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Leben mit dem Fuchs: Die Tiere haben sich in Berlin eingerichtet.

© Roland Aulitzky

Die Tiere kommen den Menschen ganz nahe: Wie gefährlich sind die Füchse in Berlin?

Plötzlich stehen sie neben uns, einige zerren sogar an Hosenbeinen. Füchse verhalten sich derzeit besonders merkwürdig. Was steckt dahinter?

Der Fuchs kommt so nahe, dass man ihn streicheln könnte. Wenn man ihn scheucht, kehrt er zurück. Viele Füchse suchen derzeit unsere Gesellschaft, benehmen sich fast wie Haustiere. Einige Menschen finden das rührend, andere verstörend. Passt ein solchen Verhalten zu einem Wildtier? Was ist da los? Und wie verhält man sich, wenn der Fuchs auf Tuchfühlung geht?

Der will nur spielen: Fuchs auf einem Spielplatz in Wilmersdorf.
Der will nur spielen: Fuchs auf einem Spielplatz in Wilmersdorf.

© picture alliance/dpa

Derk Ehlert kennt das Problem. "Das sind die Oktoberfüchse", sagt der Wildtierbeauftragte des Landes Berlin. Die jungen Rotfüchse, im Mai geboren, werden jetzt von ihren Eltern vertrieben. Sie müssen sich ein neues, eigenes Revier suchen. "Das ist eine schwierige Phase für die Tiere", sagt Ehlert, monatelang waren sie von ihren Eltern umsorgt worden, damit ist jetzt Schluss. "Für die jungen Füchse bricht eine Welt zusammen", weiß Ehlert.

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In ihrer Not wenden sie sich an die Menschen, mit denen die meisten Füchse gute Erfahrungen gemacht haben. Nicht wenige Zweibeiner füttern die Rotpelze, stellen ihnen Katzenfutter in den Garten oder werfen ihnen Häppchen von der Grillparty zu. Die Fuchseltern haben das lange toleriert, doch jetzt tun sie das nicht mehr. Wenn ihre Jungen nun in Gärten nach Futter suchen, werden sie auch hier von ihren Eltern verscheucht. Die Auseinandersetzungen können blutig werden, die Jungtiere können tiefe Bisse davon tragen.

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Die Zeit der Trennung zieht sich von September bis November, dann sind die Fronten geklärt. Für viele Jungfüchse bricht jetzt die gefährlichste Zeit ihres Lebens heran. Die Eltern setzen ihnen zu, und auf der Suche nach einem neuen Revier werden viele überfahren.

In Berlin gibt es rund 1700 Füchse

Rund 1400 Reviere und 1700 Füchse gibt es in Berlin, weiß Ehlert. In einigen leben Einzelgänger, in anderen sind es Gruppen von Füchsen. Berlin ist nicht nur bei den Zweibeinern offen für alle möglichen Lebensformen, sondern auch bei den Füchsen. Es gibt alleinerziehende Mütter (Fähen), Mutter-Tochter-Gruppen, Familien mit und ohne Rüden und auch rein männliche Wohngemeinschaften auf Zeit - Patchwork im Fuchsreich. Haben die Jungfüchse den Herbst und Winter überlebt, winkt ihnen ein paradiesisches Leben mit einer Lebenserwartung von sieben Jahren.

Für ihn gibt es keine Sperrstunde: Ein Fuchs auf dem Alexanderplatz.
Für ihn gibt es keine Sperrstunde: Ein Fuchs auf dem Alexanderplatz.

© imago images/A. Friedrichs

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Weil jedes Jahr Tiere sterben, finden die meisten Jungtiere ein eigenes Zuhause. In diesem Jahr sind einige Reviere frei, weil die Staupe viele Füchse getötet hat.

Der Tisch ist reichlich gedeckt

Die Überlebenden schwelgen im Überfluss, zu fressen gibt es genug: In den Innenstadtbezirken sind Ratten eine beliebte Beute, im gesamten Stadtgebiet bieten Mülleimer und Hausmülltonnen willkommene Snacks, Vögel, Mäuse - der Tisch ist in Berlin reich gedeckt. Manchmal reicher als es sinnvoll wäre. Ehlert kennt Fälle, in denen Berliner die Füchse aus falsch verstandener Tierliebe in die Wohnung gelockt haben, um sie zu zähmen. Das sind die einzigen Fälle, in denen es auch schon mal zu Fuchsbissen gekommen ist. Die gute Nachricht: Berliner Füchse haben weder Tollwut noch den Fuchsbandwurm.

Feinde haben die Tiere in Berlin praktisch nicht. Das merkt man. Statt in der Dämmerung auf Jagd zu gehen, streifen die Berliner Füchse auch am hellen Tag durch die Stadt.

Maskenpflicht? Von wegen: Ein Fuchs läuft durch den Bergmannkiez.
Maskenpflicht? Von wegen: Ein Fuchs läuft durch den Bergmannkiez.

© picture alliance/dpa

Doch wenn der Fuchs um Futter bettelt und am Hosenbein zerrt, finden das die meisten Menschen nicht toll. Auch viele Katzen- und Hundebesitzer empfinden die Füchse als Bedrohung - zu Unrecht. Denn die Gefahr besteht eher anders herum. Füchse lassen sich in aller Regel von den Haustieren vertreiben.

30 bis 40 Anrufe hat Ehlert im Oktober schon bekommen, weil Menschen nicht wissen, was mit den Füchsen los ist. Begegnungen gibt es überall: von Lichtenrade bis nach Frohnau. Und was sagt der Experte den Bürgern?

Menschen sollten den Füchsen klar machen, dass sie ihrer Wege gehen sollten, empfiehlt Ehlert: "Laufen Sie auf die Füchse zu, rufen Sie laut, verscheuchen Sie sie." Damit tut man nicht nur sich selbst, sondern auch den Tieren einen Gefallen. Und hat Ruhe - bis zum nächsten Herbst. Dann geht das Spiel von vorne los.

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