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Sie packen an: die "stinknormalen Superhelden" aus Rathenow.

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Deutscher Nachbarschaftspreis: Initiativen aus Berlin und Brandenburg ausgezeichnet

Die "Stinknormalen Superhelden" aus Rathenow und "Shalom Rollberg" aus Neukölln wurden am Donnerstag mit dem deutschen Nachbarschaftspreis geehrt.

Berlin und Brandenburg sind beim Deutschen Nachbarschaftspreis die großen Gewinner. Bundessieger wurden bei der Veranstaltung im Festsaal Kreuzberg die "Stinknormalen Superhelden" aus dem brandenburgischen Rathenow, den dritten Preis vergab die Jury an die Initiative "Shalom Rollberg" aus Neukölln. Insgesamt hatten sich 800 bürgerschaftliche Initiativen um den Deutschen Nachbarschaftspreis beworben, der jährlich von der Stiftung nebenan.de vergeben wird. Der Publikumspreis wurde von den 35.000 Abstimmenden der Leipziger "Oase" mit ihrem kulturellen Begegnungsort für die Nachbarschaft zuerkannt. Den zweiten Preis erhielt das saarländische Projekt "Mehrgenerationendorf Bietzerberg".

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte zuvor die Bedeutung der zivilgesellschaftlichen Initiativen für den sozialen Zusammenhalt betont. Die Initiativen, die sich beworben hatten, "verharren nicht im Nörgeln, sondern sagen, lass uns was machen", lobte die Ministerin. Entgegen befürchteter Kürzungen werde es im Bundeshaushalt 2020 erneut 115 Millionen Euro für Demokratieförderung geben, betonte Giffey. Sie machte zugleich klar, dass sie ein Gesetz zur Demokratieförderung anstrebe, damit Initiativen dauerhaft und nicht nur zeitweise für einzelne modellhafte Projekte gefördert werden könnten.

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"Shalom Rollberg" setzt sich seit 2012 erfolgreich für die Prävention und die Bekämpfung von Antisemitismus im Neuköllner Rollbergviertel ein. Vorwiegend muslimische Kinder und Jugendliche treffen im Rahmen von Bildungs- und Freizeitangeboten auf jüdische Berliner*innen, die sich ehrenamtlich engagieren. So entstehen persönliche Bindungen, die es ermöglichen, sich mit Vorurteilen und Antisemitismus auseinanderzusetzen. Die Kinder und Jugendlichen könnten erfahren, dass "alle Religionen mehr Gemeinsames als Trennendes" hätten. Begegnung sei das beste Mittel, um Toleranz zu entwickeln, sagte der Vertreter von "Shalom Rollberg" bei der mit 5000 Euro dotierten Preisvergabe: "Der Gegensatz von Hass ist kennenlernen." Die Initiative ist Teil der Nachbarschaftseinrichtung "Morus14", zu der auch ein Netzwerk für Schülerhilfe gehört.

Einfach mal die Welt retten, das machen die "stinknormalen Superhelden" seit sieben Jahren. Puppi Le Bleu und Katetschen-Bernd freuten sich am Donnerstagabend im Festsaal Kreuzberg riesig über den mit 10.000 Euro dotierten Preis. Vor sieben Jahren begann alles ganz ungeplant: Für eine Müllsammelaktion zogen sie sich bunt und verwegen an - und schon war der Look erfunden, erzählt "Katetschen-Bernd", der eigentlich Norman Stoffregen heißt und der Kopf der Truppe ist. In ihrer Heimatstadt Rathenow machen Katetschen-Bernd, Panthalong, Rumpelkalle, Puppi Le Bleu, Terrambo, Dr. Kwik und ihre Freunde mit ihren Strumpfhosen-Kostümen seitdem Müllsammelaktionen, sie initiieren Baumpflanzaktionen, engagieren sich in der Obdachlosenhilfe und für ein solidarisches Miteinander. Außerdem bewirtschaften sie für und mit den Einwohnern von Rathenow den "stinknormalen Stadtgarten", um "ein generationsübergreifendes Miteinander zu stärken" und ihre Heimatstadt lebenswerter zu machen, wie die Superhelden sagen. Außerdem gehen sie in die Schulen, um Kinder für die Umweltfragen und soziale Themen zu interessieren und rufen zu Stammzellen-Spenden auf. Die Botschaft der Initiative: Spaß und verantwortungsvolles Handeln schließen sich nicht aus. Auch in Berlin sind sie aktiv: Mitte August machten sie rund um das Brandenburger Tor eine Zigarettenkippen-Sammelaktion für eine saubere Umwelt.

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In den vergangenen Jahren sind viele der Superhelden selber Vater oder Mutter geworden. Gerade angesichts der Kinder sei es schlicht "unterlassene Hilfeleistung", wenn Eltern angesichts der globalen Vermüllung und der Bedrohung des Klimas nicht selber aktiv würden und "ins Handeln kommen", sagt Katetschen-Bernd. Wenn es darum gehe, die Politik und auch viele Menschen aufzurütteln und Ignoranz und Bequemlichkeit zu vertreiben, könne das Outfit der Helden in Strumpfhosen nicht schrill genug sein.

Vergeben wurde auch der alle zwei Jahre vom deutschen Städtetag, dem Mieterbund, Wohnungsunternehmen und Sozialverbänden vergebene Preis "Soziale Stadt", und zwar an das Projekt "Gegen den Strom". Die Initiative hat über 20 Jahre hinweg aus dem sozialen Brennpunkt Wulsdorf bei Bremerhaven eine soziale und architektonische Mustersiedlung mit solidarischer Bewohnerschaft gemacht, befand die Jury.

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