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Berliner Currywurst.

© Kitty Kleist-Heinrich

Grillwagen muss weg: Die Verdrängung der Currywurst

Eine der letzten Brachen im Bezirk Mitte wird bebaut. Ein Grill-Stand bittet Kunden um Hilfe bei der Suche nach einem neuen Ort in der Nähe.

Alles hat ein Ende … auch die Bratwurst vom "Ketels Grill" an der Invalidenstraße, Ecke Ackerstraße. Am 14. April ist Schluss für den Grill-Stand auf einer der letzten Brachen in Berlin-Mitte - das Grundstück soll mit Büros und Wohnungen bebaut werden. Betreiber Niko K. sucht einen neuen Standort und ist zuversichtlich, weitermachen zu können. Er hat sich 2015 aufgemacht, im Kampf um Berlins beste Currywurst mitzumischen.

„Es gibt keine anständige Brat-oder Currywurst in Berlin – auch nicht bei Konnopke oder Curry 36“, hatte er vor rund zwei Jahren dem Tagesspiegel gesagt. Seine Wurst wird frisch gegrillt, nicht frittiert, wie es oftmals der Fall ist.

Es gibt Wildbratwurst vom Rot-und Schwarzwild, grobe Rinderwurst, grobe und gebrühte Bratwurst und Bärlauchwurst vom Schwein. Vegane Wurst hat er auch. Die würde auch gut nachgefragt, erzählt der gebürtige Hamburger. Oftmals bestellen die Veganer jedoch Majo auf die Wurst – und die ist nicht vegan.

Sein Fleisch bezieht der 45-Jährige von einem familiengeführten Hof in Sachsen-Anhalt an der Grenze zu Brandenburg, der eine Schweine-und Rinderzucht hat. „Kein Bio, aber vernünftige Landwirtschaft“, sagt er. Nun steht ein Schild auf der Theke, sichtbar für die Kunden, dass es ihn hier bald nicht mehr geben wird. Vorerst. Denn er würde gerne bleiben und hier in der Nähe ein Ladengeschäft aufmachen.

„Wenn ihr einen Tipp habt, kontaktiert uns doch bitte ganz schnell“, steht auf dem Schild. Eine junge Stammkundin hat einen Tipp: Nicht weit vor hier würde ein Getränkemarkt schließen, das wäre doch vielleicht was. Die Anwohnerin isst hier oft, zusammen mit der Tochter und dem Schwiegersohn. Niko ist nicht zufrieden: zu weit weg. Er will hier in der Nähe bleiben, unbedingt. Taylan Kurt, Sprecher für Wirtschaft und Soziales der Grünen-Fraktion in Mitte, sagte, das Bezirksamt und die Wirtschaftsförderung seien zum Erhalt der Arbeitsplätze aufgefordert, ein passendes Ersatzgrundstück für Kettlers Grill zeitnah in Mitte zu suchen.

Nicht mehr lange hier: Der Grillwagen "Ketels Grill", Ackerstraße Ecke Invalidenstraße in Berlin-Mitte.

© Doris Spiekermann-Klaas

Ein junger Mann gibt an, hier „jeden Tag“ zu essen. „Außer sonntags.“ Es ist klar, dass er übertreibt. Aber er und Niko K. kennen sich, reden, Bratwurst mit Senf, so, wie immer. Der junge Mann arbeitet in der Nähe. Das Bratwurst-Geschäft benötigt Laufkundschaft. Der neue Laden hier will gut ausgewählt sein. Aber einfach wird es nicht, einen neuen Ort zu finden.

Die rund 1300 Quadratmeter große Brache, auf der der kleine Imbiss am Rand zur Straße steht, wird wohl in spätestens drei Jahren bebaut sein. Tanja Lier, Leiterin des Stadtentwicklungsamts Berlin-Mitte, sagte, die Baugenehmigung für den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses sei Juni 2016 erteilt worden.

10 Wohnungen auf 1300 Quadratmeter

Ein Datum für den Baubeginn gebe es noch nicht. Bauherr ist die „Invalidenstraße 5 GbR“. Bevollmächtigte ist „Graft Gesellschaft von Architekten mbH.“  Dieses hat auch einen Mietvertrag mit Ketels Grill, der immer von Monat zu Monat verlängert wurde. Doch nun geht es nicht mehr, wie ein Ansprechpartner von Graft erzählt. Derzeit würden Bodenproben genommen, bald soll es losgehen. Das Architektenbüro Graft, gegründet 1998 in Los Angeles, will hier auch ein zweites Berliner Büro errichten. Sie wollen versuchen, dem Grill dabei zu helfen, einen neuen Platz zu finden.

Inhaber Niko K. sagt, mit Graft habe er sich immer gut verstanden. Laut Stadtentwicklungsamt entstehen „zum jetzigen Stand“ 10 Wohnungen plus Bürofläche für das Architekturbüro Graft in einem fünfstöckigen Gebäude mit einer Geschossfläche von rund 4800 Quadratmeter und 1900 Quadratmeter Wohnfläche – drei Maisonette-Wohnungen im obersten Stock. 

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