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Der Angeklagte gestand - er wollte der Frau eine Aussage im Prozess ersparen.

© Jens Kalen/dpa

„Der war splitterfasernackt und wollte mich vergewaltigen“: 91-Jährige schlug Angreifer in die Flucht – Prozess gestartet

Ein 31-Jähriger steht wegen versuchter Vergewaltigung einer Seniorin in Berlin vor Gericht. Er kann sich nicht an die Tat erinnern, sagt er.

Als die Seniorin morgens um 4.38 Uhr als Opfer eines sexuellen Angriffs die Polizei alarmierte, schien ein Beamter zunächst etwas skeptisch. Ein Mann sei in ihre Wohnung eingedrungen, sagte sie.

„Der war splitterfasernackt und wollte mich vergewaltigen.“ 91 Jahre alt sei sie. „Kommen Sie vorbei“, beendete sie vorsichtige Nachfragen. Sechs Monate später wird einem 31-Jährigen seit Dienstag der Prozess vor dem Landgericht gemacht.

Vaidas D. war laut Anklage bei dem Überfall auf unerwartete Gegenwehr gestoßen: Er bekam die Brille der Seniorin zu spüren. Vaidas D. soll ein Bekannter der damaligen Putzhilfe der Seniorin sein.

Er sei am frühen Morgen des 5. Januar vermutlich mit einem Schlüssel in die Wohnung der damals 91-Jährigen in Tiergarten geschlichen. „Nachdem er sich vollständig entkleidet hatte, trat er an die auf einem Sessel im Wohnzimmer schlafende Frau heran“, heißt es in der Anklage.

Er habe sie vergewaltigen und berauben wollen. Der Angreifer zog die Seniorin zu Boden, hielt ihr den Mund zu und fixierte laut Ermittlungen ihren Körper, weil sie sich hin und her bewegt habe. Ihr sei es schließlich gelungen, ihre Brille in die linke Körperseite des Täters zu rammen.

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Vaidas D. soll im Gerangel mit der alten Dame auch „Penunse“ gefordert haben. Sie habe auf ihr Portemonnaie gezeigt, das aus dem Tisch gelegen habe: „Nimm und lass mich in Ruhe!“ Als auch noch das Telefon klingelte, floh der Täter mit rund 100 Euro.

Die Seniorin hatte mehrere Hämatome und Schürfwunden erlitten. Vaidas D. erklärte, er habe an dem Abend zuvor mit Bekannten reichlich Wodka getrunken und könne sich an die Tat nicht erinnern. Angesichts der Beweislage trete er den Vorwürfen allerdings nicht entgegen.

Warum er sie vergewaltigen wollte, könne er sich nicht erklären

Durch den Alkohol müsse es zu einer „Persönlichkeitsveränderung“ gekommen sein. Dass er die betagte Dame laut Anklage vergewaltigen wollte, könne er „überhaupt nicht nachvollziehen“. Mit seinem Geständnis wolle er der inzwischen 92-Jährigen eine belastende Befragung im Prozess ersparen.

Der Angeklagte hatte sich wenige Stunden nach dem Überfall in einen Bus gesetzt, um in seine litauische Heimat zu fahren. Das Ticket kaufte er sich kurz vor der spontanen Abreise. Hintergrund der Fahrt seien Streitigkeiten mit seiner Bekannten gewesen und nicht die Tat, so der Angeklagte.

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„Ich war aus der Wohnung geflogen, es gab immer wieder Streit, ich wollte nach Hause zu meiner Tochter“, erklärte er. Die Wohnung der damals 91-Jährigen kannte er. Seine Bekannte habe zweimal in der Woche für die Seniorin eingekauft und geputzt, schilderte der Angeklagte.

„Sie zeigte mit Familienfotos“

„Ich hatte einmal beim Tragen geholfen.“ Die alte Dame habe sich mit ihm unterhalten. „Sie zeigte mir Familienfotos – und wo sie eine Ausbildung als Ärztin gemacht hat.“ Die Seniorin hatte den recht kräftigen Mann mit rundem Gesicht und kurzen Haaren sofort als mutmaßlichen Täter benannt.

„Er wollte mich vergewaltigen, aber er hat es nicht geschafft, weil ich mich gewehrt habe“, sagte sie in der ersten Vernehmung. Aufgelöst und sehr aufgeregt sei die Seniorin gewesen, berichtete eine Polizeibeamtin nun als Zeugin. Anfang März war Vaidas D. wieder in Berlin – und wurde festgenommen. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft. Der Prozess um versuchte Vergewaltigung, Körperverletzung und Raub wird am 6. August fortgesetzt

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