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Im Einsatz für Berlin. Gruppenfoto mit den drei Siegern der „Farbe bekennen“-Awards, die am Sonntagabend im Roten Rathaus verliehen wurden.

© Davids/Sven Darmer

Ehrenamt in Berlin: Geflüchtete im Roten Rathaus geehrt

Erstmals wurden am Sonntag im Roten Rathaus die „Farben bekennen“-Awards verliehen. Ausgezeichnet wurden Geflüchtete, die sich ehrenamtlich engagieren.

Geht’s noch? Ständig negativ gefärbte Schlagzeilen und Diskussionen über Flüchtlinge, ständig pauschale Anfeindungen und Vorurteile. „Asylsuchende werden meist als Bedrohung dargestellt“, sagt Sawsan Chebli, Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement des Senats. Das ärgert die 40-jährige Sozialdemokratin dermaßen, dass sie der einseitig „von Rechtspopulisten dominierten öffentliche Debatte“ etwas entgegensetzten will. Im Frühjahr dieses Jahres initiierte sie deshalb einen neuen Wettbewerb in Berlin: die „Farben bekennen“-Awards für engagierte Flüchtlinge.

Am Sonntag war Premiere. Im Festsaal des Roten Rathauses wurden am frühen Sonntagabend erstmals drei Gewinner mit den Awards ausgezeichnet. Eine Jury, besetzt mit den Schauspielern Katja Riemann und Benno Fürmann, dem Chef der Bahnhofsmission Dieter Puhl, mit Paul Keuter von Hertha BSC und fünf weiteren Mitgliedern, hatte zuvor die Finalisten ausgewählt. Die drei Preisträger wurden anschließend von den Teilnehmern einer Online-Abstimmung gekürt.

Jede Menge Lob

Jede Menge Lob bekamen sie am Sonntag im Rathaus von Außenminister Heiko Maas und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) zu hören. Als Sieger wurde das 2014 gegründete, multikulturelle Theaterprojekt „syn:format“ gekürt. Die Schauspieler, zumeist Geflüchtete aus verschiedenen Ländern, proben in der Tempelhofer Ufa-Fabrik. Sie spielen auf der Bühne ihre Lebensgeschichten und ihre Erfahrungen in Deutschland und führen so einen „bewegenden Dialog“ mit den Berlinern, heißt es in der Laudatio.

Auf Platz zwei kam der Syrer Alex Assali. Seine originelle Initiative wurde im Internet begeistert aufgenommen. Alex kocht seit 2015 einmal pro Woche für Berliner Obdachlose und Bedürftige. Die Zutaten bezahlt er vom eigenen Geld. Seine Gerichte transportiert er in der U-Bahn in einem großen Topf und verteilt sie am Alexanderplatz. Alex sagt: „Ich bin hier freundlich aufgenommen worden, jetzt will ich etwas zurückgeben. Da ich nicht viel Geld habe, kam mir die Idee mit dem Essen.“

Und wer ging als dritter ins Ziel? Der Schwimmclub 1001 im Märkischen Viertel. Dort ist beispielsweise Mohammad Alhassan aktiv. Der Syrer wurde vom Club zum ehrenamtlichen Rettungsschwimmer und Schwimmtrainer ausgebildet. Nun kann er bereits diverse Schwimmgruppen unterstützen und im Sommer an den Berliner Seen im Einsatz sein.

„unsere Gesellschaft bereichern“

Der Preis soll zeigen, wie die große Mehrheit der Geflüchteten mit ihren Erfahrungen, Fertigkeiten und ihrer Arbeitskraft „unsere Gesellschaft bereichern“, heißt es in der Ausschreibung. Und wie sie für ihre neue Heimat „Farbe bekennen“. Mehr als 70 Bewerbungen waren in den vergangenen Monaten eingegangen. Schon bei der ersten Durchsicht wurde den Mitarbeitern der Senatskanzlei rasch klar, „mit welchem Engagement und welcher Vielfalt“ sich zahlreiche Schutzsuchende in die Berliner Gesellschaft einbringen“. Und mit welchem Einsatz ihnen befreundete deutsche Helfer oftmals ohne große Worte zur Seite stehen.

Zu den ins Finale gekommenen Initiativen gehörte auch „Champions ohne Grenzen“. Deren deutsche Aktivisten bilden Flüchtlinge zu Fußballtrainern aus. Dabei gewinnen diese Selbstbewusstsein, neue Freunde, und sie bekommen den Kopf frei. So erging es auch dem Afghanen Momo. Heute unterrichtet der einstige Fußball-„Azubi“ Anfänger auf dem Spielfeld. Außerdem gibt es noch das Championprojekt „Begegnung macht Schule“. Dabei erzählen jugendliche Asylbewerber Berliner Schülern im Unterricht von ihren Fluchterlebnissen.

„Begegnungen bringen Menschen zusammen“

Gleichfalls in die Endrunde kam das Flüchtlingsprojekt „querstadtein“. Dort ist beispielsweise Samer aktiv. Der Syrer führt Berliner und Berlin-Besucher regelmäßig durch Neukölln und Mitte, zeigt ihnen seine Lieblingsorte und -kieze, erzählt dabei, wie er sein Berlin erlebt. Acht weitere Syrer und Iraker machen bei „querstadtein“ ebenfalls mit.

Die drei Preise sind mit insgesamt 6000 Euro dotiert. „Begegnungen bringen Menschen zusammen“, sagte Katja Riemann anlässlich der Verleihung. Und Initiatorin Sawsan Chebli bekräftigte, es gehe darum, „ein neues Wir in der Stadt zu finden“.

Das will auch die Zahnärztin Rasha Alkhadra mit ihrem eigenen Youtube-Kanal fördern. Dort erzählt die geflüchtete Syrerin erfolgreiche Integrationsgeschichten. „Partnerschaftlich kann man eine bessere Zukunft aufbauen“, sagt sie. „Das will ich zeigen.“

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