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Skater, Wind- und Kitesurfer auf dem Tempelhofer Feld in Berlin-Tempelhof.

© Thilo Rückeis

Wie lebt sich’s hier denn so?: Ein Jahr nach dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld

Knapp 5000 Wohnungen im unteren bis mittleren Preissegment – damit hat der Senat vor gut einem Jahr geworben und nur wenig Anhänger gefunden. Die Mehrheit der Berliner hat sich am 25. Mai 2014 für ein Tempelhofer Feld zum Austoben entschieden. Und wie sieht es ein Jahr später aus?

Benjamin Ziep, 35, wohnt in Neukölln

Ziep ist fast jeden Tag mit seinem Sohn auf dem Tempelhofer Feld unterwegs und hat sich letztes Jahr klar gegen die Bebauung des ehemaligen Flughafens ausgesprochen. Besonders fasziniert den Wildnispädagogen, dass sich so viele Vogelarten auf dem Feld angesiedelt haben. Mit dem Fernglas beobachtet er Falken, Habichte und Neuntöter.

Verguckt. Benjamin Ziep

© Luisa Jacob

Die Feldlerche hat auf dem Tempelhofer Feld sogar ihre eigene Brutzone. Rund 25 Prozent aller Berliner Feldlerchen leben mittlerweile auf dem ehemaligen Flughafengelände. „Ich finde toll, wie die Leute und auch die Hundebesitzer darauf achten“, sagt der 35-Jährige. Ziep ist nicht grundsätzlich gegen eine Bebauung des Feldes. Einrichtungen, von denen die Bevölkerung wirklich profitiere, eine Kita zum Beispiel, könne er sich gut vorstellen.

Jurassica Parka, 35, wohnt in Tiergarten

Parka hat eine enge Bindung zum Tempelhofer Feld. Acht Jahre lang hat er am Mehringdamm gewohnt und war fast jeden Tag auf dem Feld. „Vor der Schließung bin ich sogar einmal dort gelandet“, erzählt der 35-jährige Travestiekünstler. Letztes Jahr hat der geborene Berliner trotzdem für die Bebauung gestimmt.

Verwundert. Jurassica Parka

© Luisa Jacob

Es ärgert mich, dass auf so einer großen Fläche nicht gebaut wird.“ Denn selbst nach der geplanten Bebauung, bliebe noch unheimlich viel Platz für Freizeit-Aktivitäten. Parka verstehe nicht, warum Leute, die sich nach Blumen und Weite sehen in eine Großstadt ziehen: „Wenn sie Bäume pflanzen wollen, dann sollen sie auf’s Land ziehen“, findet Parka.

Juliette Gibelin, 25, wohnt in Kreuzberg

Wenn die Abendsonne das Feld in ein warmes Licht taucht, fühlt sich Juliette Gibelin wie in einem Traum. „Dann fahre ich mit dem Fahrrad die Landebahn entlang, auf derselben Bahn, auf der früher mal Flugzeuge starteten und würde ich am liebsten auch abheben“, erzählt die fränzösische Künstlerin. Gibelin wohnt seit zwei Jahren in Berlin.

Verliebt. Juliette Gibelin

© Luisa Jacob

Mit ihren Freunden trifft sie sich oft auf dem Feld zum BBQ oder zum Fahrradfahren. Letztes Jahr hat sie auch gegen die Bebauung des Tempelhofer Felds abgestimmt. Der Platz sei einzigartig in Berlin, sagt die 25-Jährige. In Paris, wo die Künstlerin früher gelebt hat, gebe es kaum noch richtige Wiesen: „Das ist so schade.“

Karsten Scheffer, 40, wohnt am Landwehrkanal

Scheffer ist heute zum ersten Mal mit dem Longboard unterwegs. „Da komme ich ganz schön ins Schwitzen“, sagt der Wahl-Berliner. Aber wo sonst, wenn nicht auf dem Tempelhofer Feld, könne man das zum ersten Mal ausprobieren? Niemand beobachtet einen und Autoverkehr gibt es auch nicht, sagt der 40-Jährige.

Verschwitzt. Karsten Scheffer

© Luisa Jacob

„Zur Not kann ich mich hier immer in die Wiese werfen.“ Scheffer, der ursprünglich aus Norddeutschland kommt, genießt die Weite auf dem Feld. „Nirgendwo sonst kann so viel los sein wie hier und trotzdem habe ich meine Ruhe.“

Astrid Umbreit, 53, wohnt in Charlottenburg

Umbreit arbeitet für die Lebenshilfe und kommt mit erwachsenen Behinderten einmal wöchentlich zum Allmende Kontor, einem Gemeinschaftsgarten auf dem Flughafen. Hier pflanzen sie Radieschen, Salat, Topinambur und jäten Unkraut. „In einer Stadt, die immer enger wird, ist es wichtig, sich diese Refugien zu erhalten“, sagt die 53-Jährige.

Verpflanzt. Astrid Umbreit

© Luisa Jacob

Mit dem Fahrrad fährt Umbreit auch privat zum Tempelhofer Feld – am liebsten abends Sonnenuntergang: „Die sind einzigartig.“

Luisa Jacobs

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