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Jeder und jede Einzelne von uns ist angehalten, seinen oder ihren Teil zur Eindämmung der Pandemie beizutragen

© Jens Kalaene/dpa

Verschärfte Corona-Regeln in Berlin: Die Pandemie erfordert Solidarität – sonst helfen auch Strafen nicht

Der Senat verschärft die Corona-Regeln, kann deren Einhaltung aber kaum kontrollieren. Wird das ausgenutzt, hat die Gesellschaft ein Problem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Kiesel

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gefordert, der Berliner Senat hat geliefert. Unmittelbar im Anschluss an die Schalte zwischen Kanzleramt und Ländern am Dienstag setzten sich die Mitglieder der zuletzt wegen interner Differenzen leidlich funktionierenden Landesregierung zusammen und entschieden: Private Partys und Zusammenkünfte dürfen künftig nur noch im kleinen Rahmen stattfinden, die Maskenpflicht wird ausgeweitet.

Beide Maßnahmen gelten unabhängig von Grenzwerten der Inzidenz (Zahl der Ansteckungen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen) und gehen damit über die bundesweit vereinbarten Regelungen hinaus. Die von den rasant steigenden Infektionszahlen gerade in der Innenstadt gedeckte Botschaft dahinter: Berlin kann, Berlin darf nicht länger zusehen.

Das ist, bei allem Gerangel um die Urheberschaft der einzelnen Beschlüsse, mindestens beachtenswert. Schließlich war sich der Senat zuletzt alles andere als einig. Während Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am liebsten erstens den Alkoholverkauf zumindest zeit- und ortabhängig eingeschränkt und zweitens Kontaktsperren wieder eingeführt hätte, drängten Linke und Grüne auf „zielgenaue“ Maßnahmen.

Es bringe nichts, „mit der Schrotflinte in ein diffuses Feld zu ballern“, erklärte Linken-Kultursenator Klaus Lederer am Dienstag – wohlgemerkt nach der Sondersitzung des Senats.

Mindestens mal wohlfeil wirkt nun die Kritik, die Koalition lege die Verantwortung für die Kontrolle der verhängten Maßnahmen in die Hände der gebeutelten Arbeitgeber und Gastronomen und entlasse zeitgleich die ohnehin heillos überforderten Ordnungsämter dafür aus der Verantwortung.

Gegen den Überwachungsstaat - auch in der Pandemie

Ja, es stimmt: Zuständig für die Kontrolle von Regeln und legitimiert für die Sanktionierung von Verstößen sind staatliche Behörden. Und es stimmt auch, dass Akzeptanz und Einhaltung von Regeln proportional zur Verfolgung und Sanktionierung von Regelverstößen steigen.

Wer die eigene Gesundheit und die seiner Gäste oder Angestellten der persönlichen Freiheit oder dem wirtschaftlichen Erfolg vorzieht, darf am Ende nicht der Dumme sein.

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Richtig ist aber auch: Jeder und jede Einzelne von uns ist angehalten, seinen oder ihren Teil zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. Einen Überwachungs- oder Kontrollstaat, der jeden tatsächlichen oder sogar vermeintlichen Verstoß gegen von der Regierung erlassene Regeln sanktioniert, kann und wird es schon allein aus historischen Gründen nicht geben - auch in der Pandemie. Das dürften im Übrigen auch diejenigen unterschreiben, die den Senat nun für sein striktes Vorgehen kritisieren.

Klar ist: In aufgeklärten Gesellschaften funktionieren Regeln nicht nur dann, wenn sie hart sanktioniert werden. Sie zu befolgen, ohne ein Fan von ihnen zu sein, ist Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Solidarität. Wo diese nicht mehr greift, helfen weder Verordnungen noch Strafen.

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