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Auch wenn die Natur in diesem Garten die Regie führt – zu tun gibt es für die freiwilligen Gärtnerinnen immer etwas.

© Gerd Nowakowski

Ein Schutzraum für Wildpflanzen und Tiere: Nabu Berlin pflegt den Duftgarten im Volkspark Friedrichshain

Freiwillige vom Naturschutzbund kümmern sich um ein Paradies für Wildblumen und Insekten. Doch Diebstahl und Vandalismus machen ihnen zu schaffen.

Hinter dem Eingangstor und den Büschen hasten die Jogger vorbei, von der großen Wiese sind gedämpft die Rufe der Volleyballspieler zu hören und auch Musikfetzen wehen vorbei. Im Duftgarten fühlt man sich entrückt vom regen Treiben im Volkspark Friedrichshain; hier herrscht die summende Stille der Kräuter, Wildblumen und Insekten.

Caroline Butt, die Duftgarten-Beauftragte vom Naturschutzbund Landesverband Berlin (Nabu), widmet sich diesem Kleinod zusammen mit anderen Freiwilligen schon seit etlichen Jahren. Ganz konzentriert beschneiden an diesem Nachmittag Gisela, Carola und Doris, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchten, mit kleinen Scheren den duftenden Lavendel, damit er nicht verholzt. Etwas weiter wässert Peter einige Pflanzen.

Trotz des Ziels, den Menschen einen naturbelassenen Garten zu präsentieren, gehört für die ehrenamtlich Engagierten auch das jäten und pflanzen dazu, erklärt Caroline Butt. Denn mit dem Wind und den Vögeln gelangen immer auch andere Samen in den gerade jetzt üppig blühenden Duftgarten. Dann schlägt die Wilde Möhre oder die Flockenblume ihre Wurzeln und verdrängen andere, nicht so widerstandsfähige Arten.

Caroline Butt, die jenseits des Gartenlebens im Rechnungswesen eines Unternehmens arbeitet, lässt dabei ihre Hand über eine zarte Pflanze gleiten, die sich in die Ritzen der gemauerten Hochbeete gezwängt hat.

Die Hochbeete stammen noch aus DDR-Zeiten, als es im Volkspark statt der jetzigen Liegewiese noch ein großes Freibad gab. Lange Zeit waren sie aber verwahrlost und eine ungepflegte Brache, bis die Freiwilligen vor rund zehn Jahren mit dem Aufbau und der Pflege eines Naturgartens begannen. Die Hochbeete sind besonders für bewegungseingeschränkte Menschen praktisch, weil sie aus dem Rollstuhl heraus die Pflanzen anfassen und fühlen können.

Schutzraum für die Vielfalt der Wildpflanzen

Auch die Freiwilligen, die unter dem Blick der überlebensgroßen Skulptur einer Mutter mit Kind im Schoß arbeiten, finden es angenehm, sich im Stehen den Pflanzen widmen zu können. Allerdings müssen die drei Frauen die Arbeit im Lavendelfeld unterbrechen, weil aus einem Erdloch etliche Hornissen emporschweben, die sich offenbar gestört fühlten. Doch Hornissen sind zwar beeindruckend groß, aber keine aggressiven Tiere. Auch die vielen Hummeln, die im Beet nebenan besonderes Gefallen an den lilafarbenen Blüten einer Distelart haben, krabbeln ganz friedlich herum.

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Ein Schutzraum für die Vielfalt der Wildpflanzen will der Duftgarten sein und zugleich den Insekten ein Obdach bieten, sagt Caroline Butt. Und soll zudem einen Schauwert haben für die Besucher.

Mancher Spaziergänger tritt überrascht in den etwas versteckt gelegenen Garten und erfreut sich dann an der Pflanzenvielfalt vom Natternkopf bis zu den gerade hochgeschossenen Königskerzen, aber auch von den Kräutern wie Oregano oder Thymian. Auch an diesem Montagabend haben viele Besucher Fragen an die Ehrenamtlichen, die sie geduldig beantworten. Großes Erstaunen löst bei einem Ehepaar das „Echte Labkraut“ aus, das Milch gerinnen lässt und in England tatsächlich bei der Herstellung von Chester-Käse genutzt wird.

Ehrenamtliche pflanzten 200 Blumenzwiebeln

Zu tun gibt es über die Jahreszeiten immer etwas. Deswegen freuen sich die Aktiven auch über weitere Freiwillige und beteiligen sich mit zwei Aktionen an der „Gemeinsamen Sache“. Im vergangenen Herbst haben die Ehrenamtlichen etwa nahezu 200 Blumenzwiebeln neu eingepflanzt. [Hier der Link zur diesjährigen Aktion.]

Die Nabu-Gruppe sorgt bei den Arbeitseinsätzen auch dafür, dass Erdreich den Bedürfnissen der Pflanzen anzupassen. Für das Trockenbeet wurde etwa der Boden ausgetauscht. Der Nabu hat mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine Kooperationsvereinbarung. Das Amt übernimmt etwa die Kosten für neue Pflanzungen und stellt auch einen Schuppen für Gartengeräte.

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Im Wiesenbeet steht das Insektenhotel mit vielen kleinen Brutröhren. Wobei „Insektenhotel“ ein falscher Begriff sei, sagt Caroline Butt. Denn in den kleinen Röhren werde nur die Brut abgelegt und dann von den Insekten verschlossen. Vor allem als Einzelgängerinnen lebende Wildbienen nutzten den hölzernen Brutkasten, aus dem im kommenden Frühjahr dann die nächste Generation schlüpfen wird.

Das Insektenhotel musste leider in diesem Jahr neu angeschafft werden. Der alte Brutkasten wurde 2020 – obwohl tief verankert – aus der Erde gerissen und gestohlen. Solch gemeiner Diebstahl ärgert Caroline Butt und ihre Mitstreiter:innen.

Vandalismus und Diebstahl im Wiesenbeet

Überall sind kleine Schildchen ins Erdreich gesteckt, mit lehrreichen Erläuterungen zu den jeweiligen Pflanzen. Dazwischen finden sich aber auch Schilder mit der Aufschrift „Diebstahl“, um deutlich zu machen, was hier passiert ist. Zuweilen finden die Ehrenamtlichen nur noch die Löcher im Boden vor. Manchmal handelte es sich erkennbar um Vandalismus und Zerstörungslust, erzählt Caroline Butt. Zuweilen hat sie sich aber gefragt, ob richtige Kenner unter den Dieben sind.

Sie weist dabei auf die wertvolle Schwertlilie, die früher bei der Parfümherstellung genutzt wurde. Von den fünf vorhandenen Pflanzen seien schon drei gestohlen worden. Ärgerlich. Es geht aber auch umgekehrt: Zuweilen brächten Menschen einfach ein paar Pflanzen vorbei. Vorgekommen ist aber auch, dass Pflanzen heimlich gesetzt würden. Vor kurzem hätten sie beim Arbeitseinsatz etwa eine Cannabis-Pflanze entdeckt.

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