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Wer hat sie gesehen? Nach dem Mord hat die Polizei ein Foto des Tatverdächtigen und das eines E-Tretrollers veröffentlicht.

© Polizei

Mord in Moabit: Der Täter wollte mit einem E-Roller flüchten

Die Polizei sucht Zeugen zum Attentat auf den Georgier Zelimkhan Khangoschwili in Moabit. Der inhaftierte „Sokolov“ schweigt indes.

Von Frank Jansen

Wer der Täter war, scheint klar zu sein, und doch sind noch viele Fragen offen. Im Fall des am 23. August in Moabit erschossenen tschetschenischen Georgiers Zelimkhan Khangoschwili hat sich die Polizei am Dienstag an die Öffentlichkeit gewandt. Die 7. Mordkommission sucht Zeugen, die den mutmaßlichen Mörder in den Tagen vor dem Attentat gesehen haben.

Kurz nach der Tat im Kleinen Tiergarten hatte die Polizei, wie berichtet, einen Russen festgenommen, in dessen Pass der Name Wadim Andreevich Sokolov steht. In den Sicherheitsbehörden wird vermutet, dass der Name falsch ist und der Mörder im Auftrag eines russischen Geheimdienstes handelte. Oder für den Statthalter Putins in Tschetschenien, den als äußerst brutal geltenden Ramsan Kadyrow.

Die Polizei fragt nun, wer den Beschuldigten kenne, wer ihn zwischen dem 20. und dem 23. August gesehen habe und wer Hinweise zu den Aufenthaltsorten des Mannes in den vier Tagen geben könne. Sicherheitskreise sagen, „Sokolov“ habe vermutlich das Opfer ausgespäht. Ob der Russe allein handelte oder ob ihm Helfer zuarbeiteten, womöglich Figuren aus dem Milieu russischer Geheimdienste und der organisierten Kriminalität, sei unklar. Der „Spiegel“ hatte vergangene Woche berichtet, die Reisepassnummer von „Sokolov“ führe zu einer Einheit im Moskauer Innenministerium, die bereits Dokumente für den Militärgeheimdienst GRU ausgestellt habe. Die GRU ist berüchtigt, im März 2018 attackierten Agenten im englischen Salisbury den russischen Ex-Geheimdienstler Sergej Skripal und dessen Tochter mit dem Nervengift Nowitschok. Die Opfer überlebten, der Fall führte zu einer schweren Krise zwischen der EU und Russland.

Beamte der Spurensicherung sichern am 23. August in einem Faltpavillon Spuren am Tatort in Moabit.

© Christoph Soeder/dpa

Für die Mordkommission ist auch interessant, ob es Zeugen zu dem Fahrrad von „Sokolov“ gibt. Der Täter war durch den Kleinen Tiergarten geradelt und tötete Zelimkhan Khangoschwili mit zwei Schüssen in den Kopf. Das Opfer war unterwegs zum Freitagsgebet in einer Moschee. Mutmaßlich „Sokolov“ feuerte vom Rad aus mit einer Pistole des Typs Glock 26 auf den Georgier und fuhr dann weiter. Der 40 Jahre alte Khangoschwili starb noch im Kleinen Tiergarten.

Der Mörder hatte sich mit einer Perücke getarnt. Nach der Tat entsorgte er sie zusammen mit Waffe und Fahrrad in der nahen Spree. „Sokolov“ wollte dann offenbar mit einem Elektroroller weiter flüchten. Die Polizei fragt jetzt die Öffentlichkeit, wer Angaben zu dem E-Scooter der Marke VOLTeBoard M400 und dem Fahrrad, als Hersteller wird die Firma Commencal angegeben, machen kann.

Dass „Sokolov“ mit dem Roller nicht entkommen konnte, ist zwei jungen Männern zu verdanken. Sie hatten den mutmaßlichen Mörder beobachtet und die Polizei alarmiert. Beamte konnten „Sokolov“ rasch festnehmen. Er bestritt die Tat und bat, die russische Botschaft von der Festnahme zu unterrichten. „Sokolov“ wollte zudem, dass die Botschaft ihm einen russischsprachigen Anwalt besorgt. In der Untersuchungshaft hat sich „Sokolov“ bislang weder zur Person noch zur Tat geäußert

Offen bleibt, ob die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernimmt. Täte sie es, bekäme der Fall eine politische Dimension wie das Attentat auf Skripal in England. Die Bundesanwaltschaft kann nur ermitteln, wenn es zumindest einen Anfangsverdacht auf geheimdienstliche Agententätigkeit oder Staatsterrorismus gibt. Ein solches Verfahren mit Stoßrichtung gegen Moskau würde das schon angespannte Verhältnis zur Bundesrepublik zusätzlich belasten.

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