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Für die richtige Dosierung ist es wichtig, den MDMA-Gehalt seiner Pille zu kennen.

© Getty Images/iStockphoto / Foto: Getty Images

Drogen mit Qualitätssiegel: Im März beginnt das Drug-Checking in Berlin

Stigmatisierung oder Risikominimierung? Künftig können Berliner ihr MDMA, Kokain und Heroin auf ihre Reinheit hin untersuchen lassen. Ein Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. 

Fünf Jahre nach Planungsbeginn ist es soweit: Im März soll das Drug-Checking-Projekt in Berlin beginnen. Dies bestätigte die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus dem Tagesspiegel. 

Im Rahmen eines Beratungsgespräches können Drogenkonsument:innen ihre Substanzen künftig straffrei und anonym auf ihre Dosierung und mögliche Verunreinigungen hin untersuchen lassen. 

Dass Menschen Drogen nehmen, ist die Realität. Das ist in Berlin in ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten verbreitet.

Vasili Franco, drogenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion

Fast hatte man nicht mehr daran geglaubt. Immerhin begannen die Planungen für das Projekt bereits 2018. Ein knappes Jahr später war der rechtliche Rahmen geschaffen, noch Ende 2019 sollte es losgehen.

Doch die Pandemie und die Sparvorgaben der vorläufigen Haushaltswirtschaft 2022 verzögerten die Umsetzung – drei Jahre später ist es nun jedoch soweit. Berlin folgt damit einem Modell, das in der Schweiz oder in Österreich bereits seit den 90er Jahren gängig ist. 

Wenn man sich an der Wissenschaft orientiert, gibt es nur Gründe, die dafür sprechen.

Vasili Franco, drogenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion

„Dass Menschen Drogen nehmen, ist die Realität. Das ist in Berlin in ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten verbreitet”, erklärt Vasili Franco, Sprecher für Drogenpolitik der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

„Erkennt man das an, muss man auch sagen: Wenn Menschen Drogen nehmen, sollen sie das sicher tun. Und sicher ist nichts, was vom Schwarzmarkt kommt.” Letztlich schütze man Konsument:innen und biete Aufklärung in einem Bereich, der sonst unreguliert stattfinden würde, sagt der Grünen-Politiker.

Federführend war dabei die Senatsverwaltung für Gesundheit, in deren Haushaltsplan das Projekt fällt. Gemeinsam mit den Senatsverwaltungen für Inneres und für Justiz wurde ein juristisches Übereinkommen getroffen, welches sicherstellt, dass sich niemand beim Drug-Checking strafbar macht. Umgesetzt werden die Tests von drei Trägern: Die Fixpunkt gGmbH wird das Angebot mit vista gGmbH und der Schwulenberatung gGmbH umsetzen.

Kritische Stimmen aus der Opposition

Während die Koalition die Maßnahme befürwortet, kommen aus der Opposition kritische Stimmen. Die FDP etwa mahnt in einem Statement gegenüber der Clubcommission, Drug-Checking könne zwar zur Risikominimierung beitragen, dürfe aber kein Freibrief sein, „um den Konsum von Drogen zu bagatellisieren”.

Die CDU hatte sich bereits von Beginn an gegen das Projekt ausgesprochen. „Drug-Checking anzubieten, weil man die Kriminalität dahinter nicht unter Kontrolle bekommt, ist ein falscher und gefährlicher Ansatz“, hatte der CDU-Gesundheitsexperte Tim-Christopher Zeelen bereits 2019 kritisiert – man böte schließlich auch keinen Sicherheitscheck für Fluchtfahrzeuge von Bankräubern an, damit sie sich auf der Flucht nicht weh tun, sagte der Abgeordnete. 

Drogenkonsumraum von Fixpunkt. Der Verein ist einer der Träger des Drug-Checking-Projektes.
Drogenkonsumraum von Fixpunkt. Der Verein ist einer der Träger des Drug-Checking-Projektes.

© Foto: Kai-Uwe Heinrich/TSP

Astrid Leicht, Geschäftsführerin des Vereins Fixpunkt, hält das Angebot hingegen für alternativlos. „Das Drug-Checking wird von anerkannten Drogenhilfe-Trägern durchgeführt und ist mit sachlicher Aufklärung und individuellen Beratungsangeboten verbunden. Dabei wird darauf geachtet, dass die Mitteilung von Ergebnissen der Drogentests kein falsches Sicherheitsgefühl erzeugt”, erklärt sie dem Tagesspiegel. Drug-Checking sei eine von vielen Maßnahmen, die zu einem besseren Gesundheitsschutz beim Drogengebrauch beitragen.

Getestet werden die Substanzen im Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin (GerMed). Bis die Ergebnisse nach Einreichen der Probe da sind, vergehen Leicht zufolge etwa drei Tage. Wer Drogen konsumieren möchte, sollte dies also mit Vorlauf planen. Das Projekt soll jedoch weiter ausgebaut werden, berichtet Vasili Franco. So sind langfristig auch mobile Teststationen, etwa vor Clubs, denkbar.

Ein Risiko, dass man mit solchen Maßnahmen zum Drogenkonsum ermutigen könnte, sieht Franco nicht: “Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass der Weg Erfolg hat. Wenn man sich an der Wissenschaft orientiert, gibt es nur Gründe, die dafür sprechen.” 

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