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Bangen und Warten. Arzthelferinnen haben derzeit bei Tests und Behandlungen von Berliner Patienten viel zu tun.

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Amtshilfe in Friedrichshain-Kreuzberg: Die Bundeswehr endlich im Friedensdienst – richtig so!

Unsere Autorin hatte Besuch, noch vor dem Lockdown. Dann kam ein Anruf – und das Warten bis zum Testergebnis. Ein Corona-Erlebnis aus Kreuzberg.

Der Anruf kam, und von der ersten Sekunde an war zu spüren: Jetzt kommt nichts Gutes. Nach langer Zeit hatten wir mal wieder Besuch zu Hause, in Corona-Zeiten und noch einige Zeit vorm sich abzeichnenden Teil-Lockdown eine Ausnahme. Genau dieser Besuch rief kurz darauf an. So oder so ähnlich läuft es jetzt gerade überall in Berlin.

Es täte der Person sehr leid, aber eine Mitbewohnerin sei Corona-positiv getestet worden, sie selbst sei als Kontaktperson ersten Grades vom Amt im Südwesten Berlins in häusliche Quarantäne geschickt worden. Es gehe aber allen gut. Am nächsten Tag könne sie selbst zum ersten Corona-Test, wolle nun sicherheitshalber vorab allen Menschen Bescheid sagen, die sie getroffen habe. Schocksekunde. Dankbarkeit – und Sorge.

Noch mussten wir gar nicht in Quarantäne, der Gast war ja noch nicht einmal getestet, aber sicher ist sicher. Also sofort alle Sachen am coronasicheren Arbeitsplatz zusammengepackt – obwohl es unsereins wie so vielen Berliner Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmern einfach guttut, ab und an im gewohnten Umfeld unter Corona-Regeln mit absolut reibungslos laufender Technik und mal nichtvirtuellen Kollegen zu arbeiten.

Schnell noch alle Kontaktpersonen an diesem Tag und die Chefs am Arbeitsplatz informiert. Auch der Junge wird zu vorsorglicher Quarantäne verdonnert, seine zu diesem Zeitpunkt fünfte – nach Fällen in der Schule, OP, Lockdown und so weiter.

Die Stimmung ist kurzzeitig bei uns beiden am Nullpunkt. Die einzige geplante Hotelnacht dieses Jahr war damit perdu. Entweder wir sind angesteckt, dann fällt Freizeit draußen ohnehin total aus. Oder wir haben es nicht, dann wollte ich mich auf keinen Fall in eine Schlange stellen, um mir, stundenlang wartend, unter vermutlich vielen Infizierten, nun für einen Test zum Reisen das Virus erst einzufangen.

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Wenn was ist, meldet sich das Gesundheitsamt bei dir, sagte unser Gast am Handy da noch. Das tröstete, im Falle eines Falles mit Experten sprechen zu können, die vorgeben, was dann wo zu tun ist. Denn die vielen auch vom Tagesspiegel veröffentlichten Berichte zum Testchaos in Berlin sind deprimierend.

Und es wird ja auch so schnell nicht besser. Im Gegenteil. Das letzte Wochenende vorm Teillockdown, als viele nochmal alles ausnutzten oder auch Gastronomen extra unterstützen wollten, wird in zwei Woche die Zahlen wohl nochmal hochgetrieben haben.

Ohne Gesundheitsämter tun viele Infizierte einfach nichts

Ich mag mir nicht vorstellen, wie das jetzt abläuft, wo die Gesundheitsämter die lückenlose Kontaktketten-Verfolgung aufgegeben haben und die Verantwortung in die Hände eines jeden einzelnen Bürgers legten. Wer Corona nicht ernst nimmt, wird wohl keine große Welle machen.

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Manch einer wird es sich mit Bekannten oder Freunden nicht verscherzen wollen, als Überbringer der Hiobsbotschaft. Oder gar nicht mehr genau wissen, wann er wo wem in der engen U-Bahn oder anderswo nahe gekommen ist. Und ebenso schlimm: Der offizielle Charakter von Amtswegen fehlt nun völlig und lässt Raum für ein gewisses Laissez-faire.

Schwerter zu Messstäbchen!

Endlich helfen jetzt aber die Bundeswehrsoldaten nun auch in eine der ersten Hochrisikogebiete Berlins, in Friedrichshain-Kreuzberg. Schwerter zu Messstäbchen! Die Bundeswehr in den Friedensdienst!

Berlin sollte zudem weitere kreative Wege prüfen, die Personalnot in den Gesundheitsämtern zu reduzieren, auch durch weitere Umsetzungen von schnell nachzuschulenden angehenden Fachkräften oder Studierenden. Und ob nicht auch gestandene Ehrenamtliche, etwa von der Landesfreiwilligenagentur, die Betreffenden anrufen oder in anderer Weise unterstützen können? Damit wäre ganz Berlin geholfen.

Uns rettete der nächste Anruf: Unser Besuch war negativ getestet worden. Das war zum Glück positiv. Und an Lockdown reloaded sind wir jetzt irgendwie auch schon gewöhnt.

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