen sparen an ,Luxuswaren‘ wie Büchern zuerst“, erzählt Keuler. Hinzu kam ein Gerüst, das im vergangenen Jahr den Eingang zu ihrem Laden verbarg und potenzielle Kunden abschreckte.

So kommt es, dass die beiden seit fast einem Jahr zu wenig verkaufen. „Wir hoffen sehr auf das Weihnachtsgeschäft und darauf, dass es den Menschen im nächsten Jahr finanziell wieder etwas besser geht“. Von beidem hängt ab, ob sie ihren Mietvertrag Ende 2024 verlängern.

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