zum Hauptinhalt
Ganz schön teuer. Ob Miet- oder Eigentumswohnung – die Berliner Preise steigen trotz Mietendeckel.

©  Kai-Uwe Heinrich

Die Berliner wollen mehr Platz: Diese Immobilien sind in der Pandemie besonders gefragt

Zu Beginn der Coronakrise wollten viele raus aus der Stadt. Diese Landflucht hat nachgelassen. Nun ist vor allem mehr Platz gefragt.

Corona hat die Wirtschaft nicht implodieren lassen - und den Immobilienmarkt erst recht nicht. Ein gutes halbes Jahr nach dem Shutdown und den damals düsteren Prognosen ist auf dem Wohnungsmarkt fast Normalität eingekehrt.

Auch wenn Wohnungssuchende einige Kosequenzen aus der Pandemie zogen: Sie suchen größere Wohnungen, vermutlich weil nun mehr Zeit zu Hause verbracht wird, weil man dort arbeitet und weniger ausgeht.

Deutschlands größter digitaler Vermittler von Wohnungen "Immoscout" hat die Nachfrage nach Miet- und Eigentumsimmobilien im Jahr der Pandemie untersucht. Demnach verlangen die Anbieter von Wohnungen im September neun Prozent mehr Miete als im Vorjahresmonat für Objekte in den Städten. Für Landhäuser und Wohnungen stieg die Miete um sieben Prozent. Eine regelrechte Landflucht sei nicht eingetreten.

Wohnungen in der Stadt seien inzwischen, wie vor dem Lockdown, wieder sehr gefragt. Dies drücke sich letztlich auch in den dort stärker steigenden Mieten aus. Kurzum es habe sich bisher nicht bestätigt, dass immer mehr Menschen auf dem Land leben wollen. Ausgenommen davon sei aber - und auch dies war vor dem Lockdown schon so - das Umland von Ballungsgebieten.

Anders war das nur kurze Zeit während des Lockdowns. Da sei die Zahl der "Kurzzeitvermietungen" von Wohnungen außerhalb der Städten drastisch gestiegen: um 74 Prozent.

Berlin ist ein Sonderfall

Auch noch im Frühsommer, nachdem die Schockstarre mit begleitendem Angebotseinbruch vorbei war, sei ein "Nachholeffekt" eingetreten, der die Zahl der zum Kauf angebotenen Objekte auf dem Lande um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum hochschnellen ließ. Doch auch das sei ein vorübergehender Effekt gewesen.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple-Geräte]

Geblieben ist dagegen offenbar die Erkenntnis, dass wir in Zeiten leben, wo das Wohnen einen größeren Stellenwert hat und deshalb großzügig bemessen sein sollte. Jedenfalls sei die Nachfrage nach Häusern mit mehr als 150 Quadratmetern mit 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr am kräftigsten gestiegen, sogar kräftiger noch als jene nach 100 bis 150 Quadratmetern großen Objekten.

Berlin tanzt mal wieder aus der Reihe. Denn das Land hat sich den Markt nach eigenen Gesetzen gestaltet durch Einführung eines Mietendeckels. Dieser beschert der Stadt eine "Sonderkonjunktur", allerdings nicht von Miet- sondern von Eigentumswohnungen.

Angebote für Mietwohnungen gehen um fast 60 Prozent zurück

Die Zahl der angebotenen Kaufimmobilien ist Immoscout zufolge stark gestiegen, wegen des Mietendeckels. Und wegen der staatlich festgelegten Mietobergrenzen sei außerdem das Angebot von Mietwohnungen um fast 60 Prozent geschrumpft.

Die beiden Dinge könnten tatsächlich miteinander zusammenhängen. Mutmaßlich suchen viele Anbieter von Wohnungen ihre Chance darin, das zuvor möglicherweise günstig gekaufte Objekt zu verkaufen. Die Zeiten sind danach, denn die Preise von Kaufimmobilien steigen immer noch - und das schon seit Jahren.

[Wo entstehen neue Wohnungen - konkret in Ihrem Kiez? Eines der Top-Themen in unseren Newslettern aus den zwölf Bezirken. Die Newsletter gibt es kostenlos und schnell hier: leute.tagesspiegel.de]

Die Nachfrage nach Wohnungen in Berlin bleibt groß. Und weil neu gebaute Wohnungen - als solche gelten nach dem Jahr 2014 errichtete Objekte - nicht dem Mietendeckel unterliegen, bleiben diese als Mietobjekt interessant. Daher können Vermieter 6,7 Prozent mehr Miete als im Vorjahresmonat verlangen.

Unerwünschte Nebenwirkungen des Mietendeckels

Aus Sicht des Gesetzgebers sind das unerwünschte Nebenwirkungen des Mietendeckels. Wobei dieser immerhin bei den wenigen noch auf den Markt angebotenen Wohnungen zu einem Rückgang der Mieten führte: Innerhalb eines Jahres (September 2019 bis September 2020) sanken die Angebotsmieten für vom Mietendeckel betroffenen Wohnungen um fünf Prozent, von durchschnittlich 12,91 Euro im September 2019 auf 12,26 Euro pro Quadratmeter im September 2020.

Aber auch diese Angebote sind nur mit Vorbehalt zu genießen: Bei den meisten Objekten nennen die Vermieter zugleich auch die wesentlich höhere "BGB-Miete" - BGB steht hier für Bürgerliches Gesetzbuch und bezieht sich auf die alten Mietspiegel-Mieten, die vor dem Mietendeckel galten.

Sie gehen wohl fest davon aus, dass das Berliner Gesetz zum Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht wieder außer Kraft gesetzt wird und sie die höhere Miete dann wieder verlangen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false