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Kunst oder Küche? Malerin Elvira Bach zeigt auf ihren Bildern ein ambivalentes Frauenbild. Ihre Werke sind in der Galerie Deschler zu sehen.

© imago images/Photopress Müller

Eine „Junge Wilde“ in Berlin-Kreuzberg: Die Künstlerin Elvira Bach wird 70 - eine Ausstellung in Mitte feiert ihre Kunst

Eine Galerie in Mitte zeigt Bilder der Malerin Elvira Bach. Anlass der Rückschau ist ihr Geburtstag. Bekannt wurde sie im Kreuzberg der Achtziger.

Es sind Bilder von intensiver, wilder Zärtlichkeit. Unverkäufliche Bilder, die Elvira Bach von einer ganz anderen Seite zeigen. „Die andere Eva“, lautet der Titel der Ausstellung, die zu ihrem 70. Geburtstag in der Galerie Deschler in Mitte gezeigt wird.

Als „Junge Wilde“ war die Malerin im Kreuzberg der 80er Jahre berühmt geworden. Ein Selbstportrait in hellen Farben stammt von 1975, die meisten Werke sind seit 1979 entstanden. Nur wenige stehen zum Verkauf, darunter ein Frauenportrait aus diesem Jahr mit den Symbolen für Glaube, Liebe und Hoffnung im Hut, darunter ein schmales Gesicht.

Galerist Marcus Deschler hat1997 auch die erste Ausstellung der Künstlerin im ehemaligen Ostteil der Stadt organisiert, ein paar Häuser weiter, wo damals seine Galerie stand. Über sie fand er Zugang zu anderen Künstlern. Und so war es wohl kein Wunder, dass die Senatskanzlei ausgerechnet auf ihn zukam, um eine große Rückschau zu gestalten.

Wobei die ganz große Retrospektive freilich noch aussteht. Deschler rechnet aber erst in etwa fünf Jahren damit. In frage käme zum Beispiel die Berlinische Galerie. Vielleicht geht es ja auch etwas schneller. In jedem Fall wäre es schön, wenn zur Vernissage wieder mehr Leute geladen werden könnten.

Als Frau unter lauter Männern

Immerhin freute sich bei der offiziellen Eröffnung am Donnerstag, die per Livestream im Netz übertragen wurde, der Regierende Bürgermeister Michael Müller darüber, Kultur und Kunst endlich wieder live und mit allen Sinnen zu erleben. Gezeigt wird die Ausstellung im Rahmen des Förderprogramms Neustart Kultur der Bundesregierung.

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Müller dankte der aus Hessen stammenden Malerin dafür, dass sie sich vor nunmehr rund 50 Jahren für Berlin entschieden habe. Dass sie als Frau unter lauter Männern ihre Weg gemacht und sich durchgesetzt habe, hob er hervor, ebenso wie auch ihre Leidenschaft und Professionalität.

In den 70er Jahren hat Elvira Bach zeitgleich mit Rainer Fetting und Salomé an der UdK Malerei studiert. Den Durchbruch erlebte sie bei der Documenta 7 in Kassel. Ihre starken sinnlichen Frauen sind seitdem präsent in der Stadt, nicht nur auf dem Sammler-Markt, sondern auch bei Charity-Veranstaltung.

Vamp und Familienmensch

Sie rauchen gern, sie sind erotisch, stark, selbstbestimmt und in den unverkäuflichen Bildern auch überraschend zärtlich. Elvira Bachs Frauen können Vamp und Familienmensch sein. Diese Ambivalenz glaubwürdig darzustellen, ist ihre hohe Kunst.

Ihre langen Afrika-Aufenthalte zwischen 1986 und 1992 haben ihr Frauenbild erweitert. Frappierend, wie intensiv und ungeschützt die Künstlerin Nähe zeigen kann, so dass man sich beim Betrachten fast ein bisschen voyeuristisch vorkommt.

Kein Wunder, dass die älteren Bilder unverkäuflich sind. Diese Nähe offenbart ja auch den unfassbaren Schmerz über den Verlust ihres, im Alter von 32 Jahren verstorbenen Sohnes Lamine, der so oft an ihrer Seite war in den langen Berliner Nächten. Der andere, Maodo L, ist als Basketballspieler inzwischen selbst berühmt.

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Die junge Eva im hedonistischen West-Berlin vor dem Mauerfall hat noch mehr Leichtigkeit mit der langen Zigarette zwischen den Fingerspitzen. An der Seite ihres senegalesischen Mannes Alioune reift die Künstlerin, die auch als Familienmensch immer sehr bewusst Rückzugsmöglichkeiten für sich reklamiert hat.

Es gibt noch mehr Ausstellungen zum runden Geburtstag der Malerin, nicht nur in anderen Städten. Die Berliner Galerie Schmalfuss in der Knesebeckstraße zeigt derzeit noch bis zum 17. Juli eine Gemeinschaftsausstellung mit Werken von Elvira Bach und ihrer Zwillingsschwester Ingrid Honneth.

Überlebensgroß, aber nicht einschüchternd

Kräftige Farben symbolisieren Elvira Bachs Zugang zum Leben. Rote Lippen, roter Wein, rote Tränen kennzeichnen ihre Frauenfiguren: Die Künstlerin in der Abgeschiedenheit, die Mutter umgeben von bauchigen archetypischen Symbolen, die Mondäne, die doch auch eine gewisse Schüchternheit ausstrahlt.

Auf dem Titelbild der Ausstellung trägt Eva eine mächtige Schlange um den Hals, die gefährlich züngelt. Zur verführten biblischen Eva hat die Künstlerin einen Facettenreichtum addiert, der die Frau überlebensgroß erscheinen lässt. Aber doch nicht einschüchternd.

Bis zum 14. August in der Galerie Deschler, Auguststraße 61, Mitte, geöffnet Di – Fr 11 – 18 Uhr, Sa 12 – 18 Uhr

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