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© dpa

Knut: Der Wert eines Superstars

Fast zwei Jahre dauert die Diskussion um die Zukunft von Knut in Berlin. Tut der Zoo zu wenig für das Tier und seine Fans? Ein Pro & Contra

Dorothea Tesauro wohnt in München, aber jeden Monat reist sie einmal nach Berlin, in den Zoo. „Um Knut zu besuchen. Das ist teuer, aber bei diesem Tier lohnt sich jeder Augenblick.“

Bernhard Blaszkiewitz lebt in Berlin. Er ist Zoodirektor, und er sagt: „Knut ist ein Tier wie jedes andere.“ Und der Bärenkurator des Zoos, Heiner Klös, betont, er wolle, was Knut angeht, „zurück zur Normalität“.

An Eisbär Knut scheiden sich die Geister. Die einen sind kaum zu bremsen in ihrer Begeisterung, die anderen verdrehen die Augen und fragen: „Wie lange hat so ein Eisbär eigentlich zu leben?“

Tatsache ist, dass die Nachrichtenagentur dpa Berichte über Knut immer noch mit am besten von allen Themen verkauft. Dass die Initiative „Knut forever in Berlin“ schon 22 000 Unterschriften weltweit für Knut in Berlin gesammelt hat. Und dass auch in diesem Jahr weit mehr Besucher an der Zookasse Eintritt zahlten als noch in Vor-Knut-Jahren. Auch das Geschäftsjahr 2007 ist laut Zoo-Geschäftsbericht „für die Zoologische Garten Berlin AG außergewöhnlich und außerordentlich positiv verlaufen“. Das Jahr war geprägt durch das „überraschend große und anhaltende weltweite Interesse der Besucher und der Medien an der Aufzucht des Eisbärenbabys Knut, das zu einer enormen Medienpräsenz des Zoos Berlin geführt und der Gesellschaft neue Herausforderungen und Chancen eröffnet hat“.

Doch genau diese Chancen nutze Zoochef Bernhard Blaszkiewitz nicht, werfen ihm seine Kritiker vor. Knuts Eigentümer, der Zoo Neumünster, will die Frage im Einvernehmen mit Berlin lösen – und wünscht sich vom Berliner Zoo genaue Bau- und Finanzierungspläne – bislang ohne Erfolg. Immerhin sagte der Zoochef nun, „es würde mich freuen, wenn Knut bleibt“. Blaszkewitz stört jedoch, dass der Bär zu viel Aufmerksamkeit auf Kosten anderer Zootiere auf sich zieht. So hat er auch das Finanzierungsangebot eines Unternehmers für ein neues Gehege abgelehnt. Und jetzt argumentiert er, der Zoo habe kein Geld, um ein neun Millionen teures neues Gehege zu bauen. Man könne aber „umstrukturieren“. Es ist gut, dass er das Geld zusammenhält, loben deshalb seine Befürworter.

Kritiker wie der SPD-Tierschutzbeauftragte Daniel Buchholz verweisen wiederum auf die zusätzlichen Zoo-Gewinne durch den Knut-Bonus. Ein Fünf-Millionen-Plus hat der Zoo in seiner Bilanz 2007 ausgewiesen. Branchenkenner behaupten, der Jahresüberschuss habe doppelt so hoch gelegen. Hinzu kommen dieses Jahr drei Millionen Euro für die Abgabe des Wirtschaftshof-Geländes für den Riesenradbau, die Summe für den Neubau des Wirtschaftshofes gab es zudem oben drauf.

Das Geld ist das eine, das Gefühl das andere. „Herr Blaszkiewitz ist wirtschaftlich und moralisch in der Verantwortung, dass Knut bleibt“, sagt der FDP-Tierexperte Mirco Dragowski. Er solle sich mit Hotellerie und Tourismusmanagern um Sponsoren kümmern. „Doch er sieht den Bären nur als Spezies und hat kein Gefühl dafür, dass Knut eine Identifikationswirkung für die Berliner besitzt.“ Dabei ist es für Zoos „heutzutage nichts Unredliches, wenn sie Emotionen benutzen, um das Interesse der Zoobesucher für Artenschutz und Auswilderungsprojekte zu wecken. Das lustvolle Erleben im Zoo ist ein wichtiger Anreiz für die Besucher“, sagt Gerald Dick, Direktor des „WAZA“ in der Schweiz – das ist die „World Association of Zoos and Aquariums“ mit weltweit 300 Mitgliedern. Auch der Zoo Berlin gehört dazu.

Viele halten dem Zoodirektor aber auch zugute, dass er nicht dem Zeitgeist beugt und statt in der Meidenöffentlichkeit lieber im Hintergrund arbeitet. So habe er auch den Tierpark gerettet. Je weniger der Zoo Berlin deutlich mache, dass er Knut tatsächlich haben wolle, desto weniger Gegenleistung werde Knuts Eigentümer fordern, sagt Zoo-Aufsichtsratschef Jochen Sievers. „Kinder, die was wollen, bekommen was auf die Bollen“, drückt es Bärenkurator Klös aus.

Beim Knut-Film ist die Zoo-Taktik jedenfalls nicht aufgegangen. Da lag der Vertrag schon vor gut einem Jahr unterschriftsreif auf dem Tisch. Jetzt aber teilte der Produzent dem Tagesspiegel aus Los Angeles mit: „Unglücklicherweise hat der Vertrags-Prozess so lange gedauert. Jetzt haben sich leider die ökonomischen Konditionen dramatisch verändert.“

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