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Eine Kette von Fehlern der Sicherheitsbehörden machte den Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt 2016 erst möglich.

© imago/epd

Abschlussbericht Amri-Untersuchungsausschuss: Die Summe der Fehler war tödlich

In den Sicherheitsbehörden ist seit dem Anschlag 2016 einiges umgebaut worden - jetzt braucht es noch eine offene Fehlerkultur. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sabine Beikler

Nach dem Attentat auf dem Breitscheidplatz, bei dem der Tunesier Anis Amri am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen ermordet hatte, wurden nach und nach Pannen und Fehler in Behörden wie Landeskriminalamt, Verfassungsschutz, Generalstaatsanwaltschaft, Bundesanwaltschaft und im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) publik.

Das bittere Fazit des jetzt vorgelegten Abschlussberichts des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus lautet: Erst die Summe aller Fehler hat den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt möglich gemacht.

Das waren die Worte des Ausschussvorsitzenden Stephan Lenz (CDU) bei der Berichts-Vorstellung. Ohne die Arbeit des Ausschusses, das Lesen von Akten und über 90 Zeugenvernehmungen in vier Jahren, wären die Versäumnisse in den Sicherheitsbehörden nicht ans Licht gekommen und keine Veränderungen angestoßen worden.

Kein Kontakt der Beamten zu den Islamwissenschaftlern im LKA

Im LKA Berlin herrschte der naive Glaube, dass jemand, der mit Drogen dealt und selbst Drogen nimmt, sich nicht radikalisieren und einen Anschlag planen könne. Also wurde die Observation eingestellt – trotz einer Anordnung der Staatsanwaltschaft und obwohl Amri im salafistischen Umfeld aktiv war und in den Sitzungen im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum immer wieder genannt wurde.

Islamwissenschaftler im LKA wussten, dass so eine Konstellation keine Seltenheit ist. Nur tauschten sich die Beamten nicht mit ihnen aus. Ein Kardinalfehler.

So etwas soll in Zukunft nicht mehr passieren. Nach dem Attentat wurde die Sicherheitsarchitektur komplett umgebaut: Es gibt mehr Personal, eine neue Analyse- und Recherche-Software in den Landeskriminalämtern, klare Absprachen, Verbindlichkeiten zwischen den Behörden und eine einheitliche Gefährder-Einschätzung im GTAZ.

Ein Gefährdermanagement wurde aufgebaut. Bundesweit wurden in Staatsanwaltschaften Staatsschutzabteilungen gebildet, die zum Beispiel Verfahren gegen einen Gefährder bündeln.

Das geht alles in die richtige Richtung. Nur wer kontrolliert die behördeninternen Abläufe? Dafür muss sich eine transparente Fehlerkultur in den Ermittlungsbehörden, auch unter Hinzuziehung von externen Fachleuten, etablieren. Damit es nicht wieder zu so fatalen Fehleinschätzungen kommt.

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