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Die Rote Armee nutzte den Hangar 312 bis 1990 als Flugzeuggarage.

© Anja Reinbothe-Occhipinti

Ehemaliger Militärhangar in Neuruppin: Wo einst Kampfjets dröhnten, ertönt jetzt Tanzmusik

Der "Hangar 312" in Neuruppin stand nach dem Abzug der Roten Armee jahrelang leer. Event-Manager Christian Juhre hat ihn zur angesagten Party-Location umgestaltet.

Früher kreisten sowjetische Kampfjets über Neuruppin, Jahrzehnte zuvor Junkers Ju 52-Maschinen, die „Tante Ju“ – heute ist es ein Himmelsstrahler. Wenn der Spot nachts am Rande der Stadt aufleuchtet, lädt Christian Juhre wieder zu einer Veranstaltung ein. Der Lichtstrahl am Himmel weist wie ein Suchscheinwerfer den Weg zu seinem „Hangar 312“, auf dem obendrauf Gras wächst. Vor zwei Jahren hat der 38-jährige Neuruppiner die Halle mit dem halbrunden Tonnendach auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Neuruppin, 60 Kilometer nordwestlich von Berlin, gekauft.

Juhre steht gerade vor einer kleinen Tür neben dem Rieseneingangstor in der grünen Fassade. „Bis 1990 parkten darin russische Düsenjets“, erzählt er. Die Rote Armee baute den Hangar in den 1970er Jahren zur getarnten Flugzeuggarage um. Da existierte der Militärflugplatz allerdings schon einige Jahrzehnte. 1916 wurde er angelegt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Rote Armee den Platz

„Im ersten Weltkrieg war eine Fliegerstaffel in Neuruppin stationiert“, erzählt Christian Juhre. Danach nutzte die damalige Garnisonstadt das Gelände erstmal zivil: Aus den Mannschaftsbaracken wurden Arme-Leute-Quartiere, einen beträchtlichen Teil der Fläche sollten Kleingärtner beackern. „Vielleicht sogar hier, wo nun mein Hangar am Hugo-Eckener-Ring 40 steht?“, überlegt Veranstalter Juhre. Doch 1934 holte sich das NS-Militär den Flugplatz Neuruppin zurück. Piloten wurden geschult. Und nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Rote Armee den Platz.

„Nach ihrem Abzug blieb die ,Nummer 312’ viele Jahre lang ungenutzt. Später lagerte der städtische Bauhof darin Sand und Salz. Inzwischen ist der alte Flugplatz ist teils als Gewerbegebiet erschlossen. Tischler und Bootsbauer haben sich angesiedelt. Es gibt einen Pferdehof, einen Segelflugplatz und ein großes Solarfeld.

„Eigentlich wollte ich meinen Hangar als Garage für Busse und Kleintransporter nutzen“, sagt Juhre. Dann aber sagten viele seiner Freunde und Bekannten: Mach doch eine Eventlocation daraus. „Es kitzelte in meinen Fingern“, erinnert er sich. Immerhin ist genau das sein Metier.

Die einstige Flugzeug-Garage erstrahlt nun mit einer trendigen Stahl- und Rost-Optik

Seit 2004 arbeitet Christian Juhre als Veranstaltungstechniker- und Manager. Gelernt hat er sein Handwerk im Studio Hamburg, ein Produktionszentrum für Film und Fernsehen. In Neuruppin organisiert Juhre beispielsweise im Sommer die populäre „Gratis-Kino Flimmerstunde“ und im Winter den Weihnachtsmarkt. Seinen Hangar 312 baute der 38-Jährige nun mit viel Enthusiasmus in Eigenregie um und sicherheitstechnisch aus, unterstützt von etlichen Helfern.

Christian Juhre, 38, ist Eventmanager aus Neuruppin.
Christian Juhre, 38, ist Eventmanager aus Neuruppin.

© Anja Reinbothe-Occhipinti

Er verpasste der einstigen Flugzeug-Garage eine trendige Stahl- und Rost-Optik, installierte eine Bar mit Zapfanlage aus alten Rohren und eine Empore, deren Grundkonstruktion aus der alten „Paulaner Brauerei“ in München stammt. Über eine Wendeltreppe aus den Zwanziger Jahren klettert er hinauf: „Das ist eine begehbare Brücke gewesen, die über den Braukesseln hing.“ In der Halle strahlen stromsparende LED-Leuchten. „Das passt prima zur Beton-Optik“, sagt Juhre.

Bei der Stadt stellte er einen Nutzungsänderungsantrag, dann lud er im September 2018 erstmals zur Schlagerparty mit eigener Neuruppin-Hymne ein, gesungen von Popmusikerin Ines Adler. Dafür textete er kurzerhand „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer um. Die Gäste kamen in Scharen, genauso wie zur folgenden „Russendisko“, bei der Kolumnist Wladimir Kaminer höchstpersönlich auflegte. Der lebt zwar in Berlin, hat aber bei Neuruppin ein Wochenendgrundstück. Mit ihm seien die Russen wieder da, scherzte Hangar-Chef Juhre im Vorfeld der Party – zumal Kaminer bald wiederkommt: Am 10. März liest er dort aus seinem Buch „Die Kreuzfahrer“.

Event-Manager Juhre hofft, dass der rbb den Hangar als Locations für Talkshows entdeckt

Das Event-Programm ist schon recht dicht. Bereits am 23. Februar leben die Zwanziger Jahre wieder auf. In „Fräulein Ruby’s Tanzsalon“. Ganz im Stil von „Babylon Berlin“ soll die Tonnenhalle dann in zeitgemäßer Deko erstrahlen. Juhres Gäste können sich aufbrezeln und zu Hits der „Black Mountain Swing Band“ oder der „Electro Swing Crew“ tanzen. Wie das funktioniert, erlernen sie im Charleston-Schnupperkurs an Ort und Stelle. Ein Werbespot für die Veranstaltung läuft auf Facebook. „Der wird fleißig geklickt, sagt Christian Juhre.

Am 8. März ist Frauentag in der Jagdbomber-Garage

Nach knapp zwei Wochen Verschnaufpause öffnet der Veranstalter dann die einstige Jagdbomber-Garage nur für Frauen. „Am 8. März, dem Frauentag, sind alle weiblichen Gäste eingeladen zum Mädelsabend: quatschen, feiern, Cocktails trinken. Weitere Überraschungen? Juhre sprudelt vor Ideen. Auch als Location für Firmenfeste und Konferenzen kann er sich seinen Hangar gut vorstellen.

Was treibt diesen Mann an? Achselzuckend meint er: „Das steckt in mir drin. Ich habe Spaß, wenn andere Spaß haben.“ Er beobachte, was läuft – und was nicht. Sein größter Wunsch: „Toll wäre, wenn der rbb den Flugplatz-Hangar als Location für Talkshows entdecken würde.“ Solche Shows hat er selbst jahrelang technisch betreut. Aber nun kreisen die Strahler erstmal wieder in der kommenden Woche am Himmel über Neuruppin. Als Zeichen. Christian Juhre legt wieder los.

„Hangar 312“ in Neuruppin, Hugo-Eckener-Ring, www.hangar-312.de, Telefon: 0173-9319692.

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Anja Reinbothe-Occhipinti

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