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Wo der Schuh drückt: Parlamentspräsident Dennis Buchner (SPD) im Gespräch mit der Leiterin Ulrike Reiher.

© Gerd Nowakowski

Bahnhofsmission am Ostbahnhof: Ein Ort zum Ankommen

Die älteste deutsche Bahnhofsmission benötigt selber Hilfe – Parlaments-Präsident Dennis Buchner verspricht Unterstützung.

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Über den Köpfen rumpelt es alle zwei, drei Minuten, und unten ist es ziemlich beengt. An das Getöse der ein- und ausfahrenden Züge haben sich die Mitarbeiter und Freiwilligen längst gewöhnt – das gehört zur Bahnhofsmission schließlich dazu. Die Enge der Räume am Hintereingang des Berliner Ostbahnhofs aber macht ihnen täglich die Hilfe schwerer als sie eh schon ist. Es gibt nur zwei beengte Duschkabinen und eine Toilette, in der Kleiderkammer gibt es nur das Nötigste für einen Notfall, und überall stehen Spendenkisten und Gerätschaften herum.

Beratungsgespräche, bei denen die Besucher und Besucherinnen etwas Ruhe finden und sich öffnen, um über ihre Probleme zu sprechen, sind kaum möglich, weil die Sitzecke in einem Durchgangszimmer steht. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie misslich das ist. Dass die wohnungslosen Menschen auf dem Weg zur Toilette zudem durch die Küche laufen müssen, ist auch aus hygienischen Gründen ein Problem, erläutert Ulrike Reiher, die Leiterin der Einrichtung, die sich vollständig aus Spenden finanziert.

Die deutsche Bahnhofsmission wurde vor über 125 Jahren hier gegründet – im damaligen Schlesischen Bahnhof. Auch in der Nachkriegszeit war hier an der in Hauptbahnhof umbenannten Station die Bahnhofsmission tätig – es war die einzige Einrichtung in der DDR. Allerdings wurden bis zu Mauerfall keine Obdachlosen betreut, weil es die offiziell nicht gab, sondern Rentner:innen vor dem Grenzübertritt nach West-Berlin.

Kleine Küche, große Hilfe: Dennis Buchner und Vorständlerin Gabriele Pollert bereiten "Notbrote" vor.

© Gerd Nowakowski

Bequemer ist es seitdem jedenfalls nicht geworden. Dabei wächst beständig die Zahl der Bedürftigen, die die Hilfe der Bahnhofsmission suchen. Am Morgen stehen die bedürftigen oder wohnungslosen Menschen in einer Schlange vor der Eingangstür. Mitarbeiter:innen reichen von einem provisorisch aufgebauten Tisch ein Becher Tee und ein sogenanntes „Notbrot“ aus – dick mit Butter beschmierte und belegte Stullen. An diesem Morgen sind sie zubereitet worden vom Berliner Parlamentspräsidenten Dennis Buchner (SPD), der sich vor Ort über die Nöte der Bahnhofsmission informiert.

Die drangvolle Enge, die dazu führt, dass im Winter häufig auch die festen MitarbeiterInnen und die Ehrenamtlichen draußen stehen müssen, soll verändert werden. Die Bahn ist bereit, die zur Verfügung gestellte Fläche nahezu zu verdreifachen – übrigens miet- und nebenkostenfrei. Für den geplanten Umbau, der aber erst nach Abschluss der derzeitigen Bahnhofssanierung beginnen kann, benötigt die Einrichtung die finanzielle Hilfe des Landes Berlins.

Duschen und Umkleideräume nur für Frauen

Mehr Platz ist kein Selbstzweck, sondern nötig, um sich wie geplant mehr auf die Betreuung von obdachlosen Frauen und deren Bedürfnisse zu konzentrieren. Viele von ihnen seien psychisch schwer belastet und bräuchten vielfältige Unterstützung bis zur Begleitung zu Behörden. Aber nur ein geringer Teil der obdachlosen Frauen trauten sich überhaupt in die Einrichtung der Bahnhofsmission, sagt die Leiterin Ulrike Reiher. Sie fühlten sich häufig nicht wohl in der Gegenwart der Männer; besonders wenn diese ungeduldig werden und fordern, dass die Frauen schneller die Duschen frei machen sollen.

Dabei seien die Duschen häufig der einzige private Rückzugsort für die Frauen. Deswegen soll es künftig Duschen und Umkleideräume nur für Frauen geben und ein abgetrenntes Beratungszimmer. Aufgestellt werden soll auch eine Waschmaschine und Trockner. Übrigens war schon 1894 der Gründungszweck der Bahnhofsmission, den nach Berlin einreisenden Frauen und Mädchen Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch zu bieten.  

Vier hauptamtliche Mitarbeiter:innen gibt es, die sich 2,5 Stellen teilen; unterstützt werden sie von rund 40 ehrenamtlich Engagierten, die verschiedenste Aufgaben übernehmen. Zweimal in der Woche kommt die „Berliner Tafel“ vorbei und bringt gesammelte Lebensmittel. Das ist eine große Hilfe; aber oft genug wird es bei täglich rund 200 Besucher:innen sehr knapp mit den Spenden. Deshalb bittet die Bahnhofsmission um Unterstützung – von Kaffee bis Kleidung oder auch Geld. Parlamentspräsident Buchner jedenfalls verspricht, sich stark zu machen für die Reservierung von Mitteln für den Umbau, bevor er Tee an die wartenden Menschen ausgibt.

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