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Berlin: DGB erwartet Industriefokus vom Senat

IG Metall spricht von „industrieller Neuerung“.

Berlin ist anders. In keiner anderen großen Stadt habe die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mehr Mitglieder als die Industriegewerkschaften, erläutert der Berliner IG-Metall-Chef Jan Otto die besondere Situation in einer von Behörden und Verwaltungen, Wissenschaftseinrichtungen und Gesundheitsdienstleistern geprägten Metropole. Otto rief am Dienstag gemeinsam mit der IG Bergbau, Energie, Chemie (IG BCE) und dem DGB ein Jahrzehnt der „industriellen Neuerung“ in Berlin aus und forderte dazu deutlichere Bekenntnisse des neuen Senats. Dabei war die rot-rot-grüne Landesregierung mit Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) schon ein Fortschritt gegenüber dem vorangegangenen Senat mit der CDU-Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer, wie sich der Berliner DGB-Vorsitzende Christian Hoßbach erinnert. Es sei industriepolitisch „deutlich strukturierter gearbeitet worden“, erklärte Hoßbach. In der Einschätzung sei man sich einig mit Kammern und Verbänden.

In einer Berliner Variante der konzertierten Aktion sitzen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände mit der Politik seit Jahren im Steuerungskreis Industriepolitik (Skip) zusammen, um ressortübergreifend der Industrie auf die Sprünge zu helfen. Der Skip ist im Roten Rathaus verortet, und in der nächsten Legislatur müsse die Veranstaltung „Chefinnensache“ sein, forderte der DGB-Vorsitzende. Die Themen sind seit Jahren unverändert: den Transfer von den zahlreichen Unis und Forschungseinrichtung zur Industrie verbessern; mehr privatwirtschaftliche Forschung und Entwicklung in Berlin ansiedeln und die Qualifizierungssysteme so stärken, dass die digitale Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft gelingt.

Von einem „riesigen Absturz“ (Hoßbach) in den 1990er Jahren hat sich die Berliner Industrie etwas erholt und beschäftigt Otto zufolge derzeit rund 150 000 Personen. Aber gerade dieses Jahr war wieder einmal geprägt von „Abwehrkämpfen“, wie Otto die Versuche nennt, mit denen die Gewerkschaft den Stellenabbau bei zwei der wenigen industriellen Leuchttürme der Stadt zu dämpfen versuchte: Das Gasturbinenwerk von Siemens Energy in Moabit verliert mehr als 500 Arbeitsplätze, und das Mercedes- Motorenwerk in Marienfelde benötigt nach dem absehbaren Auslaufen des Verbrennungsmotors eine neue Perspektive.

„Industriepolitik muss im neuen Senat ganz weit vorne stehen“, forderte Otto. Bewährt hätten sich Gesprächskreise mit führenden Industrievertretern. In einer dieser Runden habe es etwa eine Verabredung gegeben, sich um das Thema Batterierecycling zu kümmern. Stephanie Albrecht-Suliak, stellvertretende Vorsitzende der IG-BCE-Region Nordost, regte eine Wasserstoffstrategie an, damit zum Beispiel mittelfristig Gebäude klimaneutral geheizt werden könnten. IG BCE und IG Metall haben sich zu einer industriepolitischen Allianz verbündet, um mehr Gewicht zu bekommen. Beide Industriegewerkschaften zählen zusammen 42 000 Mitglieder in Berlin, bei Verdi sind es dreimal so viele. Alfons Frese

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